Auf der Grünfläche vor dem Bosch-Parkhaus wäre Platz für einen oberirdischen Bahnhalt. Die Gleise von und nach Ulm führen hier entlang. Foto: Manfred Storck

Die Überlegungen der Bahn zu einem Halt an der A 8 beim Flughafen erzeugen unterschiedliche Reaktionen.

Stuttgart - Die Bahn-Projektgesellschaft für das Infrastrukturvorhaben Stuttgart 21 erwägt offenbar eine komplette Neuplanung der Flughafen-Anbindung, also des Anschlusses des Airports an die ICE-Neubaustrecke und die Gäubahn. Planungschef Manfred Leger hat die Partner noch nicht offiziell über die wohl schon konkreten Gedankenspiele informiert. Bei einer Sondersitzung im November oder Dezember könnten sie auf den Tisch kommen.

Offiziell nimmt die Projektgesellschaft nicht Stellung. Man wolle die Sitzung des Bahn-Aufsichtsrates im Dezember abwarten. In der sollen externe Prüfer ihre Einschätzungen zu Kosten und Fertigstellungsterminen bei S 21 kundtun. DB-Infrastrukturvorstand Ronald Pofalla hatte den politisch besetzten Projekt-Lenkungskreis vorvergangenen Freitag auf schlechte Nachrichten eingestimmt. Die Abweichungen zwischen Kostenannahme und Ausschreibungsergebnissen seien in jüngster Zeit „fundamental“, sie klafften „immer weiter auseinander“. Der Terminverzug um 24 Monate auf Ende 2023 sei „nicht neu“, er habe sich „nicht grundlegend reduziert“. Konkreter wollte der Infrastrukturvorstand nicht werden. Pofalla: „Ich beabsichtige nicht, zu Unteraspekten Stellung zu beziehen.“

Kabinenbahn zu den Terminals?

Manfred Leger will beim Land, bei Stadt und Region Stuttgart und dem Flughafen die Bereitschaft erfragen, den schon genehmigten, 27 Meter unter der Messe-Piazza liegenden ICE- und Regionalbahnhalt oberirdisch an der Autobahn zu platzieren. Unter und vor dem Messeparkhaus wäre Platz für zwei Haltegleise und Bahnsteige parallel zur ICE-Strecke. Eine Kabinenbahn könnte von dort aus die 700 Meter zu den Flughafen-Terminals überbrücken.

Doch was veranlasst die Bahn zu einem derartigen Kurswechsel, zu einer 180-Grad-Wende? Matthias Lieb, Vorsitzender des Verkehrsclubs Deutschland (VCD) in Baden-Württemberg, macht eine einfache Rechnung auf: Für die Flughafen-Anbindung habe er die Kosten aus 2009 (seitdem hat die Bahn keine neuen genannt) hochgerechnet. „800 Millionen Euro“, sagt Lieb – ohne die von Pofalla genannte Ausschreibungsmisere. Also müsse man wohl inzwischen mit einer Milliarde Euro Baukosten rechnen.

VCD: Annäherung an bessere Lösung

Den Halt an der A 8 könne man laut Leib wie am Flughafen Düsseldorf für unter 100 Millionen Euro bauen, dazu komme die Heranführung der Gäubahn im Tunnel und die Rückzahlung von Flughafen-Zuschüssen für den terminalnahen Halt. Vielleicht ließen sich so 500 Millionen Euro einsparen. „Aber man braucht alle Partner“, weiß Lieb. Die Vorschläge der Bahn seien übrigens jene, die der VCD im Filderdialog 2012 und nun wieder eingebracht habe. Am besten seien vier statt zwei Haltegleise, sagt Lieb, so habe man Platz für Messe-Züge. Er freut sich auf die „Annäherung an die bessere Lösung.“

Die Freude können Regionalpräsident Thomas Bopp (CDU) und der SPD-Vorsitzende im Regionalparlament, Thomas Leipnitz, nicht teilen. Ihre Fraktionen verfügen über eine Mehrheit. Er sei „entsetzt“, sagt Leipnitz. Eine Neuplanung zerstöre die Chance einer späteren direkten S-Bahnverbindung vom Airport ins Neckartal. Bopp wird noch deutlicher: „Die wieder aufgekommene Variante ist nicht neu und aus gutem Grund verworfen worden , sie geht nicht“, sagt der Architekt. Stelle sich ein Projektpartner (wie die Region) dagegen „steht sie nicht zur Diskussion“. Planungschef Leger werde in der Besprechung „nicht Alternativen, sondern den Kosten- und Zeitplan vorstellen“, so Bopp. „Wir halten uns an den Vertrag“, teilt das Büro von Pofalla mit.

Das Land zeigt sich interessiert

„Wir verzichten auf jegliche Äußerung“, heißt es bei der Flughafengesellschaft. „Wir erwarten eine lösungsorientierte Besprechung“, äußert sich die Stadt. Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) zeigt sich „besorgt, dass am Flughafen nichts vorangeht“, will aber Vorschläge nicht abwürgen. Prämisse sei, dass Stuttgart 21 so früh und kostengünstig wie möglich fertig werde. Die Bahn müsse ihre Motivation für eine Neuplanung mitteilen. Man sei gespannt.