Günther (links) und Thilo Lang Foto: factum/Granville

Günther und Thilo Lang prägen den Ortsverein des Roten Kreuzes seit vielen Jahrzehnten. Die ehrenamtliche Tätigkeit für den Verband in Stadt und Landkreis gehört für sie wie für Dutzende andere einfach zum Leben dazu.

Gerlingen - Er ist erst in der Mitte seiner zweiten Amtszeit als Ortsvereinsvorsitzender – an diesem Dienstag aber wird Thilo Lang in Gerlingen für bereits 40 Jahre Mitgliedschaft im Deutschen Roten Kreuz (DRK) ausgezeichnet. Die Treue zu dem weltweit tätigen Verband kommt nicht von ungefähr: Günther Lang, sein Vater, ist schon seit 1952 dabei. „Es war ein schönes Hobby“, sagt Vater Lang (77), der den Vorsitz nach 16 Jahren 2010 an seinen Sohn (54) abgegeben hat. „Wieso war?“, fragt Thilo Lang entrüstet. „Das Rote Kreuz ist unser Leben.“ Damit trifft er den Nagel auf den Kopf – und spricht nicht nur für seinen Vater und sich. Sondern für die große Rot-Kreuz-Familie.

Thilo Lang wird als Vormann bei der Jahreshauptversammlung des Gerlinger Ortsvereins an diesem Dienstag wieder jede Menge Wertschätzung für dessen Arbeit erfahren – Bürgermeister Georg Brenner führt die Reihe der Ehrengäste an. Außer von der Stadt kommen viele von Polizei, Feuerwehr und anderen Organisationen. Das soll zeigen: Ihr seid nicht allein, wir erkennen an, was ihr macht. „Ihr“ sind laut Thilo Lang 1236 passive Mitglieder, die das DRK unterstützen. Das sind aber auch 112 aktive Menschen aller Altersgruppen.

Das beginnt bei den Sechsjährigen im Jugendrotkreuz, das in zwei Gruppen 31 Mitglieder hat. Bei den Erwachsenen sind 81 Frauen und Männer im Sanitätsdienst und in der Sozialarbeit aktiv. Sie betreuen Menschen als medizinische Helfer bei Veranstaltungen, leiten sechs Gymnastik- und zwei Tanzgruppen, geben Familien Halt, betreuen Flüchtlinge. „Alle machen alles ohne Geld“, sagt Lang junior. „Das ist reines Ehrenamt, völlig unentgeltlich, jeder hilft anderen für den Nuller. Die Satzung lässt nicht zu, dass Helfer Geld bekommen.“

Kleiderkammer nicht nur für Bedürftige

Einzige Ausnahme sind die fünf Frauen, die als geringfügig Beschäftigte die Kleiderkammer am Laufen halten. Diese 1996 gegründete Einrichtung ist nicht nur für die Bedürftigen in der Stadt nötig, sondern auch für die Flüchtlinge. Für sie gab es im vergangenen Herbst sogar extra Öffnungstermine. Dass man mehr Platz für diese Sozialeinrichtung braucht, dass die Räume in einem alten Haus in der Urbanstraße aus allen Nähten platzen, ist kein Geheimnis.

Wie schaffen es die Ehrenamtlichen und ihre Vorleute, immer wieder neue Mitglieder in ihre Reihen zu holen – wo doch praktisch jeder Verein darüber klagt, dass sich kein Mensch mehr längerfristig an Aufgaben binden will? Erst im vergangenen Jahr sind drei Frauen beim Gerlinger DRK eingestiegen. Für Lang junior ist das Rezept relativ einfach – er hat es von seinem Vater gelernt: Begeisterung vermitteln.

In der Praxis werden im Jugendrotkreuz schon Kinder angeleitet, in der Realschule und dem Gymnasium vermittelt man den Schulsanitätern und in der Breitwiesenschule den Juniorhelfern das Gefühl „ihr werdet gebraucht“. Die Helfer der Sanitätswachen sollen bei Veranstaltungen nicht als notwendiges Übel angesehen werden. Und auch die Übungsleiterinnen, die seit langem Woche für Woche acht Seniorengruppen zur Bewegung motivieren, sollen nicht vergessen werden. Thilo Lang hat zwei Zahlen parat: Die 81 Aktiven haben im vergangenen Jahr 9438 Dienststunden geleistet – knapp 120 Stunden pro Kopf und Jahr. Oder, anders ausgedrückt: ein halber Tag an jedem zweiten Wochenende.

Auf Zusammenhalt und Geselligkeit wird Wert gelegt

Wie schafft man den Zusammenhalt? „Es muss familiär zugehen“, sagt Thilo Lang. „Jung und Alt machen alles zusammen“, ist die Devise von Günther Lang. Auch heute noch, sechs Jahre nach seinem Abschied als Vorsitzender, ist er dabei. Sein Sohn gibt zu, dass er sich zuhause gelegentlich eine Bemerkung anhören muss. „Es vergeht ja kaum eine Woche, in der ich nicht ein- oder zweimal weg bin.“ Es ist viel zu tun. Seit zehn Jahren leitet er im Ortsverband die Sozialarbeit, und schon vor seiner Wahl als Vorsitzender war er seit 1994 der Stellvertreter seines Vaters. Da komme es ihm sehr zupass, dass er seine beruflichen Pflichten im Vertrieb eines Elektrogroßhandels mit den Aufgaben im DRK abstimmen könne. Und dann gibt der 54-Jährige noch etwas preis: „Ich habe meine Frau übers Rote Kreuz kennengelernt.“

Das hätte vermutlich nicht stattgefunden, wenn nicht der Vater einst den Junior zum Sanidienst mitgenommen hätte. „Er hat immer mitkommen müssen“, sagt Lang senior und lächelt spitzbübisch. Sohn Thilo kontert: „Ich bin nie gezwungen worden.“ Er trat mit 15 ein, zog das Rote Kreuz dem „Bund“ vor. Heute lege er großen Wert auf Gemeinschaft, auf Ausflug und Weihnachtsfeier. Nicht nur Dienste sind nötig, sondern auch Geselligkeit. Über eines wundert Thilo Lang sich: „Die Jungen sagen ,Chef’ zu mir.“ Hat er vor, auch vier Amtszeiten lang Vorsitzender zu sein wie sein Vater? „Auf solche Diskussionen lasse ich mich nicht ein.“ Er wolle nicht an seinem Stuhl kleben, habe aber „im Moment das Gefühl, dass sie mich noch wollen.“

Man wird ein Gefühl nicht los: Die Ära Lang wird noch lange dauern.