Stuttgarter Architekten und Ingenieure fordern eine vorurteilsfreie Debatte über die künftige Gestaltung der Kulturmeile. Foto: Lichtgut/Achim Zweygarth

Der Bund Deutscher Architekten und andere Standesorganisationen beklagen den Streit in der Standortfrage für die Interimsoper. Zugleich loben sie die Ideen des Vereins Aufbruch Stuttgart.

Stuttgart - In der Diskussion um die Standortsuche für eine Interimsoper plädiert die Stuttgarter Architektenschaft für eine offene und vorurteilsfreie Debatte auf seriöser Grundlage. In einem offenen Brief unter der Überschrift „Das kulturelle Herz der Stadt lohnt eine gemeinsame Anstrengung“ kritisieren der Bund Deutscher Architekten, die Architektenkammer Baden-Württemberg sowie die Landesingenieurskammer zudem das „vielfältige aneinander Vorbeireden und zunehmend konfrontative Aktionen verschiedener Protagonisten“. Die Aussage ist offenbar auf den Streit zwischen dem Verein Aufbruch Stuttgart und OB Fritz Kuhn (Grüne) gemünzt. Der Verein hatte zum wiederholten Mal den Neubau einer Oper an Stelle des Königin-Katharina-Stifts gefordert, Kuhn sowie eine klare Mehrheit im Stuttgarter Gemeinderat, aber auch das Land lehnen eine Verlegung des Schulstandorts jedoch rigoros ab.

Obwohl die Initiative um den Fernsehmoderator Wieland Backes jüngst in der Standortfrage eingelenkt hatte und nicht mehr unbedingt auf dem Standort beharrt, wollte sie in der vergangenen Woche auf ihrer Homepage „Bewegung in der bisher zementierten Politik“ zur Frage des Schulstandorts ausgemacht haben. Die Beschlüsse der jüngsten Verwaltungsratssitzung der Staatstheater sowie eine Umfrage unter den Chefs der großen Fraktionen im Stuttgarter Rathaus allerdings sprechen eine gegenteilige Sprache: Demnach steht der Schulstandort nicht länger zur Disposition.

Aus Architektensicht haben Verfügbarkeit und Wirtschaftlichkeit keine Prioriät

Architekten und Ingenieure dagegen bewerten „einseitige Festlegungen“ als ebenso kontraproduktiv wie getrennt nebeneinander herlaufende städtebauliche Wettbewerbe. Aufbruch Stuttgart wollte bekanntlich zuletzt einen eigenen Wettbewerb für die Gestaltung der Kulturmeile ausloben. Bei der Suche nach dem richtigen Standort für ein Operninterim solle „nicht Verfügbarkeit und Wirtschaftlichkeit im Vordergrund stehen“, sondern die Frage, an welcher Stelle die Stadt von einer solchen Einrichtung am meisten profitiere.

Die Unterzeichner des Briefes sprechen sich für einen hoch dotierten, zweistufigen und offenen Planungswettbewerb – aufgeteilt in eine Ideen- und einen Gestaltungsphase. Den Rahmen dafür soll die beabsichtigte Reduzierung des motorisierten Individualverkehrs entlang der Kulturmeile zwischen Charlottenplatz und Gebhard-Müller-Platz abstecken.

Eine städtische Task Force unter Leitung des Oberbürgermeisters will in den nächsten Wochen die Stadt nochmals nach geeigneten Grundstücken für ein Konzerthaus oder ein reines Opernprovisorium durchforsten. Nach Informationen unserer Zeitung hat der Rathauschef im Verwaltungsrat am Freitag dabei auch die Staatstheater-Intendanz dazu aufgefordert, die eigenen Ansprüche an ein solches Übergangsquartier kritisch zu hinterfragen.