Schulkind im Klassenzimmer: Die Ganztagsbetreuung erhitzt in Leonberg die Gemüter. Foto: Sven Hoppe/dpa

Die Ganztagsbetreuung ist in Leonberg ein heikles Thema. Nun hat der Gemeinderat einen Vorschlag für die Sicherung der Qualität jener Betreuung massiv eingedampft.

Anfangs ist die Rede von vier Bausteinen gewesen. Am Ende des Prozederes durch die städtischen Gremien war es noch ein Bausteinchen. In Sachen Qualität der Ganztagsbetreuung diskutierte in Leonberg erst der Sozialausschuss und schließlich der Gemeinderat. Von all den Punkten, die zuvor ein Arbeitskreis in zahlreichen Details ausgearbeitet hatte, wird nur ein Teil Realität werden. Der Grund: Es fehlt das Geld.

 

Rückschlag für Ganztagsbetreuung in Leonberg

 Vielleicht waren die zusammengenommen 1,6 Millionen Euro für „eine qualitative Verbesserung des Ganztagsschulbetriebs“ – so heißt es in der Vorlage – tatsächlich etwas hochgegriffen. Am Ende bliebe davon noch 400 000 Euro.

Was hatte sich der 2024 ins Leben gerufene Arbeitskreis gewünscht? Zunächst waren Vertreterinnen und Vertreter der Gemeinderatsfraktionen, der Leitungen der Grundschulen sowie des Fachamtes mit am Tisch – und malten sich aus, was sie für eine gute Ganztagsbetreuung alles in allem für notwendig halten.

  Zum Beispiel die Einführung von weisungsbefugten pädagogischen Fachkräften als Teamleitungen für die Betreuung an allen acht Grundschulen in der Stadt. Kostenpunkt für die acht Stellen: 616 000 Euro jährlich. Oder die Einstellung einer pädagogischen Fachkraft pro 50 Ganztagsschulkindern. Macht bei 613 Kindern zwölf Stellen, die jährlich 840 000 Euro kosten würden.

Ganztagsbetreuung: in Leonberg ein heikles Thema Foto: Robert Kneschke - stock.adobe.co

   Außerdem sollten noch acht Teilzeit-Betreuungskräfte für die derzeit vier Ganztagsgrundschulen hinzukommen – für 88 500 Euro jährlich – sowie ein zusätzliches Budget von 25 000 Euro je Ganztagsschule für die Nachmittagsangebote. Unterm Strich standen somit jene 1,6 Millionen Euro – aus denen am Ende 400 000 Euro wurden.

„Wahnsinnig viel Geld“, „in unserem Haushalt nicht darstellbar“, „waren wohl etwas blauäugig“, „nicht realistisch“ – schon im Sozialausschuss wurde fraktionsübergreifend schnell deutlich, dass der ursprüngliche Beschlussvorschlag ziemlich stark rasiert werden würde.

Ganztagsbetreuung in Leonberg: Pädagogische Fachkräfte wichtigster Punkt des Entwurfs

Ebenso schnell wurde klar, dass das zentrale Element des Entwurfs Punkt eins sein würde – die acht pädagogischen Fachkräfte als Teamleitungen. Sie hätten im Austausch mit Schulleitungen und auch Eltern stehen sollen und sich um die organisatorische und pädagogische Koordination kümmern sollen: etwa Dienstplangestaltung, Vertretungsregelungen, aber auch die Analyse der Gruppensituation und die daraus resultierende pädagogische Arbeit – und vieles mehr.

 Das wird nun nicht passieren. Vielmehr machte der Gemeinderat schließlich – mit großer Mehrheit – jene maximal 400 000 Euro locker, die nun für die Ganztagsbetreuung und konkret für die pädagogischen Fachkräfte eingesetzt werden können. Im Sozialausschuss hatte noch ein Antrag der FDP-Fraktion auf maximal 200 000 Euro eine Mehrheit gefunden. Der Betrag wurde schließlich verdoppelt, offenbar auf Hinwirken von SALZ-Stadtrat Frank Albrecht. Wie viele Fachkräfte sich die Stadt von diesem Betrag wird leisten können und wie die Verteilung am Ende aussehen wird, ist noch offen.

Der Beschluss kommt nur wenige Wochen nach einer anderen, viel emotionaler geführten Debatte zum Thema Ganztagsbetreuung. An der Sophie-Scholl-Grundschule im Leonberger Stadtteil Ezach wird die verpflichtende Ganztagsbetreuung nun eingeführt. Doch auf dem Weg dorthin wurde viel Porzellan zerschlagen.

Verpflichtender Ganztag oder Wahlmodell – das erhitzte die Gemüter

Konkret ging es um den sogenannten verpflichtenden Ganztag oder die Wahl, Kinder ganz normal bis zum Mittag in der Schule zu lassen. Für jenes Wahlmodell hatten sich im Vorfeld Eltern der Sophie-Scholl-Schule ausgesprochen mit Unterstützung des eigenen Elternbeirats und dem Gesamtelternbeirat der Stadt. Das Kollegium der Sophie-Scholl-Schule und die Stadt als Schulträger wiederum hatten sich jedoch für den verpflichtenden Ganztag ausgesprochen. Bei der Diskussion wurden Gräben sichtbar, die nur schwer – wenn überhaupt – wieder zugeschüttet werden konnten.

Anspruch auf Ganztagsbetreuung

Das sagt das Land
Auf der Internetseite des Kultusministeriums Baden-Württemberg heißt es: „Jedes Kind hat von der ersten bis zur vierten Klasse in der Grundschule einen Anspruch auf ganztägige Förderung in einer Tageseinrichtung. Der Rechtsanspruch wird stufenweise ab dem Schuljahr 2026/2027 eingeführt, beginnend in Klassenstufe 1. Er umfasst acht Stunden an fünf Werktagen (Montag bis Freitag) in der Woche.

Auch in den Schulferien
Weiter heißt es: „Er gilt auch für die Zeit der Schulferien. Das Landesrecht kann eine Schließzeit der Einrichtung im Umfang von bis zu vier Wochen im Jahr während der Schulferien regeln. Für den Ausbau der Ganztagsbetreuungsplätze stellt der Bund den Ländern bis zu 3,5 Milliarden Euro für Investitionen in ganztägige Bildungs- und Betreuungsangebote bereit.“