Auch beim Einkaufen müssen die Kunden weiterhin eine Maske tragen. Foto: imago/Jochen Eckel

Baden-württembergische FDP-Politiker wollen die Schutzmaßnahme im Handel abschaffen. Nicht nur Landessozialminister Lucha lehnt das ab.

Stuttgart - In Baden-Württemberg bleibt es bei der Maskenpflicht im Einzelhandel. Eine Aufhebung der Pflicht wäre zum jetzigen Zeitpunkt das „absolut falsche Signal“, sagte Sozialminister Manfred Lucha (Grüne). Er wies damit den Vorstoß des Schweriner Wirtschaftsministers Harry Glawe zurück. Der CDU-Politiker hatte betont, dass es keinen Grund für die Maskenpflicht gebe, wenn das Infektionsgeschehen weiter so niedrig bleibe.

Kräftiger könnte der Gegenwind kaum sein. Einmütig erklärten am Montag Bundeskanzlerin Angela Merkel, CSU-Chef Markus Söder, Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) und der SPD-Vorsitzende Norbert Walter-Borjans, dass es verkehrt sei, jetzt die Vorschrift zum Masken-Tragen im Handel aufzuheben. CDU-Generalsekretär Paul Ziemiak machte kurz und knapp deutlich, dass er nichts von der Überlegung seines Parteifreundes aus Mecklenburg-Vorpommern hält: „Maskentragen ist sexy.“

Chancenlos ist auch Glawes Versuch, mit anderen norddeutschen Bundesländern eine einheitliche Regelung zur Abschaffung der Maskenpflicht zu erreichen. Dafür fand er bei den Landesregierungen von Hamburg, Niedersachsen und Schleswig-Holstein keinen Rückhalt. Auch seine eigene Chefin, Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD), reagierte zurückhaltend. Sie ließ ausrichten, dass die Regierung von Mecklenburg-Vorpommern erst vor wenigen Tagen die Maskenpflicht bis August verlängert habe.

Plädoyer für Lockerungen im Handel

„Ich halte es nicht für angezeigt, jetzt generell flächendeckend auf die Maskenpflicht zu verzichten“, sagte auch der FDP-Landeschef und Vizevorsitzende der Bundestagsfraktion Michael Theurer gegenüber unserer Zeitung. „Wegen des Infektionsrisikos wird der Mund- und Nasenschutz noch über eine längere Zeit unverzichtbar sein“, betonte er. Theurer glaube nicht an die Perspektive, dass „wir Corona in zwei bis drei Jahren wegimpfen können“, und ordnet es als „Staatsversagen“ ein, dass in Deutschland nicht gleich zu Beginn der Corona-Pandemie eine Pflicht zum Tragen von Mund- und Nasenschutz erlassen worden ist: „Der eklatante Mangel an Schutzmasken in Deutschland war der alleinige Grund, dass nicht von Anfang an eine Maskenpflicht galt“, betonte er.

Zugleich sprach sich der Wirtschaftsexperte seiner Fraktion im Bundestag aber für Lockerungen im Handel aus. „Für den Handel brauchen wir eine Exit-Strategie von der Maskenpflicht mit klar festgelegten und nachvollziehbaren Kriterien, die zusammen mit den Experten vom Robert-Koch-Institut festgelegt werden sollten.“ Voraussetzung für die Lockerungen sei, dass das Abstandsgebot aufrechterhalten werden könne: „Ich kann mir vorstellen, dass das im Textilhandel oder in anderen Geschäftsbereichen mit einem hohen Beratungsbedarf zum Beispiel durch Terminvereinbarungen sichergestellt werden kann.“ Besonders besorgt ist der FDP-Politiker wegen der ökonomischen Lage im Textilhandel. „Der Handel hat Konfektionsware gekauft und auch bezahlt. Die ganze Sommermode muss jetzt raus und verkauft werden, sonst gehen viele Handelsunternehmen über die Wupper.“

„Sehr fragile Lage“

Über das Tragen einer Maske beim Einkaufen sollte nach Ansicht des baden-württembergischen FDP-Fraktionschefs Hans-Ulrich Rülke am besten jeder selbst entscheiden dürfen. „Angesichts von gerade noch rund 500 Infizierten in Baden-Württemberg unterstütze ich den Vorschlag des Handelsverbands, das Maskentragen im Handel den Menschen selber zu überlassen“, sagte er. Die Menschen hätten sich im Südwesten in der Krise klug und besonnen verhalten. „Da kann und sollte man den Menschen auch etwas zutrauen.“ Sozialminister Lucha hingegen betont, dass er eine Debatte allein über die Masken-Vorgabe für heikel hält. Das vermittele den Eindruck, als sei die Pandemie besiegt: „Das ist mitnichten der Fall, und ich kann nur davor warnen, zum jetzigen Zeitpunkt, wo all die Lockerungen in Kraft getreten sind, nachlässig zu werden.“ Nach wie vor befinde sich das Land in einer „sehr fragilen Lage.“ Es wäre somit fatal, „wenn wir all unsere Anstrengungen mit einem Schlag zunichte machen, indem wir jetzt nachlässig und sorglos werden.“