Jubel nach dem Sprung ins Glück: Malaika Mihambo gewinnt den WM-Titel. Foto: dpa/Oliver Weiken

Sie ist die Sportlerin des Jahres und das Gesicht der deutschen Leichtathletik. Malaika Mihambo bringt auch die Weitsprung-Ikone Heike Drechsler ins Schwärmen. Bei den deutschen Hallenmeisterschaften steht sie im Fokus. Aus vielerlei Gründen.

Stuttgart - Malaika Mihambo ist ein Geschenk für die deutsche Leichtathletik“, sagt Jürgen Kessing, DLV-Präsident aus Bietigheim. Gerade hat er in Berlin den „fliegenden Engel“ beim Sprung auf die Weltjahresbestweite von 7,07 Meter bewundert. „Sie ist eine herausragende Botschafterin für unsere Sportart, das neue Gesicht der Leichtathletik“, sagt Kessing über die Weitsprung-Königin. Unfassbare 38 Zentimeter betrug ihr Vorsprung beim Sprung zum WM-Gold in Doha. „Ich kann das alles noch nicht richtig realisieren“, gestand eine völlig überwältigte Weitspringerin.

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Schnell, smart, grazil – so präsentiert sich Malaika Mihambo an der Sandgrube. Weiter ist hierzulande nur „Ikone“ Heike Drechsler gesprungen, die zweifache Olympiasiegerin, die 26 Jahre vor Mihambo in Stuttgart letzte deutsche Weltmeisterin geworden war: bei ihrem deutschen Rekord von 7,48 Meter im Jahr 1988.

Technik und mentale Stärke

„Malaika ist einfach nur top“, zeigt sich auch Drechsler begeistert vom neuen Weitsprungstar von der LG Kurpfalz. Die Vorzüge ihrer Nachfolgerin seien die Technik und mentale Stärke, sagt Drechsler. Einen Vergleich lehnt sie ab. „Sie ist Malaika, und ich bin ich“, betont die Frau, die 26 internationale Medaillen gewonnen hat. Mit 55 Kilo sei Mihambo 14 Kilo leichter als sie selbst, ein großer Vorteil, betont die Jahrhundertsportlerin. „Man spürt, sie lebt den Weitsprung“, betont Drechsler.

Dem Druck gewachsen

Überragende Fähigkeit der examinierten Politikwissenschaftlerin Mihambo: Sowohl bei EM, WM als auch zuletzt beim Istaf setzte sie in den letzten Versuchen unter Druck zum Siegessprung an. Wie Drechsler lebt auch Mihambo von ihrer Schnelligkeit. „Malaika ist mit 36 Kilometer pro Stunde so schnell wie derzeit keine Springerin weltweit“, sagt Bundestrainer Uli Knapp. Je schneller der Anlauf, desto länger die Flugdauer und damit die Sprungweite. Der Unterschied zwischen Mihambo und Drechsler? Mihambo hat eine Bestzeit von 11,21 Sekunden über 100 Meter, Drechsler lief 10,91 Sekunden und war Weltrekordlerin über 200 Meter.

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„Ich habe mir das erarbeitet“, sagt die 1,71 Meter große Athletin mit den langen Beinen, die seit ihrem elften Lebensjahr zu Hause in Oftersheim (nahe Heidelberg) von Ralf Weber trainiert wird. Er steht für Kontinuität und ist Garant für den Erfolg. Die 26-Jährige Mihambo ist mit Ballett, Judo und Turnen in den Sport eingestiegen und dann in der Weitsprunggrube gelandet. Ihr Vorname Malaika ist arabisch und heißt „Engel“. Nur, dass sie ohne Flügel durch die Stadien segelt. Ihr Vater stammt aus Sansibar an der ostafrikanischen Küste, die Mutter aus der Nähe von Mannheim.

Außersportliche Talente

Ihre herausragende Stellung hat Mihambo mit neun Siegen in neun Wettkämpfen in der Diamond League 2019 abgeliefert und damit den 50 000-Dollar-Jackpot abgeräumt. Was folgte, war ein Ehrungsmarathon auf dem roten Teppich. Als Sportlerin des Jahres bewies sie bei der Gala in Baden-Baden mit ihrem Auftreten beeindruckende Fähigkeiten neben der Anlaufbahn. Mihambo offenbarte sich als Sympathieträgerin mit außersportlichen Talenten – als feinfühlige Klavierspielerin oder mit sozialem Engagement bei einer Kindergruppe in einer Grundschule. Die Studentin der Umweltwissenschaften hat auch mit kritischen Äußerungen die Vergabe der Leichtathletik-WM nach Katar wegen der klimatischen Umstände angeprangert. Nun strebt sie im Sommer in Tokio nach der olympischen Krone. „Ich will meine Stellung in der Welt behalten“, sagt Mihambo. Anders ausgedrückt: Sie will Olympiasiegerin werden. Auf dem Weg dorthin steht sie an diesem Wochenende bei den deutschen Hallenmeisterschaften in Leipzig im Fokus. Mihambos Flugshow zum Weitsprung-Triple steht bevor.

Der Abstand zwischen gespreiztem Daumen und kleinem Finger, 18 Zentimeter, trennt sie noch von Heike Drechslers deutschem Rekord. Ein Engelstraum?