Auch für kleine Untersuchungen am Tier werden viele Leute gebraucht – zum Festhalten und Kuscheln Foto: Werbe-Team B.Bucklitsch (2)

In der Dachswaldklinik werden Hunde und Katzen ambulant und auch stationär behandelt. Wir haben sie besucht.

Vaihingen - Im Wartezimmer der Dachswaldklinik liegen Broschüren aus über Herzprobleme, Allergien, Impfungen oder Reiseübelkeit. Genau wie in einer gewöhnlichen Klinik auch – nur dass die Patienten, die aufgerufen werden, Namen tragen wie Gismo, Andrasch oder Lucky. Aufgenommen werden Katzen und Hunde. 1996 wurde die Dachswaldklinik gegründet, damals im gleichnamigen Stadtteil. Der Name blieb, der Standort änderte sich 2004 mit dem Umzug ins Vaihinger Industriegebiet.

Auf 500 Quadratmetern behandelt der leitende Tierarzt Dr. Sven Reder mit seinem 20-köpfigen Team Hunde und Katzen mit Knochenbrüchen, Augenerkrankungen, Zahnschmerzen oder Tumoren. Für jeden Bereich gibt es Spezialisten. „Wir haben oft komplexe, versteckte Krankheitsbilder. Unsere Diagnostik ist aufwendig, und die Therapiebetreuung kann stationär sein“, erklärt Reder den Unterschied zu einer Praxis. Wichtig ist ihm: „Wir sind keine Werkstatt, sondern es geht um individuelle Dienstleistung für das Tier in seiner konkreten Situation.“ Das heißt, die Ärzte schauen, ob sie einen Stubenkater oder einen Freigänger behandeln, ob es sich um einen Blinden-, Polizei- oder Familienhund handelt. „Das sind unterschiedliche Anforderungen, denen wir gerecht werden“, sagt Reder. Über sein Befinden kann natürlich nicht das Tier selbst Auskunft geben, dafür gibt es lange Gespräche mit Herrchen und Frauchen. „Es ist ein bisschen wie mit den Eltern in der Kindermedizin. Wir beziehen sie mit ein und sind auf ihre Informationen angewiesen.“

Untersuchungen mit viel Gefühl

Auch wenn bei Untersuchungen letztlich dasselbe gemacht wird wie bei Menschen – Blut abnehmen, Urin untersuchen, Ultraschall machen – laufen diese gänzlich anders ab. „Sie können einem Tier ja nicht sagen, pinkel bitte in den Becher, oder jetzt mal kurz nicht atmen.“ Trotzdem müssen die Hunde und Katzen nicht für jede dieser Maßnahmen sediert werden. Der Trick lautet: „Wir kuscheln.“ Der schlechteste Weg sei, Zwang auszuüben. „Tiere geben sich hin. Aber sie brauchen ihre Pausen.“ Um zum Beispiel Urin abzunehmen, muss die Blase punktiert werden. Das Tier merkt den Pieks laut Reder kaum. Besitzer würden beim Anblick der Nadel aber beinah in Ohnmacht fallen. Deshalb bleiben sie bei den Untersuchungen in der Regel vor der Türe. „Meistens geht es ohne Bezugsperson besser, denn wenn sie verängstigt ist, ist es das Tier auch“, sagt der 55-jährige Tierarzt.

Dass ein Vierbeiner aggressiv wird, komme kaum vor. Ab und zu habe ein Arzt mal eine Kratzwunde, Bisse seien aber extrem selten. Schließlich seien alle Mitarbeiter geübt im artgerechten Umgang mit den Patienten. „Alle Tiere sind unterschiedlich, wir müssen immer wieder einen Draht zu ihnen finden“, sagt der Inhaber der Dachswaldklinik. „Unser Vorteil ist: Wir lieben das Subjekt unserer Dienstleistung.“

Große und kleine Patienten

Das Besondere am Tierarztberuf ist, dass kein Patient dem anderen gleicht. Ob eine Dogge mit einem Zentner oder ein Chihuahua mit zwei Kilogramm Körpergewicht auf dem OP-Tisch liegt, macht einen enormen Unterschied. Je nach Rasse gibt es unterschiedliche Krankheitshäufungen: Tiere mit Knautschköpfen wie der Mops oder die Perserkatze leiden häufig unter verengten Atemwegen. „Diese Merkmale gehen auf Kosten der Lebensqualität der Tiere. Das sind Qualzüchtungen. Wir Tierärzte möchten das nicht“, sagt Reder. Doch im Klinikalltag gehe es nicht darum, dies grundsätzlich zu hinterfragen, sondern allein darum, dem Tier zu helfen.

Das gelte auch dann, wenn eine Katze einen Tumor hat und sich dann einen Trümmerbruch zuzieht. „Wir fragen immer: Tun wir noch gut? Und manchmal muss man dann auch sagen: Nein. Wir passen sehr auf, dass wir den Bogen nicht überspannen“, sagt Reder. Die Sterbehilfe gehöre zum Job, und manche Mitarbeiter seien auch mit viel Routine noch zu Tränen gerührt. Doch der Ehrenkodex der Bundestierärztekammer erinnere daran, dass immer das Tierwohl und das artgerechte Leben im Vordergrund stehe. Das Alter eines Tieres spiele hingegen keine Rolle: Auch einer alten Katze könne man noch eine Chemotherapie verabreichen. Mit dem Besitzer müsse vorab über Nebenwirkungen, die Dauer und auch die Kosten gesprochen werden. Die sind oft ein Problem, haben doch laut Reder nur etwa zehn Prozent der Tierbesitzer eine Krankenversicherung für ihren vierbeinigen Freund.

Bloß kein Stress

Eine Besonderheit des Klinikbetriebs ist die Station, auf der bis zu zwölf Katzen und zwölf Hunde untergebracht werden können – in unterschiedlichen Räumen, schließlich sollen die Tiere nicht unnötig gestresst werden. Die Ärzte und Pfleger kümmern sich im Schichtbetrieb um sie. Denn auch nachts und am Wochenende muss bei einem Notfall – akuter Durchfall, Blutungen, Brüche – jemand vor Ort sein. Bei den nächtlichen Rundgängen müssen Infusionskabel entknuddelt, umgestupste Wassernäpfe gerichtet oder auch mal ein heulender Hund getröstet werden. „Wenn einer Nähe haben will, darf er auch mal mit Fernsehen gucken“, sagt Reder mit einem Augenzwinkern. Keinesfalls sei die Tierstation eine geflieste, durchgegitterte Box.

Für Sven Reder steht fest: „Tierarzt zu sein, ist das Schönste auf der Welt. Denn wir haben die besten Patienten der Welt.“ Sie nähmen ihre Situation so an, wie sie ist und würden nicht über die Konsequenzen nachdenken. „Wir müssen für die Tiere da sein, aber wir müssen sie nicht bestärken, durchzuhalten. Sie warten geduldig darauf, gesund zu werden.“