Eine Laiengruppe spielte die Lage in der Ukraine nach. Foto: Lichtgut/Christoph Schmidt

Am Freitagabend demonstriert eine Gruppe in der Stuttgarter City gegen den Krieg in der Ukraine. Dabei setzten sie auf die Macht der Bilder und Geräusche.

Die aus einer tragbaren Lautsprechbox laut dröhnenden Geräusche reichten, um den Fußgängerstrom auf der Stuttgarter Königstraße in Höhe des kleinen Schlossplatzes am frühen Freitagabend ein wenig aus dem Takt zu bringen. Manche Menschen blieben auch stehen und wollten genauer wissen, was es mit dem Sound von explodierenden Bomben und schreienden Menschen, vorrangig Kinderstimmen, auf sich hat.

Lesen Sie aus unserem Angebot: Newsblog zur Ukraine

Auch zu sehen gab es für Interessierte etwas. Eine Laiengruppe spielte eine Gruppe Belagerter in zerbombten Häusern in ihrer ukrainischen Heimat. Dazwischen trieben zwei mit russischer Flagge auf dem Rücken gekennzeichnete Eindringlinge ihr Unwesen, stahlen den von Bomben verängstigten Menschen ihre letzten Habseligkeiten oder machten verstörende Selfies mit getöteten ukrainischen Frauen.

Appelle an Deutsche Bevölkerung

„So sieht Krieg aus. Viele können es sich nicht vorstellen, wie schlimm das tatsächlich ist“, sagt Tetiana Trofusha, und nach einer Stunde huschten sogar Zeichen von Zufriedenheit über ihr Gesicht: „Die Aufmerksamkeit, die wir haben wollten, haben wir bekommen.“

Zusammen mit Freunden hat die seit 23 Jahren in Deutschland und aktuell in Stuttgart lebende Ukrainerin die Demonstration auf die Beine gestellt. Neben den an dem kleinen Szenenspiel beteiligten Dutzend sind viele Sympathisanten mit den blau-gelben Flaggen, den Farben der Ukraine, ausgestattet. Ihre Forderungen tragen sie auf Pappschildern vor sich: „Save Mariupol“ oder „Save Charkiv“. Neben der Rettung dieser und weiterer im russischen Bombenhagel stehenden Städte gelten die über Mikrofon vorgetragenen Appelle vor allem der deutschen Bevölkerung: „Lasst uns nicht alleine, Deutschland!“ und „Deutschland, schau nicht weg!“

Was Tetiana Trofusha und ihre Gruppe zunehmend befremdet, ist eine wachsende Gleichgültigkeit bei den Deutschen, je länger der Ukraine-Konflikt andauert. „Aus Angst vor einem Dritten Weltkrieg will sich Deutschland lieber nicht einmischen“, klagt Trofusha über das öffentliche Schweigen und auch die lange Zurückhaltung der Politik bei der Frage der Waffenhilfe. Doch genau dies würde ihrer Meinung nach nur dem russischen Aggressor in die Hände spielen. „Schweigen hilft Putin“, sagt Trofusha und folgert daraus: „Schweigen ist unser aller Tod.“ Denn der russische Präsident wird es, da ist sie ganz sicher, nicht bei der Belagerung der Ukraine belassen. „Dieser Krieg geht uns alle an, Putin plant eine neue Weltordnung.“