Giorgio de Chirico Foto: tfp

Immer schneller dreht sich zu Beginn des 20. Jahrhunderts das Kunstrad, immer radikaler entwickeln Künstler eigene Welten. Um 1910 wird der Italiener Giorgio de Chirico zum Schrittmacher. Die Staatsgalerie Stuttgart zeigt, warum.

Stuttgart - Man sieht einen hochaufragenden Innenraum, gleichermaßen zugestellt wie strukturiert, gesichert auch durch Stangen, Leisten und Holzplatten. „Metaphysisches Interieur mit großer Fabrik“ nennt der italienische Maler Giorgio de Chirico 1916 ein Werk, das die Kunstgeschichte als Programmbild einer neuen Kunst-Zeit bewertet.

Im Vordergrund des Raumes, den de Chirico entwickelt, sieht man ein Gemälde. Das Bild im Bild zeigt eine Fabrik unter blauem Himmel, eine Fabrik, wie sie zu jener Zeit in der oberitalienischen Stadt Ferrara zu finden war. Der zweite Blick zeigt: Der gemalte Raum, in dem de Chirico die gemalte Fabrik präsentiert, setzt die Kennzeichen der industriellen Fabrikation fort. Die Antennenanlage wird eine eigene Figuration, wird aus ihrer nur technischen Realität geholt. Indem de Chirico die Gegenwärtigkeit der Dinge seiner eigenen Zeit verrätselt, gewinnen sie eine neue Magie.

Von diesem Gedanken aus, von diesem Werk aus, entwickelt die Staatsgalerie Stuttgart ihre Sonderausstellung „Giorgio de Chirico – Magie der Moderne“. Von diesem Freitag an bis zum 3. Juli im Stirlingbau der Staatsgalerie zu sehen, versammelt sie neben sich auf die Militärzeit des Künstlers in Ferrara (1915 bis 1918) konzentrierenden Arbeiten de Chiricos Werke von René Magritte („So lebt der Mensch“, 1933), Salvador Dalí („Erleuchtete Lüste“, 1929), Max Ernst („Aquis submersus“, 1919) oder George Grosz („Der Diabolospieler“, 1920). Immer wieder taucht man dabei tief in Bildwelten ein, die der vordergründigen Realität aller Dinge widersprechen.

Bis zum 3. Juli ist „Giorgio de Chirico – Magie der Moderne“ zu sehen, organisiert von der Staatsgalerie Stuttgart und der Fondazione Ferrara Arte, erarbeitet von Paolo Baldacci und Gerd Roos vom Archivio dell’Arte Metafisica in Mailand und Berlin. Sponsorpartner ist die Südwestbank in Stuttgart.