David Modro bleibt für weitere drei Jahre Obmann der Schiedsrichtergruppe Leonberg. Der 29-Jährige erklärt, was Fußball-Vereine tun können, um den Nachwuchs an der Pfeife zu sichern – und er stellt fest, dass es früher mehr Unparteiische mit Leib und Seele gab.
Auf der Hauptversammlung der Schiedsrichtergruppe Leonberg ist David Modro einstimmig für weitere drei Jahre zum Obmann gewählt worden. Der 29-Jährige erklärt, wie seine Bilanz der ersten Amtsperiode ausfällt, welche Ziele er für die nächsten drei Jahre anstrebt und wie es um den Schiedsrichter-Nachwuchs bestellt ist.
Herr Modro, was hat Sie bewogen, sich für eine zweite Amtszeit als Obmann zu bewerben?
Ich habe Spaß an den umfangreichen Aufgaben und will das in mich gesetzte Vertrauen zurückgeben. Es reizt mich, positive Strukturen aufzubauen, mit denen die Schiedsrichtergruppe Leonberg langfristig Erfolg haben kann. Dafür reichen drei Jahre unter Umständen nicht, aber das muss jede Periode neu beurteilt werden. Darüber hinaus bin ich von einem guten Team unterstützt worden. Wenn das weiterhin der Fall ist, kann ich mir vorstellen, den Posten auch längerfristig auszufüllen. Im Moment haben wir ein sehr gutes Standing gegenüber dem Verband, dem Bezirk und den Vereinen.
Wie fällt die Bilanz der ersten Amtszeit aus, in der die Corona-Pandemie lag?
Das Thema Corona möchte ich gar nicht so hoch hängen. Natürlich gab es anfangs keinen Spielbetrieb. Aber unsere Schulungen konnten wir trotzdem durchführen. Wir haben vom Verband bald mit www.schiedsrichter-lernen.org eine geeignete Online-Plattform bekommen. Ein großes Thema war bei uns die Talententwicklung. Schon 2017 wurde bei uns der Förderkader für Schiedsrichter-Talente gegründet, der inzwischen auch seine Früchte getragen hat. Auch dass unsere Neulingskurse eine hohe Nachfrage hatten, bewerte ich als positiv.
Welche Schwerpunkte möchten Sie in den nächsten drei Jahren setzen?
Wir wollen unsere gute Arbeit in alle Richtungen weiter ausbauen und auch die Kameradschaft unter den Schiedsrichtern fördern. Ein wichtiges Element ist die Gründung eines Fördervereins, den wir Ende Januar ins Leben gerufen haben. Dieser gibt uns die Möglichkeit, Einnahmen und Spenden von Sponsoren zu generieren, um unsere Schiedsrichter zu fördern und auch mal ein Fest zu organisieren. Die Schiedsrichterei soll ein attraktives Hobby bleiben, und wir wollen unseren Unparteiischen auch einmal was zurückgeben. Am Förderverein dürfen sich auch die Vereine beteiligen. Mit den Vereinen wollen wir ohnehin in intensivem Kontakt bleiben, damit sie uns weiterhin Interessenten für die Neulingskurse schicken. Obwohl wir in den vergangenen Jahren stets 50 bis 70 Neulinge hatten, konnten wir unseren Bestand mit derzeit 135 Schiedsrichtern nur konstant halten.
Wie sehen Sie die Schiedsrichtergruppe Leonberg derzeit aufgestellt?
Für unsere Größe sehe ich uns sehr gut aufgestellt. Mit Lars Erbst haben wir ein Aushängeschild, das in der dritten Liga schon bei Derbys eingesetzt wird. Eines seiner Highlights war die Leitung eines Saisonvorbereitungsspiels zwischen dem Karlsruher SC und dem FC Liverpool. Mit Roman Reck stellen wir einen Schiedsrichter in der Oberliga, zudem einen in der Verbandsliga sowie drei Landesliga- und drei Bezirksliga-Schiedsrichter. Mit Hannah Rapp, Christian Krapf und Hannes Richter haben sich in der laufenden Saison drei junge Schiedsrichter für die Bezirksliga-Beobachtung in der Rückrunde qualifiziert. Hannah Rapp ist zudem Assistentin in der zweiten Frauen-Bundesliga.
30 bis 40 Spiele pro Saison
Wie haben sich die Teilnehmerzahlen bei den Neulingskursen entwickelt?
Da sind wir von den Zahlen her wieder auf dem Niveau von vor Corona. 2023 war vom DFB als Leuchtturm-Jahr für die Schiedsrichter ausgerufen worden und hat gute Ansätze für die Schiedsrichtergewinnung hervorgebracht. Im ganzen Verband sind die Zahlen gestiegen. Allerdings gilt es darauf zu achten, dass die Anzahl der Schiedsrichter langfristig oben bleibt. Denn gute Zahlen bei den Neulingskursen bringen nichts, wenn 80 Prozent nach drei Jahren wieder abspringen. Das hat auch mit einer Gesellschaft im Wandel zu tun: Früher waren Schiedsrichter solche mit Leib und Seele, die stets zur Verfügung standen. Inzwischen haben sie als Ehrenamtliche auch in anderen Bereichen immer mehr Aufgaben oder gehen anderen Hobbys nach. Eigentlich bräuchten wir fast die dreifache Zahl von früher. Die wenigsten leiten derzeit noch 80 bis 100 Spiele pro Jahr, die meisten liegen bei 30 bis 40.
Was kann die Schiedsrichtergruppe, was können Vereine tun, um den Nachwuchs zu sichern?
Wir kommunizieren Termine für die Neulingskurse frühzeitig an alle Vereine. Wichtig wäre, dass diese in den Vereinen auf dem effektivsten Weg weitergegeben werden. Das kann bei einem Verein die WhatsApp-Gruppe sein, bei einem anderen ein Aushang, bei einem dritten die persönliche Ansprache im Training. Die Ausschussmitglieder der Gruppe stehen stets als persönliche Ansprechpartner zur Verfügung, die Kontaktdaten finden sich auf der Homepage. Zudem ist die Gruppe mittlerweile auf Facebook und Instagram präsent. Wir setzen auf die Mitarbeit der Clubs, dass sie im Sinne des Spielbetriebs handeln. Es kam schon vor, dass der Bruder eines Schiedsrichters sich drei Jahre später auch für den Job interessiert hat. Es gibt auch ganze Familien, die sich diesem Hobby verschrieben haben.
So früh wie möglich Karriere starten
Wie viele Jungschiedsrichter Ihrer Gruppe haben das Potenzial für höhere Aufgaben?
Es gibt viele, die gute Ansätze mitbringen. Wie viele es schaffen, lässt sich schwer prognostizieren, weil jeder für seine Entwicklung selbst verantwortlich ist. Bei einem 15-Jährigen kann man nicht absehen, wie sich sein Leben in den nächsten Jahren entwickeln wird. Zudem ist jede Bewertung immer eine individuelle Entscheidung des Beobachters. Wir können nur die bestmöglichen Rahmenbedingungen schaffen. Jeder Schiedsrichter muss seine eigene Spielleitung immer wieder aufs Neue analysieren, um sich weiterzuentwickeln. Ein Tipp ist, so früh wie möglich anzufangen, denn in die dritte Liga kommt man mit über 25 Jahren nur ausnahmsweise. Im Spitzenbereich wird eine gewisse Verfügbarkeit erwartet.