Die Heidelberger Softwareschmiede Ameria entwickelt interaktive Werbeflächen – und setzt dabei auf Crowdfunding. Foto: Ameria

Trotz der Risiken erfreut sich Crowdfunding steigender Beliebtheit. Auch etablierte Unternehmen und Immobiliengesellschaften greifen darauf zurück.

Frankfurt - Für Albrecht Metter ist es „eine hervorragende Finanzierungsmöglichkeit“. Der Gründer der Heidelberger Softwareschmiede Ameria hat in den vergangenen zwei Jahren zweieinhalb Millionen Euro von Kleinanlegern eingesammelt. Crowdfunding – Finanzierung durch den Schwarm – wird diese Methode genannt, die seit einigen Jahren auch in Deutschland immer mehr Anhänger findet.

Lange setzten vor allem Gründer auf diese Art der Finanzierung. Ameria gibt es aber schon seit 2001. Mit dem Geld aus dem Schwarm will Metter einem neuen Produkt zum internationalen Durchbruch verhelfen: Ameria entwickelt interaktive Werbeflächen. Einige Großkunden hat das Unternehmen schon gewonnen, den Autobauer Porsche etwa und die Elektromarktkette Saturn.

Für seine Wachstumspläne hätte das Unternehmen zum entscheidenden Zeitpunkt aber keinen Bankkredit bekommen, sagt Metter. „Wenn wir Maschinen bauten, wäre es vielleicht anders. Aber eine neuartige Softwareentwicklung ist für Banken schwer zu bewerten, da hätten wir allenfalls kleine Kredite bekommen.“ Deswegen entschied sich Ameria für eine Finanzierung über die Website Companisto. Über diese Plattform können Privatpersonen mit Beträgen ab 100 Euro in Unternehmen investieren. Sie erwerben allerdings keine Anteile – aus Sicht des Ameria-Haupteigentümers Metter ist das jedenfalls im aktuellen Stadium der Unternehmensentwicklung ein Plus.

Zum Schutz von Kleinanlegern wurden diese Art von Investitionen gedeckelt

Die Investitionen bei Crowdfunding-Plattformen erfolgen meistens in Form eines partiarischen Nachrangdarlehens. Die Anleger erhalten dafür Anspruch auf eine Beteiligung an etwaigen Gewinnen. Nach einer vertraglich festgelegten Mindestlaufzeit – bei Companisto sind es acht Jahre – sind beide Seiten zu einer Kündigung der Partnerschaft berechtigt. Die Investoren bekommen in diesem Fall einen Betrag zurück, der sich nach dem aktuellen Unternehmenswert richtet – und daher über oder unter der ursprünglich eingezahlten Summe liegen kann. Auch ein Totalverlust ist möglich. Denn im Falle einer Insolvenz werden Nachrangdarlehen erst nach den Ansprüchen aller anderen Gläubiger bedient.

Zum Schutz von Kleinanlegern wurden Investitionen in diese Form von Schwarmfinanzierung vor zwei Jahren gedeckelt: Private Geldgeber dürfen in ein Projekt höchstens das Doppelte ihres Monatsnettoeinkommens stecken, hinzu kommt eine absolute Obergrenze von 10 000 Euro. Wer kein regelmäßiges Einkommen bezieht, darf höchstens 1000 Euro je Projekt investieren – es sei denn, er sitzt auf einem frei verfügbaren Vermögen von mindestens 100 000 Euro.

Auch etablierte Unternehmen mischen mit

Mit diesen Regeln wollte die Bundesregierung verhindern, dass die Pleite eines durch den Schwarm finanzierten Projekts Normalverdiener in Existenznöte bringt. Tatsächlich ist das Risiko eines Scheiterns hoch – gerade bei Plattformen, die sich auf junge Unternehmen konzentrieren. Bei Companisto beispielsweise sind von den 78 seit 2012 kofinanzierten Unternehmen zehn insolvent oder bereits abgewickelt, zehn weitere befinden sich nach Angaben einer Sprecherin „im Prozess der Insolvenzanmeldung“. Die konkurrierende Plattform Seedmatch hat seit 2011 für 88 Unternehmen Geld eingesammelt, davon sind 16 gescheitert.

Es gibt mittlerweile aber auch Crowdfunding-Plattformen, die ganz gezielt etablierte Unternehmen ansprechen. Kapilendo aus Berlin beispielsweise hat seit Mitte 2015 gut 19 Millionen Euro an über 70 Mittelständler vermittelt, davon hat bislang einer Insolvenz angemeldet. Überdies sind bei Kapilendo neben Nachrangdarlehen auch gesicherte Kredite möglich.

Der größte Schwarm ist an Unternehmensfinanzierungen ohnehin nicht interessiert, sondern stürzt sich auf Immobilienprojekte. Laut vorläufigen Zahlen des Informationsportals crowdfunding.de flossen im vergangenen Jahr gut 130 Millionen Euro über Crowdfunding-Plattformen wie Exporo, Bergfürst oder Zinsland, die Schwarmfinanzierungen für Immobiliengesellschaften organisieren. Für Unternehmen kamen laut crowdfunding.de 31 Millionen Euro zusammen, immerhin 66 Prozent mehr als im Vorjahr.

Die Schwarmfinanzierung ist nicht für jeden Betrieb sinnvoll

Allerdings ist die Schwarmfinanzierung auch nicht für jeden Betrieb sinnvoll, selbst wenn die Banken Probleme machen. Denn Crowdfunding ist für die Unternehmen durchaus kostspielig: Die Vermittlerplattformen erheben bei einer erfolgreichen Finanzierung bis zu zehn Prozent Provision. Hinzu kommen teilweise noch Gebühren für die Zahlungsabwicklung und die Kommunikation mit den Investoren.

Für Letztere muss aber auch das Unternehmen selbst einiges tun: Der Bundesverband Crowdfunding schreibt vor, während der Laufzeit eines Darlehens mindestens halbjährlich Berichte über die Geschäftsentwicklung zu veröffentlichen. Einige Plattformen verlangen Quartalsberichte. Hinzu kommt: Ein Schwarm von Investoren kann auch ganz schön lästig sein. „Wir wurden in kurzer Zeit mit Hunderten von Mails überschüttet“, klagt ein Kleinunternehmer, der namentlich nicht genannt werden möchte.

Für etablierte Unternehmen wie Ameria, das rund 70 Mitarbeiter beschäftigt, ist der Aufwand überschaubar. In der Kommunikation mit den Investoren leiste man sogar mehr als das Pflichtprogramm, sagt Firmengründer Metter: „Wir merken, dass wir da eine kleine Fangemeinde aufgebaut haben – und da wir in einigen Jahren auch an die Börse wollen, möchten wir die natürlich pflegen.“