Für alle, die die Demokratie in Frage stellen, setzten die Organisatoren des Esslinger Lichtermeeres ein großes Ausrufezeichen hinter diese Staatsform. Foto: Roberto Bulgrin

Ein bisschen Frieden? Nein – sie möchten mehr. Die Organisatoren der Esslinger Lichterdemo wollten am Freitagabend ein großes Ausrufezeichen gegen Kriege, Hass und Hetze setzen. Laut Veranstalter kamen etwa 3000 Menschen zu der Veranstaltung.

Alphörner zum Auftakt einer Demo – ungewöhnlich, aber unüberhörbar. „Wir machen Musik für die Demokratie“, sagen die beiden Alphornbläser Klaus Bindner und Eckhart Fischer. Das ist Musik in den Ohren der laut Veranstalter etwa 3000 Menschen auf dem Rathausplatz in Esslingen. Das lokale Bündnis für Demokratie und Menschenrechte hatte am Freitagabend zu einer Lichter-Demonstration gegen jede Form von Extremismus aufgerufen.

 

Auf einem Mini-Plakat, das auf dem Rathausplatz hochgehalten wird, ist die Schrift eng zusammengequetscht: „Nicht mal auf meinem Schild ist Platz für Nazis“, steht darauf. „Man möchte durch die Straßen gehen und Leute mit einem Geschichtsbuch prügeln“, ist auf einem anderen Plakat zu lesen. Und: „Kann man nicht für jeden Geflüchteten, der kommt, einen Nazi abgeben?“

Zum Auftakt der Lichter-Demo auf dem Rathausplatz in Esslingen kamen laut Veranstalter etwa 3000 Menschen. Foto: Roberto /Bulgrin

Am Rand des Rathausplatzes halten junge Männer ein Banner hoch: „Wir sind die Brandmauer“, lautet die Aufschrift. „Nichts tun, bringt auch nichts“, meint Emmanouil Leontopoulos, einer der Träger. Es gehe darum, Zeichen zu setzen und Flagge zu zeigen – auch gegen Rechtsextremismus.

Zu den bekannten „Omas gegen rechts“, die in der Nähe des Banners stehen, hat sich ein „Opa gegen rechts“ gesellt, wie auf dem Button am Revers von Erich Flaig zu lesen ist. Eigentlich, stellt Bruni Haaga als resolute „Oma gegen rechts“ klar, würden sie sich in Esslingen „Ompas gegen rechts“ nennen. Mit der Wortkreation soll gezeigt werden, dass sich Omas und Opas gegen derartige politische Tendenzen stellen.

Viele Menschen mit vielen Botschaften in Esslingen

Corin Benesch hat noch eine zusätzliche Botschaft, die Corin Benesch auch zu der Demo geführt hat. Die Alternative für Deutschland, sagt Corin Benesch (34), wolle das Selbstbestimmungsgesetz kippen, wonach jeder sein Geschlecht etwa im Pass selbst bestimmen kann. Corin Benesch habe vor ein paar Wochen für sich „divers“ eintragen lassen, weil Corin Benesch sich weder Männern noch Frauen zugehörig fühle. Es ist ein breites Spektrum an Meinungen und Menschen auf dem Rathausplatz vertreten. Der Stadtrat Hermann Beck ist unter ihnen. Er meint, er könne die Wut mancher Menschen nach dem Anschlag in München verstehen: „Aber ich rate zur Besonnenheit.“ Trotz Wut dürfe man sich nicht von Rechtsextremisten instrumentalisieren lassen.

Darum geht es den Veranstaltern. Sie wollten der Demokratie mit ihrer Lichter-Demo Strahlkraft verleihen. Eine Absage in Reaktion auf den Anschlag von München sei kein Thema gewesen, sagt Johannes Sipple vom Bündnis für Demokratie und Menschenrechte: „Wir lassen uns nicht einschüchtern.“ Das Demonstrationsrecht sei ein hohes Gut und dürfe auch durch schreckliche Ereignisse wie die Amokfahrt von München nicht in Frage gestellt werden. Zudem bestehe die Gefahr, dass extremistische Kräfte die Tat wie auch die Anschläge von Aschaffenburg oder Magdeburg für ihre Zwecke nutzen.

Der Demonstrationszug ging vom Esslinger Rathausplatz durch die Innenstadt in Richtung Maille. Foto: Roberto Bulgrin

Nach der Kundgebung vor dem Esslinger Rathaus zogen die Teilnehmenden mit Fahnen und Plakaten weiter durch die Innenstadt bis zur Maille. Dort sollten mit Einbruch der Dunkelheit Handys und Lichtquellen zum Leuchten gebracht werden. In den Parkanlagen gab es außerdem Live-Musik und eine After-Demo-Party.

Sicherheitspersonal sicherte den Zug ab. Die Ereignisse von München und die Erfahrung aus Anschlägen in anderen Städten habe die Polizei im Blick, betont Pressesprecher Martin Raff vom Polizeipräsidium Reutlingen. Sicherheitskonzepte für Veranstaltungen würden bei Bedarf angepasst. Eigene Kräfte seien auch bei der Lichter-Demo in Esslingen im Einsatz gewesen. Er betont: „Es besteht innerhalb des Einzugsbereichs des Polizeipräsidiums Reutlingen mit den Landkreisen Esslingen, Reutlingen und Tübingen sowie dem Zollernalbkreis aber kein Grund für Bürger, solche Veranstaltungen zu meiden und nicht hinzugehen.“

Das Orga-Bündnis

Organisatoren
Das Bündnis für Demokratie und Menschenrechte in Esslingen wurde zu Anfang des Jahres 2024 nach eigenen Angaben als ein Zeichen gegen rechts und zur Verteidigung der Demokratie gegründet. Ins Leben gerufen wurde der Zusammenschluss im Zuge der Demonstration gegen Rechtsextremismus mit über 7000 Teilnehmenden am 28. Januar letzten Jahres auf dem Esslinger Marktplatz. Mitglieder sind lokale Initiativen, Organisationen, Parteien, Kirchen, Jugendorganisationen, Verbände, Gewerkschaften, Sportvereine, Unternehmen sowie einzelne Bürger.

Aktionen
Neben der Lichter-Demo stellt das Bündnis weitere Aktionen und Veranstaltungen auf die Beine. „Weil rechtsextreme Politik unserer Wirtschaft schadet“ oder „Gemeinsam Demokratie stärken“ steht auf Bannern, die im Januar auf Esslinger Brücken angebracht wurden. Eine Ausstellung in Erinnerung an während der NS-Diktatur getötete Kinder ist bis Dienstag, 25. Februar, im Münster St. Paul am Marktplatz 8 in Esslingen zu sehen. Am Montag, 17. Februar, gibt es von 19 bis 21 Uhr im Blarer am Blarerplatz ein Diskussionsforum mit den Kandidierenden zur Bundestagswahl.

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