Youssoufa Moukoko steht mit genau 16 Jahren vor der Bundesliga-Premiere – in unserer Bilderstrecke sehen Sie die Top Ten der jüngsten bisherigen Debütanten Foto: imago//Maik Hölter

Einen Tag nach seinem 16. Geburtstag steht Youssoufa Moukoko im Bundesligakader von Borussia Dortmund. Die Vorschusslorbeeren für den Ausnahme-Fußballer sind gewaltig – der Druck auch.

Stuttgart/Dortmund - Die Strategen der Medienabteilung von Borussia Dortmund geben ihr Bestes, und sie tun dabei Dinge, von denen sie wissen, dass sie wohl nichts bringen: Kontrolle behalten in einem Hype, der kaum kontrollierbar ist. Die Erwartungshaltung nicht weiter nach oben schießen lassen, wenn sie durch die Decke geht. Und: den Rummel klein halten, wenn sich schon alles mit doppelten Loopings jauchzend im Kreis dreht. Das sind die Ziele. Die der BVB wohl niemals erreichen wird.

Youssoufa Moukoko soll und darf also nichts sagen. Die Borussia sagt alle Interviewanfragen ab – seit Monaten, seit Wochen, seit Tagen. Der BVB will Ruhe bewahren im Trubel. Und stößt an seine Grenzen.

Einstiegsalter herabgesetzt

Am Freitag wurde der Deutsch-Kameruner Moukoko 16 Jahre alt und darf damit an diesem Samstag im Auswärtsspiel bei Hertha BSC (20.30 Uhr) erstmals in der Bundesliga ran, dank der geänderten Regelung der Deutschen Fußball-Liga, die das Einstiegsalter im Frühjahr herabsetzte.

So weit die Fakten. Und damit zurück zum Spektakel.

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Youssoufa Moukoko braucht ja vor seinem möglichen Profidebüt nichts mehr zu sagen. Denn seine Geschichte und das, was da jetzt bevorsteht, das ist spektakulär genug. Und das, was andere über den Angreifer sagen, reicht, um ein Gespür dafür zu bekommen, um was für ein Ausnahmetalent es sich da handelt. Und dass es für dieses Talent selbst wohl nicht einfach werden wird, mit dem Hype klarzukommen. Noch mal zur Erinnerung: Moukoko wurde am Freitag 16 Jahre alt – und darf schon vor seinem ersten möglichen Bundesliga-Spiel lesen oder hören, dass er der Beste ist. Oder es bald sein wird.

„Ich habe in meinem Leben keinen so guten 15-Jährigen gesehen“, sagt etwa BVB-Stürmerkollege Erling Haaland. Der Kameruner Samuel Eto’o, einst selbst Stürmer von Weltrang, sieht in dem in Kamerun geborenen Moukoko nicht weniger als den „nächsten großen Spieler nach Lionel Messi“. Und der Bundestrainer Joachim Löw sagt über den Junioren-Nationalspieler dies: „Er hat ein Talent, dem man nicht so oft begegnet.“

Wer also ist dieser junge Mann, von dem alle schwärmen?

Vor sechs Jahren kommt Moukoko aus der kamerunischen Hauptstadt Jaunde nach Hamburg, wo der Vater lebt. Zwei Jahre lang spielt er in der Jugend des FC St. Pauli, ehe er 2016 nach Dortmund wechselt. Und durchstartet. Der Stürmer dominiert mit 90 Toren in 56 Spielen bei den B- und 44 Treffern in 23 Partien bei den A-Junioren die Nachwuchs-Bundesligen. Früh nimmt der Boulevard Witterung auf, schnell ist Moukoko wahlweise das Jahrhunderttalent oder der Wunderstürmer. Der Hype nimmt zu. Rasend.

In allen Altersklassen unterfordert

Aus sportlicher Sicht bietet Moukoko schnell triftige Gründe für den Wirbel um ihn. Früh erwirbt sich der Torjäger den Ruf einer Tormaschine. Er ist schnell, instinktsicher, technisch versiert, spielintelligent. Und er habe, so sagen es alle, die ihn beim BVB begleiteten über die Jahre, einen Torabschluss, der seinesgleichen suche. Moukoko war in allen Altersklassen unterfordert, er spielte seine Kontrahenten im Jugendbereich in Grund und Boden – weshalb früh Zweifel aufkamen an seinem Alter. Ist der wirklich so jung, so hieß es schnell nicht mehr nur hinter vorgehaltener Hand. Erst eine sogenannte Nachbeurkundung auf dem Standesamt in Hamburg-Harburg von 2016 räumte am Ende auch alle juristischen Zweifel aus.

Was also macht so ein jahrelanger Wirbel mit einem jungen Menschen? Und wie kann Moukoko der Typ bleiben, von dem sämtliche Verantwortliche in der BVB-Jugendabteilung schwärmen? Geerdet sei er, sagen etwa alle Coaches Moukokos. Bodenständig. Und niemals abgehoben. Sprich: ganz normal. Die Hilfsbereitschaft und der Teamgedanke fielen auf. Und was die famosen Abschlüsse angeht – da haben sie sich beim BVB irgendwann nicht mehr gewundert. Denn wenn jemand über Jahre hinweg bei dieser Begabung noch so viele Extraschichten einlege nach den Einheiten wie Moukoko, dann seien diese traumwandlerisch sicheren Torschüsse kein Wunder mehr, hieß es.

Herausforderungen für den Charakter

Seit Juli dieses Jahres trainiert Moukoko bei den Profis mit. Und konnte offenbar, um es defensiv auszudrücken, sofort mithalten. An diesem Samstag nun beginnt nach dem 16. Geburtstag die Bundesliga-Zeitrechnung. Und es beginnt eine neue Herausforderung – auch für den Kopf. Längst hat Moukoko einen Ausrüstervertrag mit Nike in der Tasche, längst wird er mit Lobhudeleien umschmeichelt. Längst sind die Erwartungen riesig. Kann ein junger Mann das alles verkraften? Solche Dinge können Menschen, erst recht jungen Heranwachsenden, ja den Kopf verdrehen. Sie können sie sogar in eine Parallelwelt abdriften lassen.

Und überhaupt: Wenn man nur noch als Wunderkind und als der Beste dargestellt wird – was passiert, wenn man das plötzlich bei den Profis nicht mehr ist? Was passiert mit Moukoko, wenn es bald Rückschläge geben sollte, kommt er damit klar? Auch charakterlich warten auf ihn große Herausforderungen. Beim BVB aber sehen sie ihr Toptalent aufgrund seiner Bodenständigkeit und des reifen Charakters dafür gewappnet.

Julian Nagelsmann, Trainer des Liga-Konkurrenten RB Leipzig, vertritt da übergeordnet und mit Blick auf Moukoko eine andere Meinung: „Wenn ich Spieler noch früher hochziehe, dann sind sie noch früher unter Druck. Ich kann mir nicht vorstellen, dass das für die Entwicklung super ist.“