Den sicheren Job in der Industrie kündigen und für die Musik leben: der Stuttgarter Dave Collide hat seinen Traum in die Tat umgesetzt. Doch wie lebt er mit der beruflichen Unsicherheit?
Mit 17 hat er eine Ausbildung in der Industrie begonnen, später folgte eine Weiterbildung. Dave Collide, der mit bürgerlichem Namen David Jonek heißt, arbeitete jahrelang als Maschinenbautechniker in einem sicheren und gut bezahlten Job. „Aber ich habe mir schon ausgerechnet, wie lange ich noch bis zur Rente habe. Dann wurde mir klar: Ich muss etwas ändern“, erzählt der 35-Jährige. Vor einem Jahr hat er seinen klassischen Beruf an den Nagel gehängt und tourt seither als Vollzeitmusiker durch Kneipen und kleine Konzertlocations.
Im Hinterhof seiner Wohnung im Stuttgarter Westen spricht Dave Collide über die Entscheidung, die er als „die beste“ seines Lebens bezeichnet. Einen Plattenvertrag oder ein Musiklabel hat er zwar bislang nicht, und auch der große Erfolg ist bisher ausgeblieben. Trotzdem ist Dave Collide froh über seine Entscheidung.
„Seit ich 15 Jahre alt gewesen bin, mache ich Musik“, erzählt er. Von einem Kumpel habe er sich das Gitarrespielen beibringen lassen; eine klassische musikalische Ausbildung habe er nie durchlaufen. „Ich bin ein Arbeiterkind“, sagt Collide. Eigene Band- und Musikprojekte habe er seither immer gehabt, aber eben immer in seiner freien Zeit verfolgt. Damit ist seit einigen Monaten Schluss. Er kündigte seinen Job bei einem mittelständischen Unternehmen. „Ich habe alles auf eine Karte gesetzt“, sagt er. Von seinen Ersparnissen nahm er sein erstes Album auf. Der Titel: „Why not?“ (auf Deutsch: Warum nicht?). „Wo mich das hinführt, kann ich nicht sagen. Aber ich wollte auch noch einmal etwas ganz Anderes probieren, bei dem nicht klar ist, worauf ich zusteuere“, sagt er. Doch wie verlief der Start? „Der begann eigentlich mit meinem 9-Euro-Bahn-Ticket“, sagt Collide und lacht. Mit der Bahn sei er in viele Städte gefahren und habe begonnen, vor kleinem Publikum Konzerte zu geben. „Ich mache Punk mit Akustikgitarre, man könnte auch Pop-Punk sagen“, so Collide. Zwar sei Gitarrenmusik momentan nicht das, was wirklich angesagt ist, aber er habe durchaus eine Fangemeinde, die nach und nach wachse. Auf den Stuttgarter mit dem konsequenten Plan ist sogar die ARD aufmerksam geworden, die vor einigen Monaten eine Reportage über den Musiker gedreht hat. Seinen Lebensunterhalt bestreitet er inzwischen mit verschiedenen Tätigkeiten. Die eigene Musik reicht finanziell bislang nicht aus. Als Techniker hilft er unter anderem bei den Touren anderer Bands aus. „Im Prinzip das, was man früher einen Roadie genannt hat“, sagt er. Der 35-Jährige hat ein fast jungenhaftes Lachen und wirkt unbekümmert und fröhlich, gibt aber auch offen zu: „Es gibt schon auch Momente, in denen ich Zweifel habe.“ Aber wenn es mit der Musik nicht klappe, werde sich schon wieder etwas Anderes im Leben ergeben, da ist er sich sicher.
„Ruckzuck hätte ich wieder einen normalen Job“, sagt er. Aber aktuell sei er weit davon entfernt. „Ich merke, dass mein Projekt langsam wächst, daher fühlt es sich richtig an.“ Momentan plane er größere Tour, die samt einer Band im Frühjahr stattfinden soll.
Wo ist der Punk?
Der Musiker organisiert und vermarktet sich selbst. Viel Zeit verbringt Collide vor dem Computer. Das sei zwar viel Arbeit, aber so blieben die Einnahmen auch wirklich bei ihm. „Mit Online-Plattformen und Streaming ist viel möglich“, sagt er. Doch wie viel Punk ist noch möglich, wenn es auch um die eigenen Finanzen geht?
„Der Punk, mit dem ich groß geworden bin, bedeutet vor allem Respekt und Solidarität“, sagt Collide. „Außerdem mache ich heute das Punkigste, was man tun kann, und das ist, seinem Herzen zu folgen.“
Infos, Konzerte und Tickets für Dave Collide
Konzerte
Am 19. Oktober in Stuttgart (Straßenfest Gasparitsch), am 24. Oktober Zürich (Kir Royal Bar) und am 31. Oktober in Esslingen (Café Lore).
Infos und Tickets
Weitere Termine und Informationen auf der Homepage von Dave Collide.