Die AfD ist vom Verfassungsschutz als „Verdachtsfall“ eingestuft worden. Foto: dpa

Das Gutachten des Verfassungsschutzes zur AfD lässt sich vollständig im Internet abrufen. Die AfD droht nun mit einer Strafanzeige.

Berlin - Das Blog Netzpolitik.org hat das vollständige Gutachten des Verfassungsschutzes zur AfD am frühen Montagmorgen im Internet veröffentlicht. In dem Gutachten, dessen Ergebnisse vor einigen Tagen bekannt gegeben worden waren, wird die AfD als „Prüffall“ eingestuft, die Junge Alternative und die Vereinigung „Der Flügel“ rund um Thüringens AfD-Chef Björn Höcke als „Verdachtsfall“.

 

Das Gutachten ist als „Verschlusssache – Nur für den Dienstgebrauch“ eingestuft. Das ist die niedrigste Geheimhaltungsstufe. Der Öffentlichkeit hatte der Verfassungsschutz das Ergebnis des Gutachtens sowie eine Pressemitteilung vorgelegt.

Warum die Veröffentlichung für Sprengstoff sorgen dürfte

„Die Verfassungsschutz-Analyse ist ein wichtiges Dokument der Zeitgeschichte. Es gehört in die Öffentlichkeit und nicht in einen Panzerschrank neben dem Schredder“, schreiben mehrere Journalisten von Netzpolitik.org zur Begründung für die Veröffentlichung. Wie die bundesdeutsche Demokratie auf die AfD reagiere, sei angesichts der deutschen Geschichte „eine der zentralen Fragen unserer Zeit.“

Die Veröffentlichung dürfte aus mehreren Gründen für Sprengstoff sorgen. Der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der AfD im Bundestag, Leif-Erik Holm, hatte bereits am Samstag angekündigt, dass die Partei Strafanzeige stellen wolle, weil Journalisten das als Verschlusssache eingestufte Gutachten erhalten hätten. Die AfD habe zu dem Zeitpunkt laut Holm keine Kenntnis vom Inhalt des Gutachtens gehabt und werde daher auf Akteneinsicht klagen.

Ermittlungen gegen Netzpolitik.org vor einigen Jahren

Zudem hatte die Bundesanwaltschaft 2015 gegen zwei Journalisten von Netzpolitik.org in einer anderen Sache ein Ermittlungsverfahren wegen Landesverrats eingeleitet. Die Blogger hatten vertrauliche Dokumente des Bundesamtes für Verfassungsschutz im Internet veröffentlicht. Darin ging es um Pläne zur stärkeren Überwachung des Internets.

Das Verfahren wurde in Medien und Politik vielfach als Angriff auf die Pressefreiheit kritisiert. Die Bundesregierung distanzierte sich von den Ermittlungen. Zum Eklat kam es über ein von dem damaligen Generalbundesanwalt Harald Range in Auftrag gegebenes Gutachten zu der Frage, wie die veröffentlichten Dokumente zu werten seien. Range warf dem damaligen Justizminister Heiko Maas Einflussnahme und einen Eingriff in die Unabhängigkeit der Justiz vor. Das Ermittlungsverfahren wegen Landesverrats wurde später eingestellt.