Mit biometrischen Daten von Gesichtern könnte die Fahndung erleichtert werden. Foto: dpa/Wolfgang Kumm

Die Datenschützer haben offenbar gesiegt: Bundesinnenminister Seehofer macht nach ihren Bedenken einen Rückzieher bei der Gesichtserkennung durch Videokameras an Bahnhöfen und Flughäfen.

Berlin - Vor wenigen Tagen hat der Bundesbeauftragte für Datenschutz noch öffentlich gewarnt, am Donnerstag schon hat Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) reagiert: Er will der Bundespolizei nun doch nicht erlauben, an Bahnhöfen, Flughäfen und öffentlichen Plätzen eine Software zur Gesichtserkennung einzusetzen. In einem Entwurf für das neue Bundespolizeigesetz, der der Deutschen Presse-Agentur vorliegt, ist davon nicht mehr die Rede.

In einer älteren Fassung des Entwurfs hieß es noch, die Bundespolizei könne Daten aus Bildaufzeichnungsgeräten „automatisch mit biometrischen Daten abgleichen“, die sie zur Erfüllung ihrer Aufgaben weiterverarbeitet oder für die sie eine Berechtigung zum Abruf hat. Dies gelte allerdings nur, „soweit es sich um Daten von Menschen handelt, die ausgeschrieben sind“. Dieser Passus wurde nun gestrichen. In der neuen Fassung ist nur noch von der Nutzung von Bildaufzeichnungsgeräten die Rede.

Zweifel an der Deckung durch das Grundgesetz

Der Bundesbeauftragte für Datenschutz, Ulrich Kelber, hatte in einem Interview mit dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND) vor der neuen Maßnahme gewarnt. Hintergrund ist die Gründung eines Start-up Clearview in den USA, das eine gigantische Datenbank mit Bildern von Milliarden Menschen aufgebaut hat und Gesichtserkennung in ungeahntem Ausmaß ermöglicht. „Grundsätzlich stellt die biometrische Gesichtserkennung einen potenziell sehr weitgehenden Grundrechtseingriff dar, der auf jeden Fall durch konkrete Vorschriften legitimiert sein müsste. Das sehe ich nicht“, sagte Kelber. Und er ergänzte: „Ich würde es begrüßen, wenn in Europa die Gesichtserkennung im öffentlichen Raum untersagt würde.“

In Berlin läuft schon ein Pilotprojekt

Derzeit läuft bereits ein Pilotprojekt zur Gesichtserkennung am Berliner Bahnhof Südkreuz. Auch dies hatte Kelber bereits kritisiert. Das Verfahren berge eine zu hohe Fehlerquote und mache zu viele Menschen zum Gegenstand von Ermittlungen der Polizei. Zu oft würden Personen fehlerhaft identifiziert, weil die durch biometrische Gesichtserkennung erkannte Person auf dem Video beim Abgleich mit der Datenbank falsch zugeordnet werde. „Losgelöst von der Frage, wie effektiv diese Art der Überwachung überhaupt ist, fehlt es für eine flächendeckende biometrische Videoüberwachung nach wie vor an einer konkreten gesetzlichen Rechtsgrundlage“, sagte Kelber jetzt dem RND. Dabei sei sogar fraglich, ob eine solche „überhaupt verfassungskonform ausgestaltet werden kann“.

Noch am Donnerstag hatte der Sprecher des Bundesinnenministeriums, Steve Alter, auf Twitter erklärt, Gesichtserkennung sei für die Polizei ein wichtiges Instrument für mehr Sicherheit. Der automatisierte Abgleich von Videobildern mit Polizei-Datenbanken, in denen Fotos von Straftätern und gesuchten Personen gespeichert seien, sei mit dem Einsatz von Systemen, für die Millionen Fotos unbescholtener Bürger gespeichert würden, „überhaupt nicht vergleichbar“und auch nicht geplant. In China wird Gesichtserkennung offenbar bereits massiv zu Zwecken der Überwachung eingesetzt.