Die Union will die doppelte Staatsbürgerschaft abschaffen. Foto: dpa

Die Union hat den Doppelpass als Sinnbild von Desintegration entdeckt, dabei liegt sie mit einer erneuten Debatte über Mehrstaatlichkeit daneben, meint Thomas Maron.

Berlin - Wieder einmal hat die Union den Doppelpass als Sinnbild von Desintegration entdeckt. Als ob es dafür Belege gäbe. Aber um Fakten geht es gar nicht. Es geht darum, wegen der berechtigten Empörung über die Provokationen des Despoten Erdogan unberechtigte antitürkische Ressentiments zu bedienen. Der Anlass der Debatte, der Wahlkampf der Erdogan-Clique in Deutschland über ein Verfassungsreferendum in der Türkei, lässt nur diesen Schluss zu. Die Abschaffung des Doppelpasses würde zwar pauschal alle Doppelstaatler treffen, die aus Staaten außerhalb der EU kommen. Aber natürlich sollen vor allem Deutschtürken getroffen werden, um deren Stimmen Erdogan mit unsäglichen Methoden wirbt. Das hat den Anschein einer Strafaktion und exakt das ist es, was Erdogan in die Hände spielt, der seinen Landsleuten um so lauter zurufen kann: „Die wollen euch nicht!“

Eine Regel wie in Großbritannien wäre sinnvoll

Lohnen würde allerdings eine Diskussion darüber, ob eine doppelte Staatsbürgerschaft auch wirklich doppeltes Wahlrecht bedeuten muss. Die Regel Großbritanniens hat da einiges für sich. Dort können Doppelstaatler nur über die Geschicke jenes Landes bestimmen, in dem sie dauerhaft wohnen. So ließe sich vermeiden, dass Wahlkämpfe nach Deutschland getragen werden. Und damit womöglich Konflikte, die hierzulande nichts verloren haben.