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Christopher Street Day am Samstag ist nicht nur schwul-lesbische Parade - OB Schuster Schirmherr.

Stuttgart - Bunt und schrill darf es sein, wenn am Samstag eine Parade mit 61 Formationen und 3000 aktiven Teilnehmern durch die Stuttgarter Innenstadt ziehen wird. Die Polit-Parade ist der Höhepunkt des diesjährigen Christopher Street Day (CSD) in Stuttgart, des größten schwul-lesbischen Festivals in Süddeutschland mit politischem Hintergrund. "Wir treten für die Gleichberechtigung von Lesben, Schwulen, Bisexuellen und Transgendern ein", erklärt Christoph Michl, Vorstand der CSD-Interessengemeinschaft. "Dabei haben wir Erfolge erreicht, und das wollen wir auch feiern."

Weltweit erinnern CSD-Veranstaltungen jährlich an den 27. Juni 1969, als sich in der Christopher Street in New York erstmals Transvestiten und Homosexuelle gemeinsam gegen staatliche Willkür und gewaltsame Übergriffe der Polizei zur Wehr setzten. Vieles hat sich seitdem geändert: Heute dürfen Homosexuelle den Bund fürs Leben eingehen und nicht mehr im Alltag, beispielsweise bei der Wohnungssuche, diskriminiert werden. Missstände, die zu beseitigen seien, sieht Michl aber weiterhin im Steuer- und Adoptionsrecht. So gelten für gleichgeschlechtliche Lebenspartnerschaften zwar die gleichen Pflichten wie für heterosexuelle Paare, "aber ausgeklammert werden die gleichen Rechte", sagt Michl.

Auch wenn laut Michl Homosexualität in der Gesellschaft sichtbarer geworden sei, sei die Gesellschaft nicht toleranter geworden. Coming-outs in der eigenen Familie werden oftmals nicht geduldet, Mobbing am Arbeitsplatz sei nach wie vor häufig. Unter dem diesjährigen Motto des CSD "Generation Zukunft - Alle Menschen sind gleich!?" fordert die schwul-lesbische Gemeinschaft daher mehr Aufklärungsarbeit. Bei jungen Menschen sollen im Schulunterricht Vorurteile abgebaut werden. Durch das Erinnern an den Umgang mit Homosexuellen im Dritten Reich soll zudem die Geschichte angemessen aufgearbeitet werden.

Mit 200 000 Besuchern rechnen die Veranstalter am Samstag entlang der Umzugsstrecke. Um 16 Uhr wird sich die Parade vom Schoettleplatz durch die Böblinger und Tübinger Straße in Bewegung setzen, dann über den Marktplatz entlang bis zum Karlsplatz. Gegen 18.15Uhr wird auf dem Schlossplatz die Abschlusskundgebung stattfinden, an der CDU-Bundestagsabgeordneter Stefan Kaufmann, der selbst in einer gleichgeschlechtlichen Partnerschaft lebt, eine Rede halten wird. Er vertritt OB Wolfgang Schuster, der die Schirmherrschaft für die Veranstaltung übernommen hat, aus terminlichen Gründen jedoch nicht zur Abschlusskundgebung erscheinen kann.

In seinem Grußwort schreibt Schuster, dass er die Schirmherrschaft gerne übernommen habe, denn der CSD spiele eine "wichtige Rolle für unser Gemeinwesen. Frech, spielerisch und provokativ fordert er Achtung für alle - unabhängig von ihren sexuellen Orientierungen." Erstmals seit 2005 hat mit Winfried Kretschmann auch ein baden-württembergischer Ministerpräsident ein Grußwort geschrieben. "Darauf sind wir sehr stolz", sagt Michl und ergänzt: "Damit tat sich die bisherige Landesregierung sehr schwer."