Die Notfallrettung in Baden-Württemberg krankt zunehmend – der Patient braucht dringend die passende Therapie. Foto: Lichtgut/Max Kovalenko

Die Defizite im Rettungsdienst des Landes sind seit Jahren bekannt. Doch es wird nur an den Symptomen herumgedoktert. Das System braucht eine grundlegende Überholung.

Stuttgart - Wann immer sich Innenminister Thomas Strobl zum Thema Notfallrettung äußert, darf ein Satz nicht fehlen: „Der Rettungsdienst in Baden-Württemberg ist gut aufgestellt.“ Fragt man Mitarbeiter der Hilfsorganisationen, Notärzte, Experten und manchen Oppositionspolitiker, klingt das ganz anders. Und auch die Zahlen lügen nicht: Die meisten der 34 Rettungsdienstbereiche im Land können die gesetzlichen Vorgaben seit Jahren nicht einhalten. Wer auf dem Land lebt, ist meist schlechter versorgt als Menschen in der Stadt. Die Einsatzzahlen schießen durch die Decke, während überall Personal fehlt und viele dringend notwendige Fahrzeuge deshalb einfach auf dem Hof stehen bleiben. Das kann man gut aufgestellt nennen, muss man aber nicht.

Auch die Grünen haben das Problem erkannt. Und zwar schon 2010. Damals erklären sie vollmundig, sie seien besorgt über die Lage und strebten eine grundlegende Änderung der Strukturen im Land an – gleich in der nächsten Legislaturperiode. Die hat sie sogar zur Regierungspartei gemacht. Doch beim Gang aus der Opposition in die Verantwortung sind die guten Vorsätze wohl auf der Strecke geblieben. Umgesetzt ist jedenfalls nichts vom eigenen Forderungskatalog. Und die Fachleute, die sich seit Jahren für Verbesserungen verkämpfen, grüßt mal wieder das Murmeltier: Stets wiederholt sich die Analyse, die Ergebnisse sind immer dieselben, die Bekenntnisse auch – doch wesentliche Änderungen folgen nicht.

Beim Rettungsdienst geht es nicht nur um Statistiken und Geld. In erster Linie hängen davon Menschenleben ab. Hunderttausende im Land sind schon jetzt unterversorgt. Der große Wurf muss jetzt endlich kommen. Damit wirklich alle sagen können: Der Rettungsdienst in Baden-Württemberg ist gut aufgestellt.

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