Szenenbild: Ein Polizeireiter schießt mit Pfefferspray auf eine Demonstrantin (links). Was vorher passierte, ist unklar. Foto: Nero Grünen

Linke Gegendemonstranten versuchen eine Polizeikette zu durchbrechen, sorgen am Rande einer Bildungsplangegner-Demo für eine Eskalation. Nun gibt es Videos, die auch Übergriffe der Polizei beweisen sollen.

Stuttgart - Nach den Zusammenstößen zwischen Gegendemonstranten und der Polizei vor einer Woche bei der Bildungsplan-Demo in der Innenstadt sucht die Kripo weiterhin nach den beteiligten Gewalttätern – doch inzwischen geraten auch Polizisten selbst ins Fadenkreuz. Die Organisation Demobeobachtung Südwest wirft der Polizei vor, Pfefferspray missbräuchlich eingesetzt zu haben. Zwei kurze Videosequenzen zeigen Polizeireiter, die mit Reizgas auf Gegendemonstranten schießen – ohne dass diese in den drei beziehungsweise fünf Sekunden des Films erkennbar aggressiv auftreten. „Das war Körperverletzung im Amt“, sagt ein Sprecher der Gruppierung.

Am 28. Februar war es im Bereich des Wilhelmsplatzes in der Innenstadt zu einer Eskalation der Gewalt gekommen. Eine Gruppe linker Gegendemonstranten wollte eine Polizeikette durchbrechen, die einen Zug erzkonservativer Bildungsplangegner abschirmte. Die Beamten setzten Pfefferspray und Schlagstock ein, um die laut Polizei etwa 150 Angreifer zurückzudrängen. Offiziell wurden 15 Gegendemonstranten und sechs Polizisten verletzt. Demo-Sanitäter zählten dagegen 100 Betroffene.

Ursache und Wirkung – vertauscht?

Das Dezernat Staatsschutz der Stuttgarter Polizei wertet noch immer Filmmaterial aus, um die Angreifer zu identifizieren. Es geht um Landfriedensbruch und Körperverletzung. „Dabei dürfte es sich Personen aus dem linksautonomen Bereich handeln“, sagt Polizeisprecher Olef Petersen. Er habe an jenem Tag „eine höhere Eskalationsstufe als je zuvor“ erlebt.

Die nun verbreiteten Videoclips mit gewalttätigen Polizeireitern seien der Versuch, „Ursache und Wirkung, Täter und Opfer zu vertauschen, die Angreifer als unschuldig und die Polizei als böse hinzustellen“, so Petersen. Dabei seien 700 Beamte unter Vollschutz nötig gewesen, um eine Eskalation zu verhindern.

Staatsanwalt prüft „in beide Richtungen“

Nero Grünen, Sprecher der Demobeobachtung Südwest, erklärt dagegen, dass der „Durchbruch einer kleinen Anzahl von Personen nicht minutenlange Hetzjagden auf Gegendemonstranten rechtfertigt“. Anzeige sei am Montag noch nicht erstattet worden, man werde sich mit einem Anwalt abstimmen. Die von Pfefferspray getroffenen Personen seien der Organisation nicht bekannt.

Die Staatsanwaltschaft sieht sich noch im Stadium der Vorermittlungen. „Wir prüfen, ob und zu welchen strafrechtlich relevanten Handlungen es kam“, sagt Sprecher Jan Holzner. Geprüft werde, so Holzner, „in beide Richtungen“. Konkrete Beschuldigte gebe es bisher nicht.