Illegal nach Mexiko exportiert: Sturmgewehre G36 von Heckler & Koch. Foto: dpa

Bei einem Themenabend der ARD geht es um illegale Waffengeschäfte mit Mexiko – und das Rüstungsunternehmen Heckler & Koch wird kritisch unter die Lupe genommen.

Oberndorf - Schüsse, Blut, tote Demonstranten: 4,16 Millionen Zuschauer (13,6 Prozent Marktanteil) schauten am vergangenen Mittwoch zu, als Heiner Lauterbach, Veronica Ferres oder auch Udo Wachtveitl im Waffenhandel-Thriller „Meister des Todes“ zu sehen sind. Ein Streifen zur besten Sendezeit, den die ARD zum Themenabend ausweitet. Der Film handelt von illegalen Waffengeschäften mit Mexiko – und erinnert stark an Ermittlungen gegen das Oberndorfer Rüstungsunternehmen Heckler & Koch (HK). In der anschließenden Dokumentation geht es tatsächlich um ein Produkt der Waffenschmiede aus dem Kreis Rottweil: das Sturmgewehr G36. Titel: „Tödliche Exporte – wie das G36 nach Mexiko kam“.

Die Sichtweise, die das Erste zeigt, kommt in Oberndorf nicht gut an. Die Einwohner der Stadt, in der HK für zahlreiche Arbeitsplätze sorgt, haben einen besonderen Blick für die Details des Films. „Da hat sich einer echt Mühe gegeben“, erzählt ein 42-Jähriger. Ein ehemaliger HK-Mitarbeiter sieht im Thriller „vieles verdreht“. Der katholische Dekan Albrecht Zepf urteilt sogar, dass die ARD sich schämen sollte, so plump vorzugehen. Die filmische Dramaturgie sei auf die Spitze getrieben worden. So gesehen seien alle „Meister des Todes“. „Gegen so billige Politisierung bin ich allergisch.“

„Na ja, so ein ernstes Thema mit Schaumschlägerei zu mischen ist nicht ganz so glücklich“, meint Ulrich Pfaff, Pfarrer und Friedensaktivist aus Oberndorf. Er sah den Film, der Vorfälle bei Heckler & Koch zugrunde legt, bereits zum zweiten Mal. „Vor ein paar Wochen war ich zur Premiere nach München eingeladen.“ Die beiden Drehbuchschreiber, Gert Heidenreich und Daniel Harrich, hätten bei ihren Recherchen Material ans Tageslicht gebracht, von dem auch Teile gerichtsverwertbar seien, so Pfaff.

Viele Fragen bleiben offen

„Mir hat der Film überhaupt nicht gefallen“, stellt Hans-Martin Kottas klar. Der ehemalige HK-Mitarbeiter findet es lächerlich, was man daraus gemacht hat. Der Vertriebsmitarbeiter, der auch für Endverbleibdokumente inViele Mexiko zuständig war, im Film von Heiner Lauterbach dargestellt, ist mittlerweile verstorben. „Er kann sich nicht mal mehr verteidigen.“

Und dann war da noch der kleine Filmfehler. Auf dem Droh-Flyer, der im Briefkasten eines der Protagonisten landete, war einmal eine Rosenfelder Telefonvorwahl zu finden. Später, als dieser bei der Polizei landete, war die Oberndorfer aufgedruckt.

Auch in der angepriesenen Dokumentation wird kaum Neues gezeigt, wie Experten meinen. Die Frage, wie G36-Gewehre nach Mexiko gelangen konnten, wird – wie schon häufig – gestellt; es geht um möglicherweise illegale Ausfuhren, um Mitarbeiter, die nach HK-Angaben angeblich den Export in die Wege geleitet haben. Immerhin: Die Dokumentation zeigt – in der ARD-Fassung in einer halben Stunde, in der SWR-Fassung in einer Stunde –, welche Fragen in dem Rüstungsgütergeschäft bis heute offen sind: Wie kamen die Gewehre in mexikanische Bundesstaaten, in die Waffenexporte nicht genehmigt waren? Was hat das Bundeswirtschaftsministerium damit zu tun, was das Auswärtige Amt? Wer hat die Ausfuhren genehmigt?

Heckler & Koch gibt sich zugeknöpft

Markus B., ein ehemaliger Handelsvertreter von Heckler & Koch, nimmt ausführlich Stellung. Die Vorwürfe, dass lediglich drei Mitarbeiter für ein solches Riesengeschäft verantwortlich sein könnten, verweist er ins Reich der Märchen. Einige Unterlagen bietet die ARD noch auf, zum Beispiel aus dem Auswärtigen Amt, das offenbar Zweifel an der Ausfuhr hatte. Die Menschenrechtslage in Mexiko sei unbefriedigend, heißt es in dem Dokument aus dem Jahr 2005.

Das Wirtschaftsministerium aber, so die ARD-Recherchen, habe die Ablehnung nicht akzeptiert. Es empfahl demnach vielmehr, die kritischen Bundesstaaten Jalisco, Chihuahua und Chiapas aus der sogenannten Endverbleiberklärung für die Sturmgewehre zu nehmen. Das Ministerium wiederum betont laut ARD: „Die Bundesregierung berät keine Unternehmen.“ Komplexe Fakten, die die Zuschauer kaum bewerten können.

HK kommt indes nur kurz zu Wort. In einer Stellungnahme betont das Unternehmen, das im Geschäftsjahr 2012 einen Umsatz von 235 Millionen Euro machte, die Waffen würden zwar über eine zentrale Agentur gesteuert, das Unternehmen selbst habe aber keinen Einfluss darauf, wohin die Waffen geliefert würden. Einen Tag nach der Ausstrahlung verliert die Firma dann kein Wort mehr über den Film. Der ARD-Themenabend bringt nur wenig Licht in das mysteriöse Geschäft. Das muss wohl die Stuttgarter Staatsanwaltschaft übernehmen. Die Ermittlungen laufen seit 2011.