Dieter Meier (links) und Boris Blank sind Yello Foto: Universal

Die Band Yello existiert erfolgreich seit über vierzig Jahren. Allerdings ist das Schweizer Duo bis zum letzten Jahr nicht live aufgetreten. An diesem Freitag kommt es nach Stuttgart.

Stuttgart - Die Bilder täuschen nicht. Dieter Meier und Boris Blank sehen auch bei unserer Begegnung vor einigen Wochen wie aus dem Ei gepellt aus. Maßgerecht sitzende Anzüge aus feinem Tuch, Einstecktücher, akkurate Manieren, ungeheucheltes Interesse an ihrem Gesprächspartner und ein respektvoller Umgang miteinander, den Partner stets ausreden lassend und wechselseitig um seine Einschätzung bittend.

Nicht alltäglich, so eine fast schon aristokratische Anmutung, ab er nicht alltäglich ist ohnehin, dass sie sich auf eine kleine Promotionreise begeben haben, um für sich zu werben. Wozu auch. Das Schweizer Duo existiert seit bald vierzig Jahren, seine Hits – das frühe „Vicious Games“ oder „The Race“ etwa – kennt jeder Popfreund, unzählige Tonträger haben sie abgesetzt, Goldene Schallplatten stapeln sich bei ihnen daheim. Umgekehrt hat nur einer der beiden Herren Schlagzeilen gemacht, und das zuletzt eher jenseits des Musikgeschäfts: der 72-jährige Dieter Meier, vor seiner Zeit als Musiker Jurist, Berufspokerspieler und Documenta-Teilnehmer, hat sich danach als Biobauer, Winzer sowie Rinderzüchter in Argentinien betätigt und ist überdies auch noch als Investmentmogul in Erscheinung getreten.

Ein buntes und ein stilles Leben

Schön bunt ist diese Vita, ganz im Gegensatz zu seinem Bandkumpan, dem 65-jährigen Boris Blank. Dessen Wikipediaeintrag ist noch dünner als der Moustache über seiner Oberlippe, er schreibt die Musik und werkelt im Hintergrund, so war das schon immer in der Geschichte des Elektronikduos und so wäre es gewiss auch für immer geblieben.

Doch nun ist etwas für Berufsmusiker dann doch äußerst Untypisches passiert. Denn die Band Yello, die Blank Ende der siebziger Jahre gründete, ist noch nie live aufgetreten. Bis zum Oktober vergangenen Jahres, in dem sie wie aus heiterem Himmel erstmals in ihrer Karriere überhaupt vier Konzerte im Berliner Kraftwerk gegeben hat. Dabei sind sie offenbar so auf den Geschmack gekommen, dass sie nach einem sommerlichen Auftritt beim Jazzfestival in Montreux jetzt eine komplette Deutschlandtour folgen lassen.

Wie kommt’s nach all den Jahren zu dem abrupten Sinneswandel? „Boris war viele Jahre lang der Ansicht, dass unser Sound viel zu komplex ist“, erzählt Meier. Außerdem wollte er sich nie nur mit einem Computer auf die Bühne stellen und da nur ein paar Knöpfe drücken. Er hätte es unlauter gefunden, das dann ,live’ zu nennen. Mittlerweile haben wir einen Weg gefunden, auf der Bühne mit Musikern zu arbeiten, die dann auch eine gewisse Freiheit zur Improvisation haben. Alles ist jetzt tatsächlich live, mit teils bis zu zwölf Leuten auf der Bühne, und an dieser Livesituation haben wir jetzt auch Spaß“, erzählt Meier, der wie sein Bandpartner auch gerne für den anderen beziehungsweise für beide redet.

„Die ersten zwei Shows waren ein bisschen holprig, aber von da an sind uns gute Konzerte gelungen. Das Publikum hat uns getragen wie die Wellen Hawaiis den Surfrider“, ergänzt Boris Blank in so sonorem wie putzigem Schwyzerdütsch.

Wie bringt man Elektronik live auf die Bühne?

Unlauter? Das ist ein interessantes Wort für den schwierigen Spagat (und offenbar eben jenen Grund für das dekadenlange Zögern), elektronische Musik live zu reproduzieren. „Mit den Argumenten, dass viele andere Elektronikacts so etwas auch machen, konnte ich mich nie anfreunden“, sagt Blank. „Wenn ich das Wort live höre, dann denke ich an Musiker wie James Brown. Bewegung, Rhythmus, die ganze Magie der Musik. Alles andere ist nicht Vollblut-live.“

Umgekehrt sei es ihnen, so Blank, sehr wichtig gewesen, „dass unsere Liveband das musikalische Gesicht von Yello nicht verändert.“ Dieter Meier verweist ergänzend auf Till Brönner oder Shirley Bassey, richtige Musiker also, mit denen Yello schon früher im Studio zusammen gearbeitet haben. „Weiterungen kann und muss es live auch geben.“

Mit dem Spagat sind sie also zufrieden. Und wie fühlt es sich an, nach so vielen Jahren der Routine als Musiker erstmals auf der Bühne zu stehen? „Ich habe das Bedürfnis nie gehabt“, sagt Blank, „aber jetzt ist es mir eine Ehre. Bei Dieter ist das wahrscheinlich anders, der ist gerne exponiert.“ Stimmt’s, Herr Meier? „Nein, es ist nicht so, dass ich das dringend brauche und suche. Es ist wie so vieles in meinem Leben buchstäblich ein Zufall. Es fällt mir zu.“ Im Tiefstapeln, lehrt uns schließlich das, sind sie offenbar ebenso versiert wie beim Musizieren.

Konzart: an diesem Freitag um 20 Uhr in der Porsche-Arena. Es gibt noch Restkarten.