Die Schilder hängen nun: Der Ratskeller heißt künftig „the ratskeller“. Foto:  

Manche sagen, der Ratskeller sei der „Bauch des Rathauses“. Zum Comeback wollen die Betreiber zeigen, dass Neues das Altbekannte auffrischt: „the ratskeller“ – so lautet der neue Name nun. „The Länd“ lässt grüßen. Im Netz wird hitzig darüber diskutiert.

Stuttgart - Kaum hängen Schilder an der Rathauswand, auf denen „the ratskeller“ und „the weinbar“ steht, rauscht der Spott durch die sozialen Medien – als wäre „the ratskeller“ ein Ableger von „The Länd“, der neuen, heftig umstrittenen Kampagne des Landes.

„Hoffentlich ist das Essen besser als der Name!“, ist etwa zu lesen. Und: „Bestimmt müsset bald au no Äffle & Pferdle Englisch schwätza.“ Bärbel Mohrmann, die frühere Protokollchefin der Stadt und nun Geschäftsführerin des Vereins Pro Stuttgart, versichert im Netz: „Das Weindorf wird niemals The Weindorf werden!“ Den neuen Namen an ihrem alten Arbeitsplatz im Rathaus findet die Weindorf-Chefin „unglaublich“.

Offizielle Eröffnung für den 27. November geplant

Für Werber geht damit die Rechnung auf. Wenn über eine Kampagne gestritten wird, hat diese ein Ziel erreicht: Es ist gelungen, zum Stadtgespräch zu werden! Am 25. November feiert der seit Ende 2016 geschlossene Ratskeller mit neuem Konzept und im neuen Ambiente sein Comeback – zunächst für geladene Gäste und VIPs. Für den 27. November hat die neue Pächterin Denise Schuler (ihre Familie war über viele Jahre für die Bewirtung der Wilhelma verantwortlich, ihr Mann betreibt die Rothaus-Brauerei im Gerber) die offizielle Eröffnung geplant.

Aus dem dunklen Keller ist ein Schmuckstück geworden. Die Sanierung hat acht Millionen Euro gekostet. Die Brauerei Dinkelacker zahlt davon 1,1 Millionen Euro. Die für Oktober geplante Eröffnung musste verschoben werden, weil man noch mal nachbessern wollte. Die Entscheidung für „the ratskeller“ fiel, bevor Winfried Kretschmann die „The Länd“-Kampagne vorgestellt hat.

„Zwei Dumme, ein Gedanke“

Dahinter stecken zwei verschiedene Agenturen in Stuttgart. Bei der Landesregierung machte Jung von Matt/Neckar das Rennen, bei der Traditionsgaststätte im Rathaus – oder muss man nun „the rathaus“ sagen? – das Studio Brot. „Zwei Dumme, ein Gedanke“, scherzt eine Sprecherin von Brot gegenüber unserer Zeitung. Früher war sie bei Jung von Matt und hat sofort die alten Kollegen angerufen, als die Landeskampagne bekannt wurde. „Wir sind unabhängig voneinander auf dieselbe Idee gekommen“, sagt sie.

Ein neuer Trend? Was folgt noch? Werden schwäbische Marken geschaffen mit Denglisch? Für die Werber stellt sich die Frage, „wie man die Idee vom weltoffenen und tief verwurzelten Lokal“ aufzeigen kann. Wie verabschiedet man sich von einem Konzept, dem man „ein Stück treu bleiben“ will? Der Auftraggeber habe gewünscht, die Internationalisierung, das Neue und die Tradition zu betonen, sagt die Sprecherin von Brot. Intern ist heftig diskutiert worden – darüber, ob Englisch im Namen wirklich cool ist. Am Ende hat man sich entschieden, aufs Neue zu setzen und den Ratskeller im Namen zu lassen. Stuttgart sei eine internationale Stadt, das „the“ zolle diesem Umstand Respekt.

Erinnerungen an Ohrfeigen von 2004

Nun aber gerät „the ratskeller“ in den Sog der Kritik, die auf die Landeskampagne heftig geballert wird. „Willkommen in The Eländ“ ist zu lesen oder: „The Änd of the Länd“. Thomas Diehl, Jungwinzer von Rotenberg, hat den Plan rasch verworfen, einen „Länd Wein“ zu verkaufen. Sein Beirat war dagegen. Man dürfte nicht das Negativimage der neuen Landeskampagne auf sich ziehen.

Aber auch Schwäbisch wird im Ratskeller beherrscht. „Zom Lacha en dr Keller ganga“, lautet ein Werbespruch. Dieser Keller ging mehrfach in die Stadtgeschichte ein, wie auf dessen Facebook-Seite zu lesen ist. Etwa mit „drei Watschen für Pfeiffer“. Erinnert wird daran, wie Christoph Palmer im Jahr 2004 dem Parteifreund Joachim Pfeiffer nach Kritik an MP Erwin Teufel Ohrfeigen verpasst hat. StZ-Autor Jörg Nauke, der weltweit einzige Schreiber, der diesen Vorfall beobachtet hat, sagt, er habe zwei Attacken gesehen. Bald kann neue Stadtgeschichte geschrieben werden, wenn man, um es auf Schwäbisch zu sagen, „in dr Ratskeller“ goht.