Auch im Stadtbüro unserer Zeitung in der Geißstraße macht „Die Bewegung“ Station. Foto: Lichtgut/Achim Zweygarth

Bürgerbewegung der ungewöhnlichen Art: Ausgerüstet mit zwei Kisten schicken die Theateraktivisten Melanie Mohren und Bernhard Herbordt jeweils zwei Zuschauer an einen unbekannten Ort und ermutigen dort, aktiv zu werden.

Stuttgart - Zwei Personen, die sich vielleicht nie zuvor begegnet sind, ein beliebiger Raum. Melanie Mohren und Bernhard Herbordt haben unter dem Projektnamen „Die Institution“ bereits mehrfach öffentliche Einrichtungen, Gepflogenheiten, ins Theater geholt und befragt. Immer geschah das auf ungewöhnliche Weise: Schauspieler agierten nur am Rande, die Besucher der theatralen Performances erkundeten soziale Wirklichkeiten, die medial geschickt in fiktionale Zusammenhänge verschoben wurden. Ein ganzes Dorf konnte so vor zwei Jahren für Mohren und Herbordt zur Bühne werden. In den kommenden Wochen ergeht es vielen anonymen Orten Stuttgarts ebenso.

„Die Bewegung“ heißt das neue Stück, das Mohren und Herbordt für das Theater Rampe inszenieren. Es gibt nur zwei Personen, Zuschauer, die sich an vereinbartem Ort in Stuttgart treffen. Mitarbeiter des Theaters übergeben ihnen zwei Kisten und weisen ihnen einen Raum in einem Bürogebäude zu – im Stuttgarter Rathaus, im Finanzamt, Landesarchiv, usw. Eine der Kisten enthält Geräte zur Wiedergabe von Ton und Bild – die Schauspieler Abak Safaei-Rad und Armin Wieser erscheinen auf einem Monitor, erzählen aus überzeitlicher Perspektive von der Geschichte der Bürgerbewegungen, fordern die allein Gelassenen auf, sich im bürokratischen Ambiente ein schützendes Zelt zu bauen aus glänzender Folie, mit Klammern, Saugnäpfen, starken Magneten, überall zu befestigen.

Ein Kunst-Marsch durch Institutionen

Die zweite Kiste enthält Objekte, die auf historische und aktuelle Bewegungen verweisen – der Pflasterstein, die Handtasche und der blaue Strumpf als Embleme der Emanzipation, die anarchistische Streitschrift, eine Signalpfeife… und eine einfache Kamera. Die aktiv gewordenen Zuschauer dürfen ihr Tun und Forschen im einsamen Büroraum dokumentieren.

Ist das noch Theater? Spannend ist es allemal, ein Abenteuer in der Stadt, eine unsichtbare, spielerische Verschwörung irgendwo im Beliebigen. Melanie Mohren und Bernhard Herbordt möchten mit ihrer Bewegung auch andere deutsche Städte erobern. Am Mittwochabend wurde sie in Stuttgart festlich eröffnet. Bis Ende der Spielzeit werden jeweils donnerstags fünf mal zwei Personen zu unterschiedlichen Zeiten an unterschiedlichen Orten Stuttgarts konspirieren. Die ersten Treffen sind längst ausverkauft: Stuttgart ist neugierig.

Donnerstags 16., 17., 18., 19., 20. Uhr. Verschiedene Orte, unter anderem:

15.11. Rathaus, Fraktionsräume Bündnis 90/ Die Grünen

22.11. Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst Baden-Württemberg

29.11. Stadtarchiv

06.12. Literaturhaus

10.01. Kontext-Redaktionsräume

07.02. Stuttgarter Zeitung, Stadtleben-Büro Geißstraße

Jeweils 60 Minuten. Kartentelefon Theater Rampe: 0711/620 0909 15