Tatsächlich: vieles ungelöst. Horst Seehofer am Dienstag bei der Verleihung eines Fernsehpreises. Foto: dpa

Obwohl der Druck aus Bayern täglich wächst, zieht Horst Seehofer seinen Rücktritt als CSU-Chef hinaus. Kann ein Sonderparteitag die Entscheidung bringen?

München - Als Horst Seehofer vor 14 Jahren seinen ersten Machtkampf gegen Angela Merkel verlor – der Vize-Chef der Unionsfraktion im Bundestag trat im Streit mit der Chefin um eine Gesundheitsreform zurück – soll er sich gesagt haben: Diese Frau werde schon noch sehen, wer es auf Dauer länger in der Politik aushalte. Er oder sie.

Diesen Wettkampf könnte Seehofer jetzt gewonnen haben, und nachdem Merkel ihren Rückzug aus dem Parteivorsitz angekündigt hat, wäre auch er frei zu gehen: im Frieden mit sich selbst und mit seiner CSU. Er will aber nicht, obwohl der Druck aus Bayern von Tag zu Tag zunimmt. Die einen, der Bundestagsabgeordnete Max Straubinger zum Beispiel, sagen es offen: „Wir brauchen schnell einen neuen Parteivorsitzenden.“ Andere, wie die CSU-Bezirke Oberbayern und Schwaben sowie die Junge Union, verklausulieren es: Sie fordern einen Sonderparteitag. Denn ein Parteitag kann einen Vorsitzenden wählen. Selbst von den Wohlwollendsten, denen man ein paar vorsichtige Sätze entlocken kann, verlangt niemand, Seehofer müsse CSU-Chef bleiben.

Seehofer will selbst entscheiden

Seehofer selbst forderte nach der Landtagswahl vor zwei Wochen, zuerst müssten die Ursachen für das CSU-Debakel „vertieft“ untersucht werden. Personalentscheidungen kämen erst am Ende; sie seien „der Schlussstein der Analyse-Diskussion“. Bis Mitte Dezember will er alles mit den zehn Bezirksvorsitzenden der CSU besprechen. „Nichts da!“, sagen seine Kritiker: Auf diese Weise wolle Seehofer nur einen Sonderparteitag umschiffen. Am Abend nach Merkels Rückzugsankündigung sagte Seehofer dann: Zuerst müsse Markus Söder in Bayern seine Koalition beieinander haben und der Europa-Parlamentarier Manfred Weber (am 8. November) von der Europäischen Volkspartei zum Spitzenkandidaten für die Europawahl 2019 „gekrönt“ sein. Erst danach, so Seehofer, komme die Partei dran: „Dann wird es sehr schnell eine Debatte und von mir eine Entscheidung geben, wie es inhaltlich, strategisch und personell mit der CSU weitergeht.“ Das werde „Ende nächster, allerspätestens übernächste Woche erfolgen“. Seehofer legt also Wert darauf, dass er als Parteivorsitzender eine Entscheidungshoheit hat. Welcher Art aber die versprochene Entscheidung sein wird, bleibt womöglich noch zweieinhalb Wochen offen. Ein Parteitag, falls sich Seehofer einem solchen stellen will, braucht laut CSU-Satzung mindestens zehn Tage Vorlauf. Er könnte also am letzten November- oder am ersten Dezember-Samstag stattfinden. Das wäre jedoch pikant, denn die große Schwesterpartei CDU hält ihren Parteitag erst am zweiten Dezemberwochenende – und Merkel bliebe als Parteichefin länger im Amt als Seehofer, und das um bis zu zwei Wochen!

Wer geht als erster? Und was will Söder?

Unklar ist derzeit, wie eilig es Söder mit einer Entscheidung hat. Seine Koalitionsverhandlungen mit den Freien Wählern könnten noch diese Woche, am Freitag, abgeschlossen sein und er sich früher als geplant, also noch vor dem 12. November, im Landtag zum Ministerpräsidenten wählen lassen. Damit könnte auch ein CSU-Parteitag schneller stattfinden. Söder scheint einem solchen zuzuneigen, er sagte neulich, auf Parteitagen habe er sich „immer sehr wohl gefühlt“. Mit wie viel Lust wiederum er den CSU-Vorsitz übernehmen würde, bleibt offen.

Wohl nicht von ungefähr werden in München deshalb auch Spekulationen gestreut, neuer Chef der CSU könnte Manfred Weber werden. Söder und Weber mögen einander herzlich wenig. Aber wenn der eine in München, der andere in Straßburg ist, könnte das schon gehen, heißt es.

Allerdings strebt Weber nach Höherem: nach dem Vorsitz der EU-Kommission. Ob ihm dabei der Vorsitz einer Regionalpartei hilft, gilt als fraglich. Und wer weiß, stöhnt so mancher CSU-Mann in München, welche Finte ein Horst Seehofer als nächstes im Programm hat.