Gespalten: Nur noch acht Mitglieder hat die AfD-Fraktion im Landtag. Foto: dpa

Der Landtag debattiert über das AfD-Zerwürfnis. Grüne, CDU, SPD und FDP finden klare Worte. Aber einige AfD-Abgeordnete stehen immer noch zu ihrem antisemitischen Parteifreund.

Stuttgart - Gerade einmal acht Wochen sind vergangen, seit der neue Landtag von Baden-Württemberg erstmals zusammentrat. Doch schon ist wieder alles anders. Auf dem rechten Flügel, von Parlamentspräsidentin Muhterem Aras (Grüne) aus gesehen, gibt es am Mittwoch eine komplett durcheinander gewirbelte Sitzordnung. Dort hat die Landtagsverwaltung die 23 heillos zerstrittenen Abgeordneten mit AfD-Parteibuchneu sortieren müssen, mit Hilfe von Klebezetteln auf den Tischen.

Ganz vorn grüßen nun die acht Mitglieder der AfD-Fraktion. Es ist der traurige Rest der ehedem stärksten Oppositionskraft im Landtag. Dahinter haben die 14 Mandatsträger um Jörg Meuthen ihren Platz, die vergangene Woche die AfD-Fraktion verlassen haben, nachdem sie den Ausschluss Wolfgang Gedeons nicht hatten durchsetzen können. Und die jetzt eine neue Fraktion namens Alternative für Baden-Württemberg bilden möchten.

Gedeon, der in seinen Büchern antisemitische Positionen vertritt, sitzt nun ganz hinten, ebenfalls fraktionslos. Er hatte die Fraktion auch verlassen, aber erst nach deren Spaltung. Der Platz neben dem Arzt im Ruhestand bleibt frei. Eigentlich müsste seine Parteifreundin Carola Wolle ihn einnehmen. Aber sie hält lieber Abstand von Gedeon und findet einen freien Sessel weiter vorn, in Meuthens Nähe.

Reinhart: Landtag ist kein Hort für Hahnenkämpfe

Der Landtag ist zusammengekommen, um unter anderem über den dritten Nachtragshaushalt für 2016 zu diskutieren. Aber zunächst geht es um die Spaltung der AfD-Fraktion. Die CDU hat dazu eine aktuelle Debatte auf die Tagesordnung gehievt, als Zeichen „für einen Parlamentarismus der Verantwortung“, wie es im Antrag heißt. Alle Fraktionen nutzen bereitwillig die Gelegenheit zu einer ersten Großabrechnung mit der AfD. Die jüngsten Chaos-Tage bei der Alternative für Deutschland, bieten dazu ja auch reichlich Gelegenheit.

Als erster spricht CDU-Fraktionschef Wolfgang Reinhart. Der Landtag sei Träger der demokratischen Kultur in Baden-Württemberg und „kein Hort für die Hahnenkämpfe einiger Afd-Funktionäre“, wettert er. Eine Anspielung auf den Machtkampf zwischen Ex-AfD-Fraktionschef und Frauke Petry, die gemeinsam mit Meuthen die Bundespartei führt und sich in Stuttgart auf die Seite der AfD-Rest-Fraktion schlug.

Das Gebaren der AfD sei eine „unerträgliche Zumutung“, so Reinhart. Die Partei distanziere sich weiter nicht ausreichend vom Antisemitismus Gedeons. Sie zeige sich damit nicht einmal fähig zum „demokratischen Minimalkonsens“. Die AfD-Mandatsträger bildeten einen „bizarren Selbstfindungstrupp auf Kosten der Steuerzahler“, sagt Reinhart. Ein Seitenhieb auf Meuthens Pläne für eine neue Fraktion. Ob die rechtlich zulässig sind, klären drei Verfassungsrechtler derzeit für Landtagspräsidentin Aras.

AfD-Fraktionschef Merz hofft auf Versöhnung

Grünen-Fraktionschef Andreas Schwarz zeigt sich zuversichtlich, dass es keine neue Fraktion geben werde. Es gehe nicht an, dass der Landtag für „machttaktische Spielchen“ missbraucht werde. Auch darin zeige sich die „tiefe Verachtung“ der AfD für das parlamentarische System.

SPD-Fraktionschef Andreas Stoch wirft die Frage auf, wie es möglich sei, dass ein Mann wie Gedeon überhaupt AfD-Mitglied habe werden und auch noch in den Landtag habe einziehen können. Auch er vermisse nach wie vor eine klare Distanzierung vom Antisemitismus. Meuthen argumentiere stets taktisch, nicht moralisch.

Für den rethorischen Höhepunkt der Debatte sorgt FDP-Fraktionschef Hans-Ulrich Rülke. „Es war einmal eine Partei, die wollte alles besser machen. Das, was da sitzt, ist das Ergebnis“, ätzt der Liberale.

Auch die AfD kommt zu Wort. Heiner Merz, der neue Fraktionschef, sorgt auch mit seiner Ankündigung für allgemeines Staunen, in ein bis zwei Wochen wachse „wieder zusammen, was zusammengehört“. Er hofft immer noch, dass die zerstrittenen AfD-Abgeordneten sich versöhnen.

Wie Merz beteuert auch Ex-Fraktionschef Meuthen, dass Antisemitismus und Rassismus in der AfD keinen Platz hätten. Er habe alles für einen Rauswurf Gedeons aus der Fraktion getan. Als ihm dies nicht gelungen sei, habe er die „Reißleine gezogen“. Er verstehe nicht, warum er dafür nun „Hohn und Spott“ ernte von den anderen Parteien. Inzwischen habe der AfD-Landesverband ein Parteiausschlussverfahren gegen Gedeon eingeleitet, so Meuthen. Am Dienstagabend sei der entsprechende Beschluss gefällt worden.

Auch Wolfgang Gedeon sind am Schluss zwei Minuten Redezeit zugestanden. Er fühlt sich weiter missverstanden fordert alle Abgeordneten auf, seine Bücher zu lesen. Ein Exemplar hat er mitgebracht. Dafür erntet er den Zwischenruf „Schluss mit der Verkaufsveranstaltung“. Als Gedeon abtritt, gibt es demonstrativen Applaus von einigen Mitgliedern der Rest-AfD.