Da kommt Freude auf: Ausgerechnet im Spitzenspiel gegen seinen Ex-Club FV 08 Villingen schießt Daniel Niedermann (Mitte) sein erstes Tor für die Stuttgarter Kickers. Foto: Baumann

Daniel Niedermann hatte lange auf seine Chance warten müssen. Seit zwei Spielen steht der Innenverteidiger in der Anfangsformation der Stuttgarter Kickers. Im Interview spricht er über die Aufstiegschancen, die Konkurrenz im Kader und sein besonderes Verhältnis zu Martin Braun.

Stuttgart - Eine eingespielte Achse Torwart/Innenverteidigung ändert ein Trainer nur ungern. Tobias Flitsch tat dies nach dem 2:4 von Fußball-Oberligisten Stuttgarter Kickers gegen den SGV Freiberg dennoch. Er brachte Daniel Niedermann für Marvin Jäger. Auch im Auswärtsspiel an diesem Samstag (14.30 Uhr) beim SV Spielberg dürfte der 26-jährige Neuzugang vom FC 08 Villingen an der Seite von Kapitän Tobias Feisthammel im Abwehrzentrum auflaufen.

Herr Niedermann, wie sehr haben Sie den Sieg gegen Ihren Ex-Club FC 08 Villingen und Ihr erstes Tor für die Kickers genossen?

Schon sehr. Die freien Tage konnte ich in meiner Heimat Konstanz bei der Familie und Freunden richtig genießen, aber ab Dienstag galt die volle Konzentration wieder dem nächsten Spiel in Spielberg.

Wie wichtig war der Erfolg?

Definitiv sehr wichtig. Es hatte ja Stimmen gegeben, die behaupteten, wir können gegen die Großen und Starken der Liga nicht gewinnen. Das haben wir nun ziemlich eindrucksvoll, wie ich finde, widerlegt. Das ist schon wichtig fürs Selbstvertrauen.

Was war entscheidend, dass es zum Dreier reichte?

Wir sind stets ruhig geblieben. Wir sind hinten gut gestanden und haben sehr wenig zugelassen.

Dazu haben Sie als Innenverteidiger Ihren Teil dazu beigetragen. Es war erst Ihr zweiter Pflichtspieleinsatz von Beginn an. Hat Sie es überrascht, dass der Trainer nach dem 2:4 gegen den SGV Freiberg den Wechsel im Abwehrzentrum vornahm?

Es kam schon etwas überraschend. Unser Kapitän Tobias Feisthammel hatte in der Woche vor dem Spiel beim FV Ravensburg mit mir gesprochen, dass ich eventuell spielen werde. Im Abschlusstraining hat es sich dann endgültig angedeutet.

Vor der Partie gegen den SGV Freiberg gab es sieben Siege bei 20:1 Toren – ist es nicht bitter für Ihren Innenverteidiger-Kollegen Marvin Jäger nach einem schlechten Spiel auf die Bank zu müssen?

Ich habe lange auf meine Chance warten müssen und habe im Training immer Gas gegeben, zudem Extraschichten geschoben im Kraftraum oder mit dem Co-Trainer nach den Einheiten. Genauso professionell wird Marvin mit der Situation jetzt umgehen. Ein gesunder Konkurrenzkampf hebt auch die Qualität im Training.

Auch während der Siegesserie war bei den Kickers nicht immer alles optimal gelaufen. Glauben Sie, dass der Trainer vor allem Ihre Stärken im Spielaufbau, Ihre Ruhe am Ball und Ihre Kopfballstärke für die Mannschaft nutzen wollte?

Ich denke schon, dass er diese Qualitäten schätzt. Wir haben beim FC 08 Villingen immer großen Wert auf das fußballerische gelegt, das kam mir entgegen. Und obwohl ich mit 1,83 Metern kein Riese bin, sehe ich mich als kopfballstark. Fehlende Zentimeter lassen sich durch Sprungkraft, Timing und Stellungsspiel ausgleichen.

Der Sportliche Leiter Martin Braun hat Sie einst vom Verbandsligisten FC Singen 04 nach Villingen geholt und nun im Sommer zu den Blauen. Wie sehr hat er Ihnen während Ihrer Zeit auf der Ersatzbank geholfen?

Mir war ja schon bei meinem Wechsel zu den Kickers klar, dass ich mich reinbeißen muss. Martin Braun ist ein super Typ, der auf alle Spieler zugeht, so auch auf mich in dieser Zeit. Er hat mir Mut gemacht, gesagt, dass ich dranbleiben soll.

Bevor es gegen die Schwergewichte der Liga geht, steht an diesem Samstag das Auswärtsspiel beim Tabellenvorletzten SV Spielberg an…

…und das wird ein komplett anderes Spiel als gegen Villingen. Wir werden mehr Ballbesitz haben, der Gegner steckt im Tabellenkeller, wird tiefer stehen und gegen uns 110 Prozent bringen.

Danach geht’s gegen den FSV 08 Bissingen, zum FC Nöttingen und gegen den SSV Reutlingen…

…solche Spiele sind natürlich etwas ganz besonders Prickelndes. Wir wollen unbedingt aufsteigen und messen uns gerne mit solchen Spitzenmannschaften. Das werden heiße Spiele, und es ist unser Anspruch, sie auch zu gewinnen.

Die Kickers trainieren so viel wie kein anderer Oberligist. Werden sich diese professionellen Bedingungen im Laufe der Saison noch stärker auswirken?

Je länger die Saison läuft, desto tiefer werden die Plätze, desto schwerer die Beine, da spielt die Kraft natürlich eine große Rolle. Wir sind auf jeden Fall in einem körperlich sehr guten Zustand. Die Fitness spricht für uns.

Gegen Villingen agierten die Kickers viel mit langen Bällen. Manchen Zuschauern war die Spielweise nicht attraktiv genug.

Die Erwartungshaltung der Fans ist groß. Manche haben nach dem Abstieg vielleicht erwartet, dass wir alles in Grund und Boden spielen. Doch das ist schwer in dieser Liga. Wichtig ist, dass die Defensive kompakt steht – das ist für den Gewinn einer Meisterschaft erfahrungsgemäß entscheidend. Und die Philosophie unseres Trainers – Pressing, vorne zustellen, hoch stehen, nach Ballgewinnen schnell nach vorne spielen – die haben wir gut verinnerlicht.

Und in Sachen Wohnungssuche in Stuttgart waren Sie auch erfolgreich?

Ja, es passt alles in unserer Vierer-WG mit meinen Mitspielern As Ibrahima Diakité, Sebastian Schaller und Florijan Ahmeti.