Der britische Premier David Cameron mit Gerda Hasselfeld bei der CSU-Tagung in Wildbad Kreuth. Foto: dpa

Die in der EU umstrittene Sozialpolitik des britischen Premiers nimmt sich die CSU zum Vorbild. „CSU pur“, sagt Parteichef Seehofer. Ihn interessiert, wie Cameron in seinem Land die absolute Mehrheit bekam.

Wildbad Kreuth - Drinbleiben oder austreten? Als David Cameron nach einer Nacht mit fünf Zentimetern Neuschnee in die traumhafte Bergkulisse tritt und schwärmt, Bayern sei mit einer solchen Landschaft nun wirklich gesegnet, hat CSU-Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt nur einen Wunsch. Die von Cameron angekündigte Volksabstimmung voraussichtlich in diesem Sommer über einen Verbleib Großbritanniens in der Europäischen Union möge hoffentlich so ausgehen, „wie es Europa guttut“: mit Großbritannien auch künftig als wichtigem Partner „in einer starken Europäischen Union“. Alles bloß keinen Brexit, wie ein möglicher Austritt Großbritanniens aus dem Club der 28 genannt wird, wünschen sich die Christsozialen vom britischen Premierminister als Gast dieser Jubiläumsklausur nach 40 Jahren in Wildbad Kreuth.

„Das ist CSU pur“, hatte CSU-Chef Horst Seehofer schon vorher in höchsten Tönen über die Politik des Gastes aus London geschwärmt. Cameron habe mit seiner Ankündigung, Sozialleistungen für EU-Bürger in Großbritannien für die ersten vier Jahre einzuschränken und so die Zuwanderung zu begrenzen, doch gezeigt, wie man Wahlen gewinne: Camerons Tories bekamen bei den britischen Unterhaus-Wahlen im vergangenen Jahr die absolute Mehrheit.

Das CSU-Treffen wird zum Gipfel für die Flüchtlingspolitik

Auch Seehofer würde für seine Partei noch gerne die Basis für eine nächste absolute Mehrheit bei den Landtagswahlen 2018 im Freistaat schaffen. Und hat dazu in Opposition zu CDU-Chefin Angela Merkel eine Obergrenze von 200 000 Flüchtlingen ausgerufen. Cameron will, verteilt auf fünf Jahre, gerade mal 20 000 Flüchtlinge auf die Insel lassen.

Das Treffen in den oberbayerischen Bergen nahe der Grenze zu Österreich wird dabei zu einem besonderen Gipfel für die Flüchtlings- und die Europapolitik der kommenden Wochen. Merkel trifft Seehofer. Merkel trifft Cameron. Die CDU-Chefin wird in den zwei Stunden ihrer Aussprache in Seminarraum sechs des Tagungszentrums von den CSU-Bundestagsabgeordneten in die Mangel genommen. Sie fordern die Kanzlerin zu schnellerem Handeln auf und verlangen, Flüchtlinge ohne gültige Papiere schon an der Grenze zurückzuweisen.

Merkel wiederum will eine europäische Lösung. Sie setzt auf die Arbeit der Grenzpolizei Frontex. Sie wird von Teilnehmern mit den Worten zitiert: „Ich bitte darum, dass man mir mehr Zeit gibt.“ Es wird wieder kein sehr harmonischer Besuch Merkels bei der CSU. Das Verhältnis der Spitzen der beiden Schwesterparteien bleibt angespannt.

Merkel will keine Politik, die vor dem Europäischen Gerichtshof endet

Doch an einem Strang ziehen CDU und CSU bei dem Ziel, einen Brexit unbedingt zu vermeiden. Es müssten Entscheidungen gefällt werden, „die aus unserem Interesse heraus dazu führen könnten, dass wir ein vernünftiges Paket bekommen, damit Großbritannien Teil der EU bleiben kann“, sagt Merkel, bevor sie am Abend in Wildbad Kreuth auch Cameron für 30 Minuten zu einem Vier-Augen-Gespräch trifft. Merkel habe dabei deutlich gemacht, dass die Arbeitnehmerfreizügigkeit für die Bundesregierung nicht zur Disposition stehe und EU-Bürger auch nicht durch einen Entzug von Sozialleistungen diskriminiert werden dürften, heißt es hinterher. Merkel will keiner Politik in Europa die Tür öffnen, die am Ende vom Europäischen Gerichtshof entschieden werden müsste.

Cameron spricht am Morgen danach von einem „sehr guten Treffen“ mit Merkel. Sein Ziel sei klar: Er will die Zukunft Großbritanniens in einer reformierten EU sichern. Keine Frage, seine Regierung unterstütze das Prinzip der Arbeitnehmerfreizügigkeit. Aber Sozialleistungen seien kein Naturgesetz, weil auch Großbritannien den Druck durch starke Migration spüre. Cameron blickt noch einmal kurz in die Richtung der Berge. Irgendwo dahinter muss es eine Lösung geben.

Auch die SPD will Großbritannien in der EU halten

Auch die SPD bot Cameron Gespräche zur Lösung von Problemen an, die das Land erst über einen Austritt aus der Europäischen Union (EU) nachdenken lassen. „Ziel der SPD ist es, dass Großbritannien in der EU bleibt“, sagte Generalsekretärin Katarina Barley am Donnerstag. „Dabei müssen wir uns offen mit den britischen Sorgen auseinandersetzen und nach gemeinsamen Lösungen suchen.“ Sie bedauerte, dass sich Cameron zur Diskussion über die britischen Bedenken die CSU ausgesucht habe: „In Deutschland gäbe es bessere Ansprechpartner, wenn es um die Zukunft Europas geht.“