Für die Autoren des Beitrags ist das Königin-Katharina-Stift integraler Bestandteil der Kulturmeile – und soll es auch bleiben. Foto: privat

Das Königin-Katharina-Stift steht einer Erweiterung der Staatsoper im Weg, kommentierte der renommierte Architekt Arno Leder in einem Gastbeitrag am 6. November. Schulvertreter reagieren nun auf seine Ideen – und sparen dabei nicht mit Kritik.

Stuttgart - „Wo aber Gefahr ist, wächst das Rettende auch.“ Friedrich Hölderlin

Der Vorstoß Arno Lederers, zugunsten des Baus eines Interimgebäudes oder eines Neubaus der Oper den Standort des Königin-Katharina-Stifts in Frage zu stellen, ist nicht neu. Es ist ziemlich genau ein Jahr her, dass der Opernintendant, die SPD, die FDP und auch der Verein „Aufbruch Stuttgart“ ähnliche Vorschläge gemacht haben.

Die Antworten der Stadt Stuttgart, ihrer politischen Gremien und auch die Reaktion der Schule auf das Ansinnen, das Gebäude und den Standort der Schule aufzugeben, waren und sind ein eindeutiges Nein. Oberbürgermeister Kuhns Aussage „Die Schule bleibt, wo sie ist“, ist eindeutig. Auch die Kultusministerin befürwortet den Verbleib der Schule an ihrem jetzigen Standort.

Ein Nein ist ein Nein. Deshalb wundert es sehr, dass Arno Lederer jetzt den Vorschlag in leicht variierter Form wieder medienwirksam vorträgt. Dabei fällt auf, dass er, um sich gegen Einwände zu immunisieren, Argumentationsmuster verwendet, die aktuell eher bei Populisten zu finden sind. Die „Tabu-Fragen“ Akademiegarten, Eckensee, Schlossgarten und Katharinenstift dürfe man zwar nicht stellen, schreibt er, veröffentlicht aber im gleichen Atemzug einen ganzen Artikel exklusiv im Kulturteil der Stuttgarter Zeitung.

Lederer will mit seinen Ideen der Schulgemeinschaft eine Win-Win-Situation suggerieren

Offensichtlich bewegt Herrn Lederer und die Opern- und Theaterdirektoren, deren Interessen er mit vorträgt, so sehr die Vision einer Nesenbachphilharmonie, dass nicht sein kann, was nicht sein darf. Wenn der großen Vision die Realität in Form eines ehrwürdigen Gymnasiums, das im Jahr 2018 sein 200-jähriges Bestehen feiert und in dessen denkmalgeschütztem Gebäude seit 114 Jahren unterrichtet wird, im Wege steht, dann muss dieses eben verlegt werden. Eine Schule mit knapp 600 Schülerinnen und Schülern ist aber keine Manövriermasse. Sie ist auch keine Schachfigur, wie Lederer schreibt, die hin- und hergeschoben werden kann. Herr Lederer als Architekt weiß, dass eine Schule etwas anderes ist als eine Fabrikhalle, deren Standort man leichter verschieben kann.

Das einzig Neue am Vorschlag Lederers ist, dass er einen Neubau des Königin-Katharina-Stifts beim Wagenburgtunnel auf dem ehemaligen Gelände der Neckarrealschule vorschlägt. Damit will er dem Publikum und wahrscheinlich auch Schülerinnen und Schülern, Eltern und Lehrkräften der Schule suggerieren, dass das doch eine Win-Win-Situation sein könnte. Das Grundstück, das Lederer im Auge hat, ist aber just das ehemalige Grundstück der Neckarrealschule, das nach langen Diskussionen von dieser wegen Stuttgart 21 gerne aufgegeben worden ist und das nicht die gleiche Qualität hat wie der bisherige Standort des Königin-Katharina-Stifts.

Pädagogik bemisst sich nicht allein an räumlichen Gegebenheiten

Um einen Neubau zu rechtfertigen, stellt Lederer den Bau des Königin-Katharina-Stifts als nicht entwicklungs- und erweiterungsfähig und für moderne Pädagogik nicht geeignet dar. Eine solche Aussage ist wirklichkeitsfremd und zeugt von einer gewissen Ahnungslosigkeit. Das KKSt ist vor wenigen Jahren mit Millionenaufwand denkmalgerecht saniert worden. Es hat aus diesem Grund mit die beste Medienausstattung, die ein Stuttgarter Gymnasium zur Zeit zu bieten hat, wodurch ein zeitgemäßes Unterrichten ermöglicht wird. Entgegen den Mutmaßungen Lederers werden dort jeden Tag ca. 600 Schülerinnen und Schüler erfolgreich und engagiert nach modernen pädagogischen und didaktischen Grundsätzen unterrichtet. Es mag richtig sein, dass ein Schulneubau architektonisch so gestaltet werden kann, dass verstärkt mit neuen Lern- und Lehrformen unterrichtet werden kann, aber Pädagogik bemisst sich nicht allein nach räumlichen Gegebenheiten und ihr Erfolg hängt nicht in erster Linie von ihnen ab. Vielmehr kommt es immer und zu allererst auf die Lehrerinnen und Lehrer und ihre pädagogisch-didaktische Kompetenz an und nicht darauf, in welchen Räumen sie unterrichtet. Pädagogischer Erfolg ist dann gegeben, wenn Lehrerinnen und Lehrer ihren Schülern mit Empathie begegnen. Und natürlich kommt auch hinzu, dass Schülerinnen und Schüler und ihre Lehrkräfte sich an dem Ort ihres Lehrens und Lernens wohl fühlen und sich mit ihm und seiner Geschichte identifizieren können. Schule ist Lebensraum für Schülerinnen und Schüler. Neben den pädagogischen Aspekten sind auch emotionale und ästhetische Faktoren für ein gelingendes Lernen besonders wichtig. All diese Voraussetzungen sind im Gebäude des KKSt erfüllt, hier fühlen sich Schülerinnen und Schüler, Lehrerinnen und Lehrer wohl. Sie schätzen die historische Bausubstanz und den „Geist“ des Hauses und seiner Gründerin. Und mancher Besucher hat schon geäußert, dass er dieses Schulgebäude manchen modernen vorziehen würde.

Kulturmeile und Schule an diesem Standort sind eine ideale Symbiose

Das Königin-Katharina-Stift braucht keinen Neubau. Es braucht auch keine Erweiterung. Und wenn Herrn Lederer die geplante Sporthalle auf der Parkseite stört, so möge er bitte seinen Sachverstand als renommierter Architekt einbringen, um eine moderne Sport- und Veranstaltungshalle zu planen, die sich als „städtebaulicher Auftakt“ eignet. Denn zu den Grundbedürfnissen Arbeit, Bildung, Kultur, die Lederer in seinem Artikel eingangs erwähnt, gehört auch der Sport. Eine attraktive Sporthalle, im Zentrum Stuttgarts als Teil einer modernen Kulturmeile, die von Schülern und Vereinen, und damit den Bürgerinnen und Bürgern, genutzt werden kann, wäre eine große Bereicherung für die Stadt.

Das Königin-Katharina-Stift ist als Schule mit ihrem Bildungsauftrag wichtiger Bestandteil der Kulturmeile und die Nähe zu den kulturellen Einrichtungen ist einzigartig. Das 200 Jahre alte Gymnasium mit seinen knapp 600 Schülerinnen und Schülern ist und bleibt Bestandteil einer lebendigen, lebensfreundlichen und bürgernahen Stadtarchitektur. Kulturmeile und Schule sind an diesem Standort eine ideale Symbiose, die dazu beiträgt, dass junge Menschen durch die Nachbarschaft ihrer Schule zu zentralen Kultureinrichtungen mit der Hochkultur in Berührung kommen, die sie andernfalls vielleicht als elitär und nicht als selbstverständlichen Bestandteil ihres Lebensalltags betrachten würden.