Die 14-jährige Zoi (links) und eine Mitschülerin an der virtuellen Rezeption Foto: Gottfried Stoppel

Das Gastro-Mobil soll Achtklässler auf den Geschmack für die Berufe in Hotels und Restaurants bringen – jetzt hat es Station an der Taus-Gemeinschaftsschule gemacht. Wer Koch lerne, der könne fast überall auf der Welt einen Job finden.

Backnang - Wer Sigi Lechler zuhört, der könnte in der Tat auf den Geschmack kommen. Der 59-jährige Mann mit dem kräftigen Händedruck und dem freundlichen Lachen hat vier Jahrzehnte lang als Koch gearbeitet. Er stand auf Kreuzfahrschiffen hinter dem Herd, in Klubs in Südeuropa und – bis zu einem schweren Motorradunfall – im Catering der Autorennserie Formel-1. Jetzt betreut er das neue Mobil des Gaststättenverbands Dehoga, wirbt in dem umgebauten Linienbus zusammen mit dem ehemaligen Gastronom Martin Eberhard aus Schiltach um künftige Köche und Hotelfachangestellte.

„Ich habe fast die ganze Welt gesehen, aber nie ein Flugticket gekauft“, erzählt der Meisterkoch an diesem Vormittag im sogenannten Gastro-Mobil, das für ein paar Unterrichtsstunden auf dem Hof der Gemeinschaftsschule in der Taus in Backnang Halt gemacht hat. Wer auf einem Kreuzfahrschiff anheuere, der könne einen Haufen Geld sparen, sagt Lechler, denn Unterkunft und Verpflegung seien frei. Und viel ausgeben müsse man auf so einem Kahn auch nicht. Ein gutes halbes Jahr malochen, den Rest des Jahres frei machen, auch solche Lebensmodelle seien möglich.

Test an der virtuellen Rezeption

Die Schüler hören interessiert zu. Sie schauen sich Werbefilmchen an, in denen alle Azubis strahlen. Sie machen ein Quiz, ordnen Arbeitsgegenstände den Berufsgruppen zu, zum Beispiel die Knoblauchpresse dem Koch. Und sie arbeiten an einer virtuellen Rezeption, sollen Kunden eines Hotels, die in Kurzfilmchen auftreten, freundlich empfangen.

Daniel sagt nach seiner Stunde im Gastro-Mobil, dass er wohl „eher nicht“ Koch werden wolle, sondern lieber auf einem Recyclinghof arbeiten werde. Dimi will „was mit Informatik“ machen. Die meisten Achtklässler winken ebenfalls ab. Zoi nicht, die 14-Jährige sagt: „Im Büro arbeiten? Das wäre nichts für mich.“ Sie würde gerne Hotelfachfrau lernen. „Ich bin immer in Aktion, das würde passen.“ Ihre Klassenlehrerin sagt sinngemäß: der Beruf wäre bestimmt etwas für Zoi, „aber Du solltest dein Englisch verbessern“. Zoi lächelt und erzählt dann, dass sie die Lehre gerne in Backnang oder in der Nähe machen würde. Und wenn sie dann keine Lust mehr habe auf Deutschland, „dann ziehe ich in die weite Welt“. Wer der Schülerin zuhört, der erkennt: Zoi hat zumindest einen Plan.

Bald fährt ein Mobil der Metall- und Elektroindustrie vor

Das treffe längst nicht auf alle Achtklässler zu, berichtet Karl-Heinz Schulze. Der gelernte Erzieher hat früher auch in der Gastronomie gearbeitet und ist jetzt als pädagogischer Assistent und Job-Coach an der Taus-Schule angestellt. Viele Teenager wüssten überhaupt noch nicht, was sie nach der Schulzeit machen wollten. Deshalb bemühe sich die Gemeinschaftsschule bei der Berufsberatung um Projektpartner. Demnächst soll ein Mobil der Metall- und Elektroindustrie vorfahren – wer weiß, vielleicht findet Dimi dann einen Weg, der ihn mit Hauptschul- oder Realschulabschluss in Richtung Informatik bringt.

Zoi ist immer noch im Gastro-Mobil aktiv. Sie lässt sich an einem Computer mögliche Stellen für ein Praktikum ausdrucken. Dieses Angebot, erklärt Sigi Lechler, solle den Schülern den Weg an den Herd oder hinter die Hotelrezeption so leicht wie möglich machen. Die Jugendlichen müssten gar keine Bewerbung schreiben, sondern könnten sich ausschließlich auf den Ausdruck aus dem Gastro-Mobil beziehen. Zoi hat jetzt zwei Adressen im Gepäck: ein Hotel in Schwäbisch Hall sowie ein Restaurant in einer alten Mühle im Schwarzwald.

Viele freie Ausbildungsplätze

Projekt
Der Gaststättenverband Dehoga sucht hängeringend Nachwuchs. Fast überall im Land gebe es noch freie Ausbildungsplätze, so der Verband. Das Projekt Gastro-Mobil wird vom Land Baden-Württemberg mit Geldern aus dem Europäischen Sozialfonds gefördert.

Fachkräfte
Viele Gastronomen im Land suchen ausgebildete Fachkräfte, speziell Köche sind gefragt. Manche Traditionshäuser mussten bereits (vorübergehend) schließen, weil keine Mitarbeiter zu finden sind, zum Beispiel der Engel im Murrhardt.