Das Sammeln von persönlichen Daten ist derzeit so einfach, weil es die Unternehmen praktisch nichts kostet. Foto: J-mel / Adobe Stock

Wie viel geben wir von uns im Internet preis – ohne es zu merken? Können wir uns überhaupt davor schützen? Ein Experte erklärt, wie man eigene Daten vor ungewollten Zugriffen sichert.

Stuttgart - Wer im Internet surft, ist niemals allein. Während man mit dem Browser von Seite zu Seite springt, wird man ständig von sogenannten Trackern verfolgt. Die erkennen, welche Webseiten man aufruft – ohne dass man davon etwas mitbekommt. Zu diesem Zweck werden die Seiten mit kleinen Code-Elementen präpariert, die als eine Art digitaler Sonde fungieren.

Der Browser sammelt sie im Vorbeisurfen auf, die Informationen zum Surfverhalten werden zurück an den Tracker geschickt. Das funktioniert auch über die Seiten verschiedener Anbieter hinweg. Da diese Informationen gespeichert werden, entsteht im Laufe der Zeit ein immer detaillierteres Profil des Nutzers, seiner Interessen und Gewohnheiten. Auch wenn immer wieder beteuert wird, dass dies anonymisiert geschehe, gibt es unzählige Techniken, Computer voneinander zu unterscheiden und ihren Besitzern zuzuordnen. Dazu werden kleine Markierungen auf der Festplatte hinterlassen oder die Konfiguration eines PCs wird als digitaler Fingerabdruck gespeichert.

Und wozu der ganze Aufwand? In erster Linie geht es um personalisierte Werbung. Unternehmen zahlen viel Geld dafür, ihre Produkte der richtigen Zielgruppe anbieten zu können. „Auf den ersten Blick ist daran nicht viel Verwerfliches“, sagt Michael Kreutzer vom Fraunhofer-Institut für Sichere Informationstechnologie in Darmstadt. „Solange ich als Nutzer in einer ausreichend großen Gruppe anonym bleibe, könnte ich mir das gefallen lassen. Für mich hat das ja immerhin den Vorteil, dass ich als Mann beispielsweise nicht mit Werbung für Lippenstift behelligt werde.“

Verbraucher werden komplett vermessen

Doch so einfach ist es leider nicht. Je länger Tracker einen Nutzer verfolgen, desto mehr wissen sie über ihn. Verbraucher werden komplett vermessen. „Grundsätzlich muss jedem das Recht zugestanden werden, über die Nutzung seiner Daten selbst zu bestimmen“, sagt Kreutzer. Das soll auch die EU-Datenschutzgrundverordnung garantieren, die im Mai dieses Jahres in Kraft tritt. In der Praxis erweist sich das aber als schwierig. Denn solange man nicht weiß, wer welche Daten speichert, kann man auch nicht verlangen, dass die gesammelten Informationen gelöscht werden.

Die Risiken für Nutzer sind vielfältig. Man denke dabei nur an die Vergabe von Krediten auf der Grundlage des Kaufverhaltens oder die Abschätzung des Kundenrisikos beim Abschluss von Krankenversicherungen. In den USA gibt es bereits Unternehmen, die ganz legal Auskünfte zu Geschlecht, Einkommen, Familienstand, Ausbildung, Interessen oder Wert des Immobilienbesitzes feilbieten.

„Würden Sie diese Informationen freiwillig aus der Hand geben?“

Die Möglichkeiten, an solche Daten zu kommen, sind nahezu grenzenlos geworden. Online-Händler speichern Shopping-Touren im Netz, das Handy erfasst Aufenthaltsorte – sogar Fernseher und andere allgegenwärtige Elektronikgeräte sind in der Lage, ihre Besitzer auszuspionieren. „Was das massenhafte Ansammeln von Informationen bedeutet, kann man an einem einfachen Beispiel ermessen“, erklärt Kreutzer. „Wenn Amazon über Jahre hinweg Ihre Einkäufe speichert, sagt das schon eine Menge über Ihr Privatleben aus. Würden Sie diese Informationen freiwillig aus der Hand geben?“

Obwohl es keinen hundertprozentigen Schutz gibt, ist für den Experten Fatalismus fehl am Platze. „Jede Maßnahme, die man selbst zum Schutz seiner Privatsphäre ergreift, ist ein Statement, dass man sich nicht ins scheinbar Unvermeidliche fügt“, sagt Kreutzer. „Personengenaues Tracking ist derzeit so einfach, weil es die Unternehmen praktisch nichts kostet. Mit jedem Widerspruch, jeder Verschlüsselung, jeder Anonymisierungssoftware wird sie teurer. Das kann am Ende dazu führen, dass sich so etwas wie Tracking einfach nicht mehr lohnt.“

Mit seinem Nutzungsverhalten bestimme jeder Einzelne mit, wie ernst der Verbraucher mit seinem Wunsch nach Privatsphäre genommen werde, so Kreutzer: „Wir beobachten, dass immer mehr Unternehmen erkennen, dass transparenzfördernde Maßnahmen sich durchaus positiv auf ihr Geschäft auswirken können.“

So surfen Sie sicherer

Verfolger identifizieren

Auf der Seite www.sit.fraunhofer.de/de/track-your-tracker/ kann man selbst in Erfahrung bringen, welche und wie viele Tracker (siehe Haupttext) von den SIT-Experten auf bestimmten Webseiten entdeckt wurden. Unter „Tracker-Status“ gibt man dazu die Internetadresse des Webseitenanbieters an, zu dem man Informationen haben möchte.

Internet-Browser wappnen

Alle gängigen Browser bieten sogenannte „Do Not Track“-Funktionen und andere Maßnahmen zur Wahrung der Privatsphäre. In Googles Chrome sind sie zu finden unter „Einstellungen“, „Erweitert“ und „Sicherheit und Datenschutz“ „Passwörter und Formulare“. Im Firefox-Browser unter „Einstellungen“, „Datenschutz & Sicherheit“ und „Schutz vor Aktivitätenverfolgung“. Die meisten Browser lassen sich zudem mit Add-ons erweitern, die einen besseren Schutz bieten. Dazu gehört das kostenlose Ghostery für Chrome und Firefox. In Firefox führt der Weg über „Einstellungen“ und „Add-ons“. Dort das Stichwort „Tracking“ eingeben. Bei Chrome: „Einstellungen“, „Weitere Tools“, „Erweiterungen“ und „Mehr Erweiterungen herunterladen“.

Alternative Netzwerke nutzen

Virtual Private Networks wie etwa „Tunnelbear“ und „Cyberghost“ leiten den Datenverkehr über andere Server um, so dass die Identität einzelner Surfer nicht nachvollzogen werden kann. In Kauf nehmen muss man Tempoverlust. Die Dienste sind meist kostenpflichtig.

Unerkannt surfen

Über „Einstellungen“ findet sich in allen Browsern die Möglichkeit, ein „Incognito-Fenster“ oder „privates Fenster“ zu öffnen. Völlig anonym ist man auch damit nicht, doch werden weder die Chronik noch Webseiten-Markierungen gespeichert.

Soziale Netzwerke absichern

Dienste wie Facebook oder Instagram bieten unter den Stichworten „Privatsphäre“ und „Datenschutz“ zahlreiche Optionen, um Persönliches besser zu schützen. Mit einer Passwortmanager-Software kann man darüber hinaus sichere Passwörter erstellen und verwalten.

Formulare selbst ausfüllen

Formulare vom Browser automatisch ausfüllen zu lassen ist praktisch, aber nicht ungefährlich. Denn einige Webseiten verwenden versteckte Formulare, um persönliche Daten abzufischen. Die Webadresse kann dann von ihnen dazu benutzt werden, den Weg durch das Netz nachzuvollziehen.

Gespeicherte Daten schützen

Speicherdienste im Netz bergen Risiken. Besser geschützt ist man mit einem privaten NAS-Laufwerk, auf das man von unterwegs zugreifen kann. Möchte man dennoch Google Drive & Co. verwenden, helfen Verschlüsselungsdienste wie Boxcryptor (www.boxcryptor.com/de/).

Sichere Suchmaschinen

Suchmaschinen wie Qwant (www.qwant.com) oder Duck Duck Go (https://duckduckgo.com) speichern im Gegensatz zu Google keine Daten.