Trotz aller Hürden: Es gibt gute Gründe für eine Geburtshilfe im Krankenhaus Leonberg, meint unser Leonberger Redaktionsleiter Thomas K. Slotwinski.
Soll die notorisch klamme Stadt Leonberg den Erhalt einer Geburtshilfe im Krankenhaus finanzieren, das zu Recht von vielen noch Kreiskrankenhaus genannt wird? Träger des Klinikverbundes ist der Landkreis. So ein wenig erinnert das an den Vorschlag, den die Freien Wähler im Zuge der Debatte um den Rettungshubschrauber Christoph 41 gemacht hatten. Seinerzeit hatte Axel Röckle, der Chef der Gemeinderatsfraktion, angeregt, dass sich zwei oder drei benachbarte Landkreise zusammentun, um eine Luftrettungsstation gemeinsam zu finanzieren.
Der an und für sich charmante Gedanke ist leider im Sande verlaufen. Der Vorstoß des Leonberger CDU-Vorsitzenden, die Stadt möge mit eigenen Mitteln einen wichtigen Teil „ihres“ Krankenhaus zukunftssicher machen, wirbelt zumindest im Moment einigen Staub auf. Sogar der Oberbürgermeister meldet sich dergestalt öffentlich zu Wort, dass er sich schriftlich beim Chef der CDU-Kreistagsfraktion erkundigt, ob denn Zanders Initiative mit diesem abgestimmt sei.
Auch die markige Wortwahl des obersten Christdemokraten in Leonberg beschäftigt den Rathaus-Chef. Zander wirft dem OB einen „Kuschelkurs beim Landrat“ vor und nennt die Schließungspläne für die Geburtshilfe eine „Missachtung der Leistung der Hebammen“ in Leonberg: „Was mühsam aufgebaut wurde, soll jetzt wieder zerschlagen werden.“ Ob denn solche forschen Sätze von Hemut Noë, dem die Aura des Elder Statesman anhaftet, abgesegnet wurden?
Nun muss man wissen, dass das Klima zwischen Sozialdemokrat Cohn und Christdemokrat Zander in den vergangenen zwei Jahren merklich abgekühlt ist. Verbale Scharmützel im Gemeinderat zwischen den beiden sind keine Seltenheit. Und während sich die CDU, wohl auch mit Blick auf die Kommunalwahl im kommenden Jahr, erkennbar als Kämpferin fürs Krankenhaus positioniert, fährt der OB einen anderen Kurs. Cohn hat erst unlängst im Sommergespräch mit unserer Zeitung unterstrichen, dass es für ihn entscheidend ist, dass der Status als Klinik der Grundversorgung mit Rund-um-die-Uhr-Betrieb erhalten bleibt. Eine neue Debatte könnte genau diesen Status Quo gefährden, befürchtet der OB.
Da ist was dran. Trotzdem ist es richtig, dass die Gynäkologie und der bei vielen Frauen beliebte von Hebammen geführte Kreißsaal nicht einfach aufgegeben wird. Der Hinweis des Landrats und des Geschäftsführers des Klinikverbundes auf angeblich nicht ausreichende Geburtenzahlen greift nicht wirklich. Würde man das besondere Merkmal des Kreißsaals offensiver vermarkten, gäbe es gewiss mehr Geburten.
Auch das immer wieder gerne angeführte Argument des Personalmangels verfängt am Ende nicht. Denn würden künftig mehr Babys in der neuen Zentralklinik in Böblingen auf die Welt kommen, wäre auch dort mehr Personal, eine erweiterte Infrastruktur und schlicht mehr Platz vonnöten. Platz, der in Leonberg vorhanden ist.
Leonberg hat ein ganz anderes Einzugsgebiet
Ebenfalls untauglich ist der Hinweis auf die Befindlichkeiten in Herrenberg. Natürlich ist es für die Menschen dort bitter, wenn sie ihre Klinik verlieren. Aber die Situation in Leonberg ist, allein schon vom Einzugsgebiet her, eine völlig andere.
Die Debatte um eine Zukunft der Geburtshilfe und der ganzen Gynäkologie ist noch lange nicht zu Ende. Statt nur über Kürzungen sollte besser über Innovationen nachgedacht werden, die einen Klinikstandort spürbar attraktiver machen. Dann müsste sich der OB auch nicht mehr um den Erhalt des Krankenhauses als solches sorgen.