Auch in Deutschland für die ÖBB offenbar lukrativ: die Nightjet-Nachtzüge Foto: ÖBB

Vor einem Jahr haben die Österreichischen Bundesbahnen den Nachtzugverkehr der Deutschen Bahn übernommen. Nur noch bis 9. Juni können die Züge auch mit DB-Tickets genutzt werden – dann braucht man ÖBB-Nightjet-Fahrkarten.

Berlin - Wer bequem mit dem Nachtzug reisen will, braucht ab dem Fahrplanwechsel am 10. Juni 2018 zwingend ein Ticket der Österreichischen Bundesbahnen (ÖBB). Fahrscheine der Deutschen Bahn für den Fernverkehr sind dann nicht mehr in den ÖBB-Nightjets gültig. Die bisherige Übergangsregelung laufe dann aus, bestätigten beide Bahnkonzerne unserer Redaktion.

Jahrelang Verluste eingefahren

Die Österreicher haben vor einem Jahr große Teile des deutschen Nachtzugverkehrs übernommen, nachdem die Deutsche Bahn das Interesse verloren und nach ihrer Darstellung mit den City-Night-Linern jahrelang Verluste eingefahren hatte. Die ÖBB dagegen betreiben das Nachtzuggeschäft nach eigenen Angaben erfolgreich, verbindet per Nightjet zahlreiche deutsche Städte untereinander sowie mit der Schweiz, Österreich sowie Italien und will auch weiterhin kräftig investieren.

Mit der Übernahme hatten die Konkurrenten vereinbart, dass die DB-Fernverkehrstickets vorerst weiter in den Nightjets gelten werden. Für Reisende ist das praktisch, da auch mit Tickets für den ICE, Inter- oder Eurocity, die nach DB-Tarifen gebucht wurden, die Nachtzüge benutzt werden können. Dafür ist eine Platzreservierung für Sitz-, Liegeplätze oder Schlafwagen nötig und ein Aufpreis zu zahlen.

Übergangsregelung läuft im Juni aus

Von Sommer an soll diese Regelung nun auslaufen, und in den ÖBB-Nachtzügen sollen keine DB-Tickets mehr anerkannt werden. Alle Bahncard-Inhaber werden pauschal aber einen Rabatt von 25 Prozent beim Kauf von Nightjet-Tickets erhalten, wird in Wien betont. Alternativ biete man günstige „Sparschiene“-Fahrscheine an. Das ist die österreichische Version der DB-Spartickets, bei denen sich der Fahrgast im Voraus auf Reisetermin und Zug festlegen muss und dafür teils hohen Rabatt erhält.

Die Umstellung stößt auf Kritik. „Wir finden das nicht gut, die bisherige kundenfreundliche Regelung sollte fortbestehen“, sagt Karl-Peter Naumann vom Fahrgastverband Pro Bahn. Benachteiligt würden besonders Inhaber der Bahncard 100, mit der man gegen Einmalzahlung von 4270 Euro (1. Klasse: 7225 Euro) ein Jahr ticketlos beliebig viele Züge in Deutschland nutzen kann. Bisher zahlen die Inhaber dieser Karte nur den Aufpreis für die Nachtzüge und die Reservierung.

Karl-Peter Naumann, der selbst eine Bahncard 100 besitzt, nennt ein Beispiel. So kann aktuell ein Reisender, der von Mühldorf in Bayern nach Kiel will, ein günstiges DB-Fernverkehrsticket mit Bahncard-Rabatt kaufen. Zusätzlich zahlt er dann nur den Aufpreis für Reservierung und Schlafkomfort im Nightjet München–Hamburg. Selbst die beste Einzelkabine mit WC, Dusche und Frühstück kostet so nur rund 120 Euro extra. Für Anschlusszüge gilt das DB-Ticket.

Künftig ist ein ÖBB-Nightjet-Ticket zwingend erforderlich

Künftig braucht man für diese Fahrt zwingend ein ÖBB-Nightjet-Ticket plus Fahrscheine für die Anschlussverbindungen nach München und ab Hamburg. „Das macht die Zugreise sicher nicht attraktiver“, sagt Naumann. Besonders für Inhaber der Bahncard 100 werden die Nightjets teurer, da sie nur alternative Züge ohne Schlafkomfort mit ihrer Rabattkarte ohne Zusatzkosten nutzen können. Die DB lässt seit einem Jahr verstärkt ICE-Züge auch nachts fahren und sieht darin eine Alternative zu ihren aufgegebenen City-Night-Linern.

Beide Konzerne betonen, dass die Vertriebskooperation auch künftig fortgesetzt werden soll. Die DB will die ÖBB-Tickets für die Nightjets weiter „in allen Vertriebskanälen“ anbieten, so eine Sprecherin. Einige Regeln für die künftige Anerkennung der Bahncards seien noch „in Diskussion“ mit den ÖBB. In Wien heißt es dagegen auf Anfrage recht bestimmt, die Bahncard sei ein Angebot der DB, und für die Nightjets würden künftig nur noch Tickets nach ÖBB-Tarif mit pauschal rund 25 Prozent Rabatt für Bahncard-Inhaber angeboten.

Jahrelang Proteste aus der eigenen Belegschaft

Besonders für die DB sind die Nachtzüge ein heikles Thema, da es jahrelang Proteste auch aus der eigenen Belegschaft wegen der Vernachlässigung und der Aufgabe dieser Angebote gab. Auch politisch verursachte das Thema viel Wirbel, besonders die Opposition von Grünen und Linken im Bundestag protestierten. Dennoch zogen der ehemalige Bahn-Chef Rüdiger Grube und sein Nachfolger Richard Lutz den Ausstieg mit Zahlen und Argumenten durch, die Kritikern fragwürdig und fadenscheinig erschienen.

So betonte sogar ein internes 16-seitiges „Nachtzug-Monitoring“ der Deutschen Bahn im Herbst 2016, welches Potenzial im Nachtzugverkehr besteht. Es seien Ertragsverbesserungen „in allen Teilnetzen zu verzeichnen“, schrieben die Experten der DB Fernverkehr AG und verwiesen auf stark verringerte Verluste. Damals war der Ausstieg aber in der DB-Spitze schon beschlossene Sache.