Seit 1948 starten und landen Flugzeuge innenstadtnah auf dem Berliner Flughafen Tegel. Nach einem Beschluss aus dem Jahr 2004 muss Tegel ein halbes Jahr nach der BER-Eröffnung schließen. Foto: dpa

Der Weiterbetrieb von Tegel ist unrealistisch. Zwar gibt es viele Fürsprecher, aber die rechtlichen Hürden sind hoch. Priorität sollte daher die Fertigstellung und der zügige Ausbau des BER haben, meint Wirtschaftsredakteur Thomas Thieme.

Stuttgart - Wie viele Flughäfen braucht die Bundeshauptstadt. Für Alexander Dobrindt ist ein Berlin „mit zwei Flughäfen“ denkbar. Natürlich ist es das. Schließlich hat die Stadt momentan mit Tegel und Schönefeld zwei Flughäfen, die dummerweise beide unter dem wachsenden Passagieraufkommen ächzen. Berlin ist sogar mit noch mehr Airports denkbar: Dass Flugzeuge auf drei verschiedenen landeten, ist noch keine zehn Jahre her. Dann wurde Tempelhof 2008 geschlossen. Laut Planfeststellungsbeschluss von 2004 muss auch Tegel spätestens ein halbes Jahr nachdem der neue Flughafen BER in Schönefeld in Betrieb gegangen ist, schließen. Diesen Moment und die damit verbundene Ruhe nach dem Fluglärm sehnen nicht nur die Anwohner im Norden der Stadt herbei.

Ob an diesem Beschluss noch zu rütteln ist, daran scheiden sich die Geister. Auch die Berliner Bürger, die am 24. September per Volksentscheid darüber abstimmen werden, können sich nicht sicher sein, dass ihr Wunsch umgesetzt würde, selbst wenn er mehrheitlich „pro Tegel“ ausfällt. Die rechtlichen Hürden, die Schließung noch zu kippen, sind hoch. Wer der Meinung ist, was die Politik beschlossen hat, kann sie auch wieder rückgängig machen, sollte eines bedenken: Neben dem Bund und der Stadt Berlin sitzt Brandenburg mit im Boot. Und aus Potsdam ist alles andere als die Bereitschaft zu vernehmen, von den einst getroffenen Beschlüssen abzuweichen.

Die Politik hat Tegel als Wahlkampfthema entdeckt

Dennoch erhalten die Tegel-Befürworter Auftrieb durch die schwarz-gelbe Opposition im Berliner Abgeordnetenhaus und die jüngsten Aussagen des CSU-Verkehrsministers. Die Politik hält das Thema Tegel offenbar für geeignet, um beim Wähler zu punkten. Dabei sollte gerade die Union nicht vergessen, dass sie zumindest im Bund und zeitweise auch in Brandenburg in Regierungsverantwortung stand, als haufenweise Fehler bei dem Pannen-Airport begangen wurden.

Fünf geplatzte Eröffnungstermineund ein Milliardenlochhaben viel Vertrauen bei den Menschen in und außerhalb der Hauptstadt zerstört. Wäre der BER wie geplant im Oktober 2011 geöffnet und Tegel folglich im April 2012 geschlossen worden, hätte man sich längst über einen Kapazitätsausbau in Schönefeld einig sein können. Berlin ist schließlich am sinnvollsten mit nur einem einzigen Flughafen denkbar – der müsste nur endlich fertig werden.