Europas größtes Zentrum für Künstliche Intelligenz wächst weiter. Ministerin Olschowski hofft auch auf Lösungen für den Klimawandel.
Das Cyber Valley wächst. Künftig gehören ihm auch das Karlsruher Institut für Technologie (KIT) als Forschungspartner an, ebenso die finnische Silo AI. Zum Abschluss der seit Mittwoch laufenden „Cyber Valley Days“ wurde am Freitag im Tübinger Max-Planck-Institut zudem das erste Institut des Forschungsverbunds Ellis offiziell eröffnet.
Der in Tübingen und Stuttgart angesiedelte Verbund versteht sich als KI-„Ökosystem“, aus dem Forschung und Firmengründungen hervorgehen sollen. Mit der Erweiterung greift es nun bis Karlsruhe und Finnland aus. Das KIT bringt unter anderem seine Robotik-Expertise ein, Silo einen dezidiert europäischen Ansatz. Silo versteht sich als Europas größtes privates KI-Labor: 300 Experten erforschen und verkaufen KI-Lösungen. Zwar wurde nur eine Absichtserklärung unterzeichnet. Doch das Cyber Valley setzt auf die Eigenmotivation der Finnen.
Forschen, wie es an staatlichen Hochschulen kaum möglich ist
Der Silo-Mitgründer Peter Sarlin will ein offen zugängliches Sprachmodell für alle europäischen Amtssprachen entwickeln – als Gegenstück zum bekannteren und nicht ganz so offenen Modell der US-Firma Open AI, bekannt etwa von ChatGPT. Es ist überwiegend mit englischsprachigen Daten trainiert worden, was man den damit erzeugten Texten oft anmerkt. „Forschung ist international, Gemeinschaften sind lokal“, sagt Sarlin. Er hofft beim Kontakt mit der Industrie- und Forschercommunity des Cyber Valley ebenso auf gute Geschäfte wie die bis aus Japan angereisten Investoren.
Vor Politik- und Forscherprominenz wurde am Freitag zudem das erste Ellis-Institut eröffnet. Dank einer auf zehn Jahre verteilten 100-Millionen-Förderung der Hector-Stiftung können dort Spitzenkräfte unter konkurrenzfähigen Bedingungen arbeiten, also zu höheren Löhnen und besserer Ausstattung als es an staatlichen Hochschulen üblich ist. „Hier wird ein Forschungsparadies entstehen“, versprach die Wissenschaftsministerin Petra Olschowski – zumal wenn nun das KIT ebenfalls Teil des Netzwerks sei.
Noch wächst das Institut, und die Gebäude in Stuttgart und Tübingen sind erst im Entstehen. Gearbeitet wird dort freilich schon seit einem Jahr. Am Freitag nahm man in Tübingen viel Zuversicht wahr, dass das „Ökosystem“ neben neuem Wissen auch aufstrebende Unternehmen hervorbringe. Wichtig sei es dafür, KI nicht „überzuregulieren“, warnte der Präsident der Max-Planck-Gesellschaft, Patrick Cramer. Das KI-Gesetz der EU gebe der Forschung manchen Freiraum. Den gelte es zu bewahren.
Bisher 370 Millionen Euro investiert
Baden-Württemberg war früh dran, als das Cyber Valley 2016 geschaffen wurde. Die seither vom Land investierten gut 370 Millionen Euro seien gut angelegt, sagte Ministerin Olschowski. Der Klimawandel beispielsweise könne nur mit technologischem Fortschritt gestaltet werden, so Olschwoski. Künstliche Intelligenz könne ein Teil der Lösung sein. Bislang ist die Technologie wegen ihres hohen Stromverbrauchs freilich eher ein Teil des Problems. Auch das klang am Freitag an.
Unklar ist, ob die KI-Forschung das bisher sehr hohe Tempo halten kann, warnte etwa der New Yorker KI-Experte Yann LeCun. Es ist enorm teuer, Sprachmodelle zu trainieren. Das könnten nur große Unternehmen bezahlen – die sich aus wirtschaftlichen Interessen der Forschercommunity gegenüber zunehmend verschlössen, bemängelte LeCun – nicht ohne darauf hinzuweisen, dass sein Arbeitgeber Meta (Instagram, Facebook) es weiterhin anders handhabe.