Flüchtlinge willkommen – eine Parole, die Hunderte Degerlocher unterschreiben könnten, die sich zum Freundeskreis zusammengeschlossen haben. Foto: dpa

In Degerloch zeigt sich bei der Gründung des Freundeskreises, wie viele Bürger sich für Flüchtlinge engagieren wollen. Betriebe auf der Waldau fürchten wegen neuen Unterkünften um ihren Umsatz. Beides steht nebeneinander, Hilfsbereitschaft und Bedenken. Ein Kommentar.

Degerloch - In Goethes Faust stellt der Protagonist fest, dass zwei Herzen in seiner Brust schlagen. Die Stimmung nach dem Sommermärchen des Willkommenheißens Tausender Flüchtlinge ist Land auf, Land ab gleichfalls nicht frei von widersprüchlichen Gefühlen. Zu besichtigen ist das auch in Degerloch. Da wird von den Bezirksbeiräten der Fußballplatz am Friedrich-Strobel-Weg als Alternative zur nicht gewollten Aufstellung von Containern am Georgiiweg geäußert und schon drängt es das Waldhotel, Ängste um seine Existenz zu äußern.

Mächtige Bekundung des guten Willens

Am selben Ort kommen Hunderte von Menschen zur Gründung eines Freundeskreises für Flüchtlinge zusammen. Es sind so viele, dass die Veranstaltung aus dem Bezirksrathaus in die größere Michaelskirche umziehen muss. Die langen Schlangen der Hilfsbereiten vor dem Eingang des Gotteshauses, stehen spiegelbildlich zu den Bildern der marschierenden Flüchtlinge. Die Botschaft lautet: Ihr, die da kommt, seid viele. Aber wir sind auch viele, um euch angemessen zu empfangen. Der Ansturm ist eine Willenserklärung der Degerlocher. Sie wollen es schaffen. Denn Realität werden, wird das von Angela Merkel geäußerte Versprechen eben nur, wenn als Grundvoraussetzung der Wille dazu da ist. Und die Bedenkenträger, stehen sie jetzt als Spielverderber außen vor? Die Engagierten würden ein Fehler machen, wenn sie sich selbst als besserer Teil der Gesellschaft definieren. Wo Ängste um Arbeitsplätze geäußert werden, müssen Lösungen gefunden werden. Das ist im Interesse des Gemeinwohls und der Flüchtlinge. Denn die Gesellschaft muss stark sein, um für die Schutzbedürftigen einzustehen. Polemik in der Debatte ist dagegen das Gift, dass den Spaltpilz sprießen lässt. In Degerloch sieht es angesichts der großen Hilfsbereitschaft nicht so aus, als könnte er jemals gedeihen.