Daniel Craig ist der sechste James Bond-Darsteller und gibt nach „Casino Royale“, „Ein Quantum Trost“ und zuletzt „Skyfall“ in „Spectre“ zum vierten Mal den coolen Agenten mit der Lizenz zum Töten. Den „Stuttgarter Nachrichten“ sagt er, was die Bond-Magie ausmacht

Mister Craig, was ist neu im Angebot bei „Spectre“?
Unsere größte Herausforderung war dieser enorme Erfolg von „Skyfall“. Wir hatten gar keine andere Wahl als größer und besser zu werden. Beim letzten Bond ging es um den tragischen Tod von Geheimdienstchefin „M“ und die Handlung spielte vor allem Großbritannien. Dieses Szenario wollten wir bei „Spectre“ erweitern: Wir wollten Bond zelebrieren, und zwar so gut es geht! Das ist allerdings leichter gesagt als getan.
Wo liegt das Problem?
Ich habe häufig gehört: „Warum ist dies nicht im Film? Warum fehlt jenes?“. Die Antwort darauf lautet ganz einfach. Die Ideen müssen zur Story passen und dürfen nicht nur deswegen im Film auftauchen, weil es eine Bond-Regel ist. Wir haben sehr lange überlegt, wie wir Elemente aus vorigen Bond-Filmen für „Spectre“ übernehmen – und wenn das Ergebnis nicht stimmig war, flogen diese Dinge eben wieder hinaus.
Der neue 007 ist nicht länger der einsame Wolf, sondern bekommt tatkräftige Unterstützung von M, Q und selbst Miss Moneypenny muss mithelfen. Wie viel Wandel verträgt die Legende?
Ich glaube, alles ist möglich in diesen Filmen – solange sie James Bond-Film bleiben. Ein typischer Satz bei unseren Gesprächen über die mögliche Story war: ‚Gute Idee, aber es ist James Bond!’. Bei aller Kreativität ist also immer klar: Wir machen nicht Ibsen, sondern Bond.
In „Spectre“ fungieren Sie erstmals auch als Koproduzent. Wie sehr nützt der neue Status mehr bei der Gewinnbeteiligung?
Um Geld geht es dabei überhaupt nicht, sondern um die kreative Mitsprache. Als man mir vor zehn Jahren die Rolle anbot, sagte ich den Produzenten, dass Bond wirklich sehr schwierig sei und ich nicht wüsste, wie man diese Figur spielt. Für mich konnte das nur funktionieren, wenn ich eine Mitsprache hätte – die mir dann großzügig auch eingeräumt wurde. Diesen Einfluss hatte ich also von Anfang an, bei „Spectre“ hat man mir dankenswerter Weise noch diesen Status des Koproduzenten gegeben. Das Unternehmen Bond ist von der kreativen Seite ein sehr kollektiver Prozess – und ich bin Teil davon.
Als Koproduzent hat man sicher auch Mitsprache bei der Auswahl der Bond-Girls?
Natürlich! Die Bond-Girls sind das einzige, was mich interessiert! (Lacht)
Nur die Liebe zählt könnte das neue Motto für 007 sein?
Wir wollten eine romantische Geschichte erzählen, ein zentrales Thema von „Spectre“ ist diese Lovestory – aber ich möchte hier lieber nicht zuviel von der Handlung verraten. Nur soviel: Mit der großartigen Léa Seydoux als Madeleine gibt es eine starke Figur, die auf Augenhöhe mit Bond ist.
Im Unterschied zu früher gibt sich Bond diesmal auffallend zugeknöpft und kaum textilfrei – woran liegt diese neue körperliche Bescheidenheit?
Ich bin ziemlich fett geworden! (Lacht) Ich habe mein Hemd schon oft genug ausgezogen, wer das gerne sehen möchte, soll sich die alten Filme anschauen – da gibt es genügend nackte Haut zu sehen.
Ein anderes Thema in „Spectre“ ist die totale Überwachung durch Geheimdienste, wie sehen Sie in der Realität die Rolle eines Edward Snowden?
Was Snowden gemacht hat, führte zu einer Debatte, die notwendig war. Wenn Technologie dazu führen kann, uns in Fesseln zu legen, müssen wir uns darüber unterhalten. Die Geschichte wird beantworten, ob Snowden ein Held war oder nicht.
Was ist das Schwierigste an der Rolle des 007?Die Action? Die Küsse? Der perfekte Gang?
Das Gehen wird tatsächlich im schwieriger und auch das Küssen ist schrecklich! (Lacht) Es gibt nichts, was an dieser Rolle außergewöhnlich schwierig wäre. Bond ist natürlich eine große Herausforderung, aber ich mag die schnellen Autos und die schönen Frauen. Vor allem aber mag ich die Arbeit mit diesem Team. Ich habe in jungen Jahren beschlossen, Schauspieler zu werden. Und nun mache ich genau das, was ich mir immer gewünscht habe: Mit den talentiertesten Leuten zu arbeiten, die es überhaupt gibt.
James Bond ist bekannt für seinen Hang zum Luxus – wie hält es Daniel Craig damit?
Ich übertreibe das nicht, aber ich mag schöne Anzüge. Das mag damit zusammenhängen, dass mein Großvater als Schneider arbeitete und in der Familie damals oft über Kleidung gesprochen wurde. Heute bin ich in der glücklichen Lage, diese wunderbaren Anzüge tragen zu können. Schöne Autos mag ich ebenfalls...
Wenn Sie die freie Auswahl beim Aston Martin hätten: Nehmen Sie den alten DB5 oder den neuen DB10?
An einem kalten Morgen den DB10, weil der auch anspringen wird. Aber der DB5 ist natürlich unglaublich schön.
Hat sich das Verhältnis zu diesen Dingen seit Ihrem Leben als Bond verändert?
Solche Dinge habe ich schon immer geliebt – aber damals eben nur aus der Entfernung.
Es gibt Gerüchte, dass Sie die Lizenz zum Bond-Darsteller nach diesem Abenteuer zurückgeben...
Viele Leute behaupten das! (Lacht)
Darunter auch Sie selbst: Sie würden sich lieber die Pulsadern aufschneiden als einen weiteren Bond zu drehen, haben Sie dem britischen „Timeout“-Magazin gesagt...
Stimmt, aber das möchte ich hier gerne aufklären: Man hatte mich zwei Tage nach Drehschluss gefragt, ob ich einen weiteren Bond spielen würde. Darauf sagte ich: „Aus heutiger Sicht würde ich mir lieber meine Pulsadern aufschneiden“ – diese ersten drei Worte in dem Satz sind entscheidend! Auch ich habe das Recht, meine Meinung zu ändern.
Irgendwann wird der Abschied von 007 kommen, haben Sie Angst vor der Zeit als Bond-Rentner?
Nein, überhaupt nicht. Ich bin enorm stolz auf die Bond-Filme, die zu einem großen Teil meines Lebens geworden sind. Auf gewissen Weise habe ich jeden Moment damit genossen. Ich könnte nicht glücklicher damit sein, ganz egal, was die Zukunft bringt. Ich glaube nicht, das ich Bond vermissen werde. Ich würde mich auch freuen mich, jemand anderen in dieser Rolle zu sehen.