Auch acht Jahre nach der Einführung des Euro sind noch mehr als 13 Milliarden D-Mark im Umlauf. Klicken Sie sich durch unsere D-Mark-Erinnerungsgalerie.

Frankfurt - Der Weg zum Umtausch des wertlosen in das wertvolle Geld führt über Marmorplatten und zwischen Absperrseilen hindurch. Vor den beiden Bankschaltern in der runden Halle geht es gleichmäßig voran. Niemand in der Schlange spricht, nur von den Schaltern dringen gedämpfte Gesprächsfetzen herüber. Auch Bruce Cason wartet hier. Er trägt einen roten Pullover, ist schon am Aufnäher seiner Baseballkappe als Brite zu erkennen und lächelt erwartungsvoll. In der Hand hält er 1400 D-Mark, die er nach zehn Jahren in einer Video-Kassette des Country-Sängers John Denver wiedergefunden hat. Heute will er sie endlich umtauschen.

D-Mark oder Euro - welches Geld ist schöner?

In der Filiale der Deutschen Bundesbank in Frankfurt am Main sind im vergangenen Jahr rund neun Millionen Mark über den Schalter gegangen, und hinter fast jedem Umtausch steckt eine Geschichte.

Susanne Römer, eine junge Frau im Business-Outfit, steht ebenfalls in der Schlange vor den Bundesbankschaltern. In ihrer schwarzen Lederhandtasche hat die Wienerin 400 Mark, die Scheine sind 1991 gedruckt worden. Ihre Tante hatte fünf Hundert-Mark-Scheine beim Shopping in Berlin in eine Tasche gesteckt und vergessen. "Sie hat das Geld vor ihrem Mann versteckt, wie das eben so ist", sagt Römer. Jetzt ist sie geschäftlich in Frankfurt und nutzt die Gelegenheit für den Umtausch, weil der nur in Deutschland möglich ist. Einen Schein hat die Tante aufgehoben, als Andenken.

Die übliche Spannbreite der Beträge reicht von fünf bis 20.000 Mark. "Wenn jemand mit einer Asbach-Flasche voller Pfennige ankommt, kommen natürlich keine weltbewegenden Summen dabei heraus", sagt Jürgen Schühler, der Umtausch-Chef an den Schaltern der Frankfurter Bundesbankfiliale. Sein Team tauscht jeden Betrag ab zwei Pfennige kostenlos um. Das ist auch in den anderen Filialen möglich. Münzen mit der Aufschrift "Bank Deutscher Länder" sind noch o.k., Reichsmark oder DDR-Geld nehmen die Mitarbeiter aber nicht an.

Manfred Dombrow aus Wölfersheim nördlich von Frankfurt hatte eine deutlich kürzere Anreise als Römer, seine 400 Mark wiegen aber auch deutlich mehr. Er will die Münzsammlung seiner Mutter eintauschen.

"Das hat jahrelang rumgelegen", sagt er. Etwas enttäuscht zeigt Dombrow sich darüber, dass selbst die Fünf-Mark-Stücke aus Silber weniger wert sind als der Nennwert. Sammler wollten fast ausschließlich Münzen, die noch eingeschweißt oder zumindest frei von Kratzern seien, erklärt Dombrow und schaut dabei etwas grimmig.

Zumindest springen noch rund 200 Euro für ihn heraus.

Auch acht Jahre nach der Einführung des Euro sind noch 13,6 Milliarden D-Mark (umgerechnet sieben Milliarden Euro) in Umlauf, je zur Hälfte in Scheinen und in Münzen. Viel von dem Geld wird wohl nie mehr umgetauscht werden, weil es in Sammlungen schlummert, in Verstecken vergessen wurde oder in Gullys und Mülltonnen für immer verloren ging. Trotzdem rechnen die Verantwortlichen damit, dass noch für etliche Jahre Menschen mit ihren Pfennigen, Fünf-Mark-Stücken und den zunehmend in Vergessenheit geratenden Scheinen kommen werden. Die Bundesbank sammelt außergewöhnliche Geschichten dazu. Einmal räumte eine Enkelin die Wohnung der verstorbenen Großmutter, dabei nahm sie einige Geranientöpfe mit, die anderen warf sie weg. Einige Wochen später topfte sie die Blumen um und bemerkte dabei, dass am Boden jedes Topfes ein 100-Mark-Schein in Plastik eingepackt lag.

Eine Frage wird nie beantwortet werden: War dies auch bei den weggeworfenen Töpfen so? Der Fall ist typisch. Niemand weiß, wie viel Geld in all den Jahren in Verstecken vergessen wurde.

So wie in Casons Videokassette. Er glaubt, dass er sein Geld wohl im Jahr 2000 oder 2001 dort bunkerte. Beim Umzug von Rodgau nach Kronberg bei Frankfurt landete die Kassette im Keller. In dieser Zeit kamen Videokassetten aus der Mode, DVDs waren nun angesagt.

Erst beim Aufräumen purzelten die Scheine dem freiberuflichen Englischlehrer unverhofft entgegen, als er die Kassettenhülle öffnete. Über die entgangenen Zinsen ärgert er sich nicht, anlegen will er das Geld nun aber auch nicht. "Es ist schon ausgegeben", sagt Cason, als er die Euro-Scheine nach dem Umtausch in Händen hält. "Ich habe mir ein neues Motorrad gekauft."