Seine Rede hat die Debatte ins Rollen gebracht: der Thüringer AfD-Landeschef Björn Höcke. Foto: dpa

CDU-Landeschef Thomas Strobl plädiert für eine Beobachtung der AfD – und erntet dafür viel Zustimmung. Verfassungsschutz-Präsident Hans-Georg Maaßen reagiert allerdings zurückhaltend.

Berlin - Baden-Württembergs Innenminister und CDU-Chef Thomas Strobl hat eine Debatte um die Beobachtung der AfD durch den Verfassungsschutz angestoßen. Strobl hatte die AfD „eine Schande mit Parteistatut“ genannt – eine Anspielung auf Äußerungen des thüringischen AfD-Chefs Björn Höcke. Der hatte mit Bezug auf das Berliner Holocaust-Mahnmal davon gesprochen, dass die Deutschen „das einzige Volk der Welt wären, das sich ein Denkmal der Schande in das Herz der Hauptstadt gepflanzt hat“. Strobl sagte, der Verfassungsschutz müsse „ein scharfes Auge auf die AfD insgesamt und auf einzelne Personen aus der AfD haben“.

Strobls Forderung findet auch in der Bundespolitik weitgehend Zustimmung. Armin Schuster, Innenexperte der Unionsfraktion im Deutschen Bundestag, sagte unserer Zeitung, es gebe Anhaltspunkte, „dass es Strömungen und Köpfe in der AfD gibt, die verfassungswidrige Ziele vertreten“. Darüber solle sich der Verfassungsschutz im Rahmen der Auswertung öffentlich zugänglicher Quellen ein Bild verschaffen können. Die Behörde solle analysieren, ob sich die Partei „Richtung Meuthen oder Richtung Höcke bewegt“. Dazu aber brauche der Verfassungsschutz politische Rückendeckung. Die CDU-Innenpolitikerin Nina Warken sagte: „Wer solche Aussagen trifft wie der thüringische AfD-Chef am Mittwochabend, der wird gewiss und zu Recht vom Verfassungsschutz wahrgenommen.“ Allerdings sei dies „keine politische Entscheidung“, sondern eine operative Entscheidung der zuständigen Behörden.

Der thüringische Verfassungsschutz prüft die Rede

Die SPD äußerte sich ähnlich. Burkhard Lischka, der innenpolitische Sprecher SPD-Bundestagsfraktion, sagte, wer das Gedenken an sechs Millionen ermordete Juden als ,dämliche Bewältigungspolitik’ verunglimpfe, „begibt sich auf das politische Feld von Antisemiten und Rechtsextremisten“. Höckes Rede zeige, „mit welcher Wucht sich Teile der AfD radikalisieren“. Lischka forderte deshalb, „dass zumindest jene Teile der AfD vom Verfassungsschutz unter Beobachtung gestellt werden, die offen völkisch-nationalistisches Gedankengut vertreten“.

Die Äußerungen Höckes haben bereits den thüringischen Verfassungsschutz auf den Plan gerufen. „Wir prüfen die Rede und die Reaktionen darauf in der Partei“, sagte Stephan Kramer, der thüringische Verfassungsschutz-Präsident. Der Präsident des Bundesverfassungsschutzes, Hans-Georg Maaßen, hat die Beobachtung der AfD in der Vergangenheit wiederholt abgelehnt, weil er die Voraussetzungen dafür nicht gegeben sah. Die Auseinandersetzung mit der Partei müsse im politisch-öffentlichen Raum geführt werden. An dieser Einschätzung habe sich nichts geändert, erklärte eine Sprecherin am Donnerstag .

Einzelpersonen werden bereits beobachtet

Das Innenministerium verwies darauf, dass die Verfassungsschutzbehörden anhand öffentlich verfügbarer Informationen bereits „laufend prüfen, ob bei der AfD tatsächliche Anhaltspunkte für eine verfassungsfeindliche Bestrebung vorliegen“. Solche hätten mit Blick auf die Gesamtpartei nicht festgestellt werden können. Einzelpersonen würden jedoch beobachtet, etwa wenn diese „durch Bezüge zu rechtsextremistischen Organisationen auffällig geworden sind“.

Höckes Rede hat indes auch über den Bereich der Politik hinaus für Empörung gesorgt. Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche Heinrich Bedford-Strohm warnte vor der AfD. Alle Menschen, die sich der Partei anschließen wollten, müssten sich klarmachen, wer darin vertreten sei. „Da gibt es richtige Nazis in dieser Partei“, warnte er.

Kritik aus den Reihen der AfD

Auch innerparteilich kommt Höcke unter Druck. Nachdem bereits die Bundesvorsitzende Frauke Petry gesagt hatte, Höcke werde „mit seinen Alleingängen und ständigen Querschüssen zu einer Belastung“, distanzierte sich auch die stellvertretende AfD-Bundessprecherin Beatrix von Storch. Sie sprach von „Ego-Trips“ Höckes und sagte: „Im Wahljahr 2017 muss sich jeder Einzelne fragen, ob er lieber seinem Ego dient oder unserer Partei und unserem Land.“ Höcke lenke „von dem Versagen der Merkel-Regierung“ ab.