Der Neuhausener Gemeinderat hat Ziele und Maßnahmen für 2025 wie gewohnt im Paket beschlossen. Die gegen das Verfahren kämpfende IGL-Rätin Tanja Verch stellte einen Antrag auf Einzelabstimmung. Er wurde auf Wiedervorlage gelegt.
Eigentlich wäre es nur ein routinierter Schritt zur Aufstellung des nächsten Haushaltsplans der Gemeinde Neuhausen. In ihren Zielreden im September haben die Gemeinderatsfraktionen formuliert, was aus ihrer Sicht wünschenswert und machbar ist. Nach Beratungen in den Ausschüssen wurde das dort abgesegnete Maßnahmenbündel in der jüngsten Plenumssitzung mehrheitlich auf den Weg gebracht. Die Verwaltung verrechnet das wie üblich en bloc beschlossene Paket mit den verfügbaren finanziellen Mitteln zum Haushaltsplan 2025, den sie im Januar im Gemeinderat einbringt.
Nur wird in Neuhausen der Routineschritt zum Spagat auf juristischem Grat, und Dramatik birgt nicht nur die klamme Kassenlage. Beides liegt am Dauerzwist der Initiative Grüne Liste (IGL) und ihrer Fraktionsvorsitzenden Tanja Verch mit dem Rest des Gremiums inklusive Bürgermeister Ingo Hacker. Unlängst hatte Verch vor dem Stuttgarter Verwaltungsgericht in entscheidenden Punkten recht bekommen mit ihrer Klage gegen das Neuhausener Verfahren der Haushaltsaufstellung, das keine Abstimmungen in öffentlicher Sitzung über die einzelnen Haushaltspositionen vorsieht. Solche Einzelbeschlüsse forderte Verch per Antrag auch jetzt. Hacker parierte mit Wiedervorlage im Sommer 2025: Über den Antrag könne vor der nächsten Haushaltsrunde abgestimmt werden, nicht aber im Hinblick auf ein mehrheitlich beschlossenes Verfahren, das sich bereits im Vollzug befinde. Verch protestierte – und musste sich fügen.
Die IGL-Rätin hatte schon im Oktober mit der als Antrag nachgereichten Forderung nach einkommensabhängigen Kita-Gebühren den Trott aus dem Tritt gebracht. Die ursprünglich schon vor einem Monat anberaumte Abstimmung über das Gesamtpaket wurde daraufhin von der Tagesordnung genommen, der zuständige Ausschuss musste noch einmal beraten.
Der Versuch, das nicht öffentlich geschnürte Paket wieder aufzudröseln und seine Bestandteile in öffentlicher Sitzung zur Diskussion zu stellen, ist der rote Faden in Verchs Vorgehen. Dabei geht es, wie sie in ihrem Statement erklärte, auch darum, den „vielen Anträgen“ ihrer Fraktion – etwa zur Pkw-Ladeinfrastruktur oder zum energetischen Zustand gemeindeeigener Gebäude – doch noch eine Chance zu sichern, obwohl sie in den Ausschüssen keine Mehrheit fanden und folglich nicht ins Beschlusspaket aufgenommen wurden. „Eine Einzelabstimmung“, sagte Verch, „kann zu Änderungen der Mehrheitsempfehlung der Ausschüsse im Gemeinderat führen.“
Zunehmend genervt
Die Ratskolleginnen und -kollegen der übrigen Fraktionen reagieren, dem Eindruck nach, zunehmend genervt. Durchwinken versus Blockade: So lautet, salopp verkürzt, die Frontstellung der gegenseitigen Vorwürfe. CDU-Fraktionschef Dominik Morár bemühte dazu einen Vergleich: Trotz Busstreik müsse eine Gruppe von Neuhausenern dringend nach Stuttgart. Der Bürgermeister erkläre sich bereit, sie mit dem Carsharing-Auto hinzufahren. „Alle warten auf die Abfahrt, die eine einzige Passagierin mit ihren Fragen verzögert: ,Herr Hacker, haben Sie überhaupt einen Führerschein? Und wo ist das rote Warndreieck?’“ Keine Frage, wer mit der Fragerin gemeint war.
In der Haushaltsangelegenheit selbst herrscht zumindest in einem Punkt Einigkeit: Die finanziellen Dinge stehen schlecht, Gestaltungsmöglichkeiten der Gemeinde nehmen ab. Für Morár, der sich mit seiner Fraktion insbesondere fürs Neuhausener Freibad stark machen will, besteht die zentrale Zukunftsperspektive in der „Schaffung eines gewerbesteuerfreundlichen Umfelds“. Die einzige Weg zu wieder mehr Handlungsspielraum führe nun mal über das Gewerbesteueraufkommen.
„In Neuhausen ist es zu laut“
Das sieht Nadine Korany (FDP) genauso. „Gespannt“ sei sie angesichts der Haushaltssituation auf die Umsetzung der jetzt beschlossenen Maßnahmen. Umso dringlicher sei die Wirtschaftsförderung. Auch für den SPD-Fraktionsvorsitzenden Dietmar Rothmund steht das Thema Gewerbesteuer im Mittelpunkt. Er plädierte dafür, „den Mix der großen Gewerbesteuerzahler auf eine breitere Basis zu stellen“. Damit wolle die SPD „keine Betriebe vergraulen, nur neue hinzuholen“. Ausdrücklich begrüßte Rothmund die erstmalige „lange Nacht der Demokratie“ im kommenden Jahr. Als dringliche Aufgabe sieht er die Sicherung der ärztlichen Versorgung. Andernorts würden bereits „Abwerbeprämien“ für niedergelassene Ärzte gezahlt. Auch Neuhausen werde um proaktives Handeln in dieser Sache nicht herumkommen. Auch beim Thema Flugroute ist aus Rothmunds Sicht das letzte Wort nicht gesprochen: „In Neuhausen ist es zu laut. Wir freuen uns, dass die Bürgerinitiative nicht aufgibt.“
Ärger mit parkenden Fluggästen
Für Mariela Herzog, Fraktionschefin der Freien Wähler, zwingt die angespannte Haushaltslage zur Überprüfung aller Maßnahmen. Schwerpunkte setzen wollen die Freien Wähler bei der Mobilität im Hinblick auf die S-Bahn-Anbindung, bei der Parkraumsituation mit den vielen ungebetenen (Flug-)Gästen und ihren abgestellten Autos sowie bei der Sanierung der Sportstätten.
Endstand: Das Maßnahmenpaket wurde bei vier Gegenstimmen der IGL beschlossen.
Ziele und Maßnahmen für das Jahr 2025
Beschluss
Hier eine Auswahl der Ziele und Maßnahmen für 2025, die der Neuhausener Gemeinderat mit seinem Beschluss auf den Weg bringt.
Digitales Rathaus
Die Gemeinde will ihr Online-Angebot für die Bürgerinnen und Bürger ausbauen und den verwaltungsinternen Workflow weiter digitalisieren.
Sanierungen
Die Schiller- und die Mozartschule werden saniert. Der Sanierungsbedarf in Kitas wird erhoben. Im Freibad soll der Betrieb gesichert werden.
Gebäude
Als Ersatz für abgängige Gebäude wird eine neue Flüchtlingsunterkunft gebaut. Über die Entwicklung des Gewerbegebiets Hungerberg wird beraten.
Verkehr
Der Lärmaktionsplan mit Beteiligungsverfahren wird verabschiedet. Die Buslinienführung wird im Hinblick auf den künftigen S-Bahnhof neu erarbeitet.
Beteiligung
Das Jugendhaus Penthaus und die Schulen sollen Konzepte zur Beteiligung Jugendlicher am Gemeindeleben entwickeln.