Freundschaftlich verbunden: Gerhard Schröder begegnet dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan bei der Zeremonie am Präsidentenpalast nach dessen Vereidigung. Foto: POOL Presidency Press Service/AP

Altkanzler Gerhard Schröder wendet sich weiter den Autokraten zu – auch auf Kosten seiner Partei. In der Özil-Debatte stellt er sich an die Seite des türkischen Staatpräsidenten Erdogan – gegen den sozialdemokratischen Außenminister Heiko Maas.

Stuttgart - Altkanzler Gerhard Schröder hat gegenüber Autokraten keine Berührungsängste – im Gegenteil. Er ist eng verbunden mit dem Russen Wladimir Putin, aber auch mit dem Türken Recep Tayyip Erdogan. Jüngst nahm er als dessen „besonderer Freund“ in Ankara am feierlichen Abendessen infolge der Vereidigung des Staatspräsidenten teil. Schon 2009 hatten sie gemeinsam Schröders 65. Geburtstag in Hannover nachgefeiert. Dem Sozialdemokraten sind die Männerfreunde so wichtig, dass er sich lieber mit seinen Genossen anlegt – wie in der Debatte um Mesut Özil.

Den Rechtpopulisten „in die Hände gespielt“

„Schlicht und einfach unerträglich“ nennt er es, dass Außenminister Heiko Maas „dumpfe Kommentare“ zu Özil gegeben hätte, die mit sozialdemokratischen Vorstellungen von Integration „absolut nichts zu tun“ hätten, wie er der „Süddeutschen Zeitung“ sagte. Özil spielt seit acht Jahren im Ausland – zuerst in Madrid, dann in London. Maas hatte daher angemerkt: „Ich glaube nicht, dass der Fall eines in England lebenden und arbeitenden Multimillionärs Auskunft gibt über Integrationsfähigkeit in Deutschland“. Schröder kontert: Maas mache Özil nicht nur indirekt zum Vorwurf, dass er viel Geld verdiene und seinen Lebensmittelpunkt derzeit nicht in Deutschland habe. Er zweifle auch an, „dass Özil hier so richtig dazugehört“. So spiele er denen in die Hände, die Özil wegen seiner türkischen Wurzeln ablehnten – gemeint sind die Rechtspopulisten. Der Altkanzler trifft somit den gleichen Ton wie Erdogan, der dem Fußballspieler am Dienstag seinen Rückhalt versichert hatte.

Graben zur SPD groß wie eh und je

Der Graben zwischen Schröder und der SPD scheint wieder unüberbrückbar zu sein. Noch im Juni 2017 hatte Kanzlerkandidat Martin Schulz einen intern umstrittenen Reintegrationsversuch beim Dortmunder Bundesparteitag gewagt. Schröder dankte es dem damaligen Vorsitzenden mit leidenschaftlichen Appellen an die mutlos gewordenen Genossen. Nun ist Andrea Nahles am Ruder, mit der sich Schröder zu seiner Amtszeit erbitterte Kämpfe um die Agenda 2010 geliefert hatte. Der aktuellen Tonlage zufolge hat die neue Führung am Altkanzler kein Interesse mehr.