Die Band Pearl Jam mit Eddie Vedder (2. v.r.) Foto: Universal

Pearl Jam, Amerikas Grungeveteranen, bringen ihr neues Album „Gigaton“ heraus. Dreißig Jahre nach der Bandgründung zeigen sie sich der Historie verpflichtet.

Stuttgart - Gereift und ein wenig angegraut präsentieren sich die fünf Herren mittlerweile – aber warum auch nicht. Seit exakt dreißig Jahren sind die Amerikaner nun im Geschäft, alle anderen aus dem Metier des Grungerock – etwa Nirvana und Soundgarden – haben sie längst überlebt, allen Versuchen der Wegentwicklung von diesem Genre – wie sie etwa Alice in Chain oder die Foo Fighters vollzogen – haben sie treu widerstanden, die letzte Blutauffrischung ist sehr lange her – 1998 durch den „neuen“ Schlagzeuger Matt Cameron.

Alle bleiben sich treu

Ihre Fanbasis bleibt ihnen treu ergeben, auch wenn sie in drei Dekaden Bandgeschichte keinen einzigen Top-Ten-Hit zu verzeichnen hatten und seit sieben Jahren kein Album veröffentlicht hatten: die beiden für den Juni angesetzten und noch nicht verschobenen Konzerte in Frankfurt und Berlin waren binnen weniger Stunden ausverkauft. Und sie bleiben umgekehrt ihren Anhängern treu. Auf „Gigaton“, ihrem an diesem Freitag erscheinenden elften Studioalbum klingen die Mannen um den Sänger Eddie Vedder wie eh und je.

Das etwas folkige „Retrograde“ als vorletztes von zwölf Stücken, das ruhig-balladeske „River Cross“ mit einer dezenten Orgel und das gar ein wenig poppige „Superblood Wolfmoon“ gleich als zweites Lied sind die Ausnahmen, welche die Regel bestätigen – denn die restlichen neun Songs sind reinrassige Grungerocknummern der ganz alten Schule. Eine mächtige Gitarrengewitterfront zieht mit dem Opener „Who ever said“ ein, die Singleauskopplung „Dance of the Clairvoyants“ schielt tatsächlich ein klitzekleines bisschen in Richtung Dancefloor, mehrere Songs in der Mitte des Albums schlagen aber auch die mittelflotte Gangart an.

Erfahrung zahlt sich aus

Riesenüberraschungen stehen nicht zu erwarten, endlich mal ein Top-Ten-Hit ebenso wenig, und die große stilistische Wende schon dreimal nicht. Pearl Jam scheinen sich eher als Lordsiegelbewahrer einer lange vergangenen Zeit zu sehen, welche die Erinnerungen an ein dreißig Jahre altes Genre in der heutigen Zeit aufrecht erhalten wollen. Das ist auf jeden Fall redlich und aller Ehren wert, zumal sie ja nicht irgendeine Wald- und Wiesenband von einst sind, sondern die verbliebenen Chefs im Ring.

Das hört man „Gigaton“ auch an. Das Album ist sehr gut aufgenommen, es bietet zwölf Songs ohne einen einzigen Ausfall, hier musizieren fünf erfahrene Künstler auf hohem Niveau. Im allseitigen Interesse wünscht man sich von Herzen, dass sie in die Zukunft schauen und zumindest ihre Europakonzerte im Sommer geben können. Bis dahin liefert dieses Album einen Blick in die bewahrenswerte Historie – und spendet heilsamen Trost.