Daimler, Porsche, Bosch und andere Konzerne wollen sich mit eigenen 5G-Netzen vor Hackern schützen. Die Verbände sind von den neuen Möglichkeiten begeistert.
Stuttgart - Die großen Autobauer und Zulieferer im Land bauen eigene Mobilfunknetze auf, um die Fabriken der Zukunft zu schaffen. Daimler und Bosch etwa testen in ihren zentralen Werken, wie sie mit dem neuen Mobilfunkstandard 5G am effektivsten Roboter, Produktionsstraßen und Beschäftigte vernetzen können. „Der neue Standard wird das zentrale Nervensystem, damit werden wir komplett neue Fertigungskonzepte realisieren“, sagte Andreas Müller, Leiter des Bereichs Netzwerktechnologie bei Bosch, unserer Zeitung. Daimler wiederum sieht „einen großen Vorteil“ darin, dass man „keine sensiblen Produktionsdaten Dritten zur Verfügung stellen muss“.
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Für die privaten 5G-Mobilfunknetze, auch Campusnetze genannt, hat der Bund 2019 die Voraussetzungen geschaffen. Firmen und Kommunen können lokale Frequenzen im Bereich von 3700 bis 3800 MHz beantragen. 21 Unternehmen haben Anträge gestellt, so die Bundesnetzagentur. Nach Informationen unserer Zeitung zählen neben Daimler und Bosch auch Porsche, Siemens, BASF, Osram, VW, Audi und BMW dazu.
„Mit der Hoheit über das eigene Mobilfunknetz haben deutsche Unternehmen einen Wettbewerbsvorteil gegenüber den Firmen anderer Länder. Das wird der Industrie einen Schub geben“, sagte Reinhard Heister, Geschäftsführer Elektrische Automation beim Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA). Deutschland habe die Chance, „zum Leitmarkt für industrielle Mobilfunkanwendungen zu werden“, teilten die Verbände der Automobilindustrie VDA und der Chemischen Industrie VCI mit.
„Der 5G-Hype ist ausgebrochen“, heißt es bei Nokia
Mit den eigenen 5G-Netzen können Daten schneller, zuverlässiger und annähernd verzögerungsfrei übertragen werden. Außerdem könnten laut Studien auch die Produktionskosten sinken. Auch deshalb ist Nachfrage bei den Netzausrüstern, die Firmen beim Aufbau der Netze unterstützen, stark gestiegen, wie Anfragen unserer Zeitung ergaben. „Der 5G-Hype ist ausgebrochen“, sagte Martin Beltrop, Experte für Campusnetze bei Nokia. Der Aufklärungsbedarf ist unglaublich groß.“ Um alle Vorteile von 5G nutzen zu können, werde es aber wegen der Weiterentwicklung des Standards noch dauern.
In der Region Stuttgart baut Daimler mit dem Netzbetreiber Telefónica und dem schwedischen Netzausrüster Ericsson bis Jahresende die „Factory 56“ in Sindelfingen auf. Nach der Installation wolle man das Netz aus eigener Kraft betreiben. Bei Bosch sollen die Fabrik in Feuerbach und der Forschungscampus in Renningen als 5G-Leitwerke „Pionierarbeit“ für die übrigen rund 270 Werke weltweit leisten. Porsche teilte mit, man beantrage derzeit 5G-Lizenzen „für eine zweistellige Anzahl von Standorten“ in Deutschland, darunter für Zuffenhausen.