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Im Schatten der Abwrackprämie: Der Daihatsu Sirion ist ein handliches und flottes Stadtauto.

Stuttgart - Kleine Autos sind smart. Kleine Autos sind preiswert und sparsam. Kleine Autos sind gefragt. Das alles müsste eigentlich ganz besonders Daihatsu zupass kommen, dem japanischen Kleinwagenspezialisten. Tut es aber nicht. Daihatsu hat in den ersten fünf Monaten des Jahres in Deutschland knapp unter 6000 Autos verkauft - so viele bringt Fiat von der Baureihe Panda in einem Monat an den Mann und die Frau. Hinter den Kulissen der kleinen deutschen Importeursgesellschaft knistert es, denn die Händler beklagen sich, dass seit einiger Zeit nur noch tröpfchenweise Neuwagen aus Japan nach Deutschland geschippert werden. Ein gut Teil der Autos, die man in diesem Jahr an Kunden ausgeliefert hat, bestand ohnehin aus Zukäufen von Händlern in den Niederlanden, Belgien oder Frankreich. Beträgt die Lieferzeit eines in Japan bestellten Daihatsu Cuore - dem wohl bekanntesten Modell in Deutschland - ohnehin schon etwa vier Monate, so muss man derzeit laut Händlersprecher Udo Auchter bis zum Jahresende warten. Sofern die Bestellung überhaupt ausgeführt wird.

Doch niemand wartet monatelang auf einen Daihatsu, es gibt genügend andere Autos in der Preisklasse um 10.000 Euro. Auch die Motorredaktion von Sonntag Aktuell würde nicht lange auf einen Daihatsu warten, obwohl der Testwagen der Baureihe Sirion - das Modell ist derzeit der bestverkaufte Daihatsu in Deutschland - seine Sache wirklich gut und unspektakulär gemacht hat.

Mit 11.490 Euro Einstandspreis und 12.490 Euro für die von uns gefahrene Version mit 1,3-Liter-Benzinmotor ist der Sirion keine billige Kiste. Diese Rolle spielt bei Daihatsu eher der Cuore, der mit 3,47 Meter Länge etwa 15 Zentimeter kürzer und auch spartanischer ist als der Sirion. Den Cuore gibt es ausschließlich mit einem 998 Kubikzentimeter kleinen Dreizylindermotor und ab 10.490 Euro, was allerdings keine klare Modellhierarchie schafft. Der faktische Preisunterschied beträgt nur etwa 1000 Euro, und wer sich diesen Aufpreis leisten kann, sollte sich dringend für den Sirion 1.3 entscheiden, dessen Vierzylinder-Sechzehnventilmotor 91 PS/67 kW leistet, 21 PS mehr als der Dreizylinder. Bemerkenswert - zumindest aus europäischer Sicht - ist, dass beide Modelle ausschließlich als Fünftürer verkauft werden.

Mit diesem Vierzylinder ist der Sirion ein munterer Kleinwagen, der im Stadtverkehr klaglos mitschwimmt, sich auf der Autobahn auch mal auf die Überholspur wagen darf. Auf Landstraßen sollte man sich Überholmanöver von anderen Pkw oder Lastern hingegen besser verkneifen, denn egal ob im dritten, vierten oder fünften Gang: Um aus Tempo 80 oder 90 nochmals spürbar nachzulegen, fehlt dem Motor der Hubraum. Die Verbrauchswerte sind der Leistung angemessen: Im Alltag mit viel Kurzstreckenanteil verbrauchte der Testwagen im Schnitt 6,3 Liter Benzin je 100 Kilometer.

Artgerecht gefahren, ist der Sirion auch in seinen übrigen Eigenschaften angenehm: Man sitzt unter dem 1,55 Meter hohen Dach aufrecht und bequem, Fahrwerk und Bremsen stecken Alltagsanforderungen spielend weg. Allerdings zeigt das frühe Untersteuern in schnellen oder engen Kurven, dass die Belastbarkeit des Japaners Grenzen hat. Wirklich anzukreiden ist dem Hersteller lediglich, dass es eine ESP-ähnliche Fahrwerkskontrolle - die genau in solchen Situationen hilft -, nur für das etwa 15.000 Euro teure Spitzenmodell Sirion 1.5 ibt. Immerhin: ABS und vier Airbags vorne sind für alle Modelle Serienausstattung, beim 1,3-Liter-Modell auch Kopfairbags.

Das Lenkrad ist mitsamt angeflanschtem Kombiinstrument höhenverstellbar, die Lenkung ist - im Niedrigpreissegment nicht unbedingt selbstverständlich - servounterstützt. Das Fahrwerk schluckt Stöße gut und ist komfortabel abgestimmt. Das Getriebe lässt sich besser schalten als das des kleineren Daihatsu Cuore, hakelt aber dennoch ein wenig, speziell bei der Suche nach dem Rückwärtsgang.

Um im Verkehr mitzukommen, muss der Motor hörbar arbeiten, ohne dass die Geräuschentwicklung aus dem Rahmen der Klasse fiele. Das schmale Ladeabteil unter der etwas labberig in ihren Halteseilen hängenden, fitzelig zu fixierenden Gepäckraumabdeckung lässt sich nach vorne hin mühelos erweitern - auf Kosten der zweiten Sitzreihe, versteht sich. Dass die Kunststoffoberflächen des Cockpits und die Bezugsstoffe der Sitzpolster nicht unbedingt Handschmeichler sind, ist in dieser Klasse im (Niedrig-)Preis meist inbegriffen.

Die Konkurrenz, mit der es der Sirion in der Preisklasse knapp über 10.000 Euro zu tun hat, ist illuster und heißt Clio, Corsa, Fiesta oder Punto. Viele dieser Modelle sind etwas geräumiger oder muten hochwertiger eingerichtet an. Hinter denen muss sich der Daihatsu zwar nicht verstecken, andererseits hat er ihnen nichts voraus. Die Verschrottungsprämie hätte den Daihatsu-Händlern mit Sicherheit mehr Geschäft beschert, wenn sie nur einfach die bestellten Autos bekommen hätten.