Die Glasfaser gilt in der Datenübertragung als die Technik der Zukunft. Foto: dpa

Zur Glasfaser gibt es keine Alternative, wenn es darum geht große Datenströme auf den virtuellen Weg zu schicken. Die Landkreise der Region basteln an einem Netz, das die schnelle Faser an jeden Haushalt bringt.

Esslingen - Das Rückgrat des Fortschritts im Landkreis Esslingen kostet 17,8 Millionen Euro. Das regionale Breitbandnetz, das im Rahmen einer Backbone-Planung auch über die 44 Städte und Gemeinden im Kreis Esslingen gelegt werden soll, hat eine Gesamtlänge von 253 Kilometern. Über jeweils zwei Knotenpunkte kann die als Übertragungstechnik der Zukunft gefeierte Glasfaser dann von jeder Kommune angezapft werden. Von den Knoten aus fließen die Datenströme dann über die eigenen Leitungen an jeden Haushalt und an jedes Unternehmen.

Um seinem Anspruch einer flächendeckenden Versorgung gerecht zu werden, muss der Landkreis auf eigene Rechnung rund 173 Trassenkilometer neu bauen. „Eine gute Breitband-Versorgung zählt zu den wesentlichen Standortfaktoren. Dazu gibt es keine Alternative“, sagt der Landrat, Heinz Eininger, der darauf setzt, dass an der Esslinger Kreiskasse lediglich 6,1 Millionen Euro hängen bleiben. Die restlichen knapp zwölf Millionen Euro würden dann aus den entsprechenden Fördertöpfen von Bund und Land fließen.

40 Prozent aller Gewerbegebiete im Kreis Esslingen sind unterversorgt

Schützenhilfe hat der Esslinger Kreischef kürzlich im Kreistagsausschuss für Technik und Umwelt von Thilo Kübler von der Breitband-Beratung Baden-Württemberg bekommen. Dessen Einschätzung nach kommt das Breitbandnetz, über das auch umfangreiche Datensätze mit hoher Geschwindigkeit versandt und empfangen werden können, in der Region bisher eher schmal daher. „Rund 40 Prozent aller Gewerbegebiete im Kreis Esslingen sind unterversorgt“, sagt er.

Der Kreis Esslingen sei beileibe kein Einzelfall, und weil bei diesem niedrigen Prozentsatz von „flächendeckend“ keine Rede sein könne, sei im Prinzip jedes Gewerbegebiet in der Region und im Land unterversorgt, sagt Kübler. Unterversorgt heißt, dass nicht einmal der von der Landesregierung als Mindeststandard angesehene Übertragungswert von 50 Megabit pro Sekunde erreicht wird. Als Stand der Technik gelten 100 Megabit, und dafür braucht es neue Leitungen. „Die Zukunft heißt Glasfaser“, sagt denn auch Kübler.

Viele Kommunen stehen dem Projekt kritisch gegenüber

Das Problem der Gegenwart ist nur, dass niemand so genau sagen kann, wann die Zukunft beginnt. Die Backbone-Planung des Landkreises, die eng mit dem großen Nachbarn in Stuttgart und den Umlandkreisen Ludwigsburg, Böblingen, Rems-Murr und Göppingen abgestimmt ist, ist nicht nur alternativ-, sondern auch zeitlos. Das ist ein Grund, weshalb eine Reihe von Kreiskommunen der Planung bisher eher kritisch gegenübersteht. Auf der Liste von Ann-Kathrin Sous, die vom Landkreis als Netzkoordinatorin verpflichtet worden ist, stehen zwar 25 Kommunen, die das Projekt ausdrücklich unterstützen, aber auch elf ohne abschließendes Meinungsbild und acht Städte und Gemeinden, die lieber ihre eigenen Fäden spinnen. Das scheint wenig, doch weil zu den Skeptikern auch die Großen Kreisstädte Esslingen, Nürtingen, Kirchheim und Ostfildern gehören, stehen dahinter immerhin knapp 200 000 von insgesamt 530 000 Kreiseinwohnern.

Einer Reihe von kleineren Kommunen ist auch der Spatz in der Hand lieber als die Taube auf dem Dach. Und der Spatz heißt in diesem Fall Kupfer. In den Rathäusern ist die Telekom massiv dabei, um für ihr weniger leistungsfähiges, aber zeitnah einzusetzendes Kupfernetz zu werben. „Wir sind nahezu gezwungen, das Angebot anzunehmen. Der Druck seitens der Firmen und der Bevölkerung ist zu groß“, sagt beispielsweise der Unterensinger Bürgermeister, Sieghard Friz. Und auch in dem vor wenigen Monaten neu erschlossenen Gewerbegebiet Hegelesberg in Kirchheim liegt nicht das zukunftsweisende Glasfaser, sondern das preisgünstige Kupfer. Ebenso wichtig wie schnelle Antworten auf die Frage nach Zeit und den Kosten zu finden, ist für den Landrat folglich der Schulterschluss der Kommunen. Seine Aufforderung „Das sollten Sie in die Hand nehmen“ war an die Rathauschefs im Ausschuss adressiert.

Die organisatorischen Fäden sollen in einer Anstalt des Öffentlichen Rechts zusammenlaufen

Die Backbone-Planung, bei der die Umlandkreise und die Stadt Stuttgart zusammenarbeiten, soll regionsweit für jeden Landkreis ein Glasfaser-Maschennetz aufzeigen. Für die innerörtliche Erschließung werden mindestens zwei Übergabepunkte pro Kommune eingeplant. Der Verlauf der Leitungen orientiert sich an den großen Verkehrswegen. Die Grobplanung umfasst zudem alle im Kreisgebiet schon vorhandenen Infrastrukturen, wie die überörtlichen Wasser- und Abwasserleitungen, die für einen Breitbandausbau geeigneten Kabelschutzrohr- und Glasfasertrassen und alle Baumaßnahmen, bei denen sich eine gleichzeitige Verlegung anbietet.

In einem europaweiten Ausschreibungsverfahren hat eine Bietergemeinschaft aus RBS wave, Voss Telecom Services und TKI Tele-Kabel-Ingenieurgesellschaft Stuttgart/Ettlingen den Zuschlag für die Backbone-Planung in den Kreisen Esslingen, Böblingen, Göppingen und Ludwigsburg sowie in der Landeshauptstadt Stuttgart bekommen. Im Rems-Murr-Kreis ist die tkt teleconsult GmbH zum Zug gekommen. Das inhaltliche und zeitliche Controlling stellt die Breitbandberatung Baden-Württemberg sicher.

Um den Breitbandausbau voranzutreiben, empfiehlt ein Gutachten den Landkreisen, der Stadt Stuttgart und dem Verband Region Stuttgart eine gemeinsame Organisation in Form einer Anstalt des Öffentlichen Rechts gründen. Unter starker Einbindung der Kommunen soll diese Organisation das Leitungsnetz errichten, Fördermittel für den Ausbau beantragen und das Netz zum Betrieb ausschreiben. Bis Oktober sollen die weiteren organisatorischen Strukturen festgelegt werden.