Die Übersetzerin Petra Strien hat einen höchst anspruchsvollen Cervantes-Text ins Deutsche gebracht – udn dafür zusammen mit dem Schriftsteller Peter Stamm den Cotta-Preis-erhalten. Foto: Strien

Übersetzer stehen meist im Schatten des Literaturbetriebs. Nicht so beim Cotta-Preis, der in der Stadtbibliothek Stuttgart verliehen wurde. Die Übersetzerin Petra Strien und der Autor Peter Stamm sind gleichrangige Gewinner.

Stuttgart - Vorm Aufbruch in die Sommerferien sollte man richtig feiern und gleichzeitig das Publikum mit Empfehlungen für die Urlaubslektüre versehen. Die Verleihung des Johann-Friedrich-von-Cotta-Literatur- und Übersetzerpreises 2017 in der Stuttgarter Stadtbibliothek, musikalisch umrahmt von der Pianistin Maike Mohr und dem Cellisten und Bassisten Henrik Mumm, befriedigte beide Bedürfnisse. Den Spanienurlaubern wurde Miguel de Cervantes’ Roman „Die Irrfahrten von Persiles und Sigismunda“ empfohlen, in der Übersetzung von Petra Strien. Reisende in die Schweiz sollten den jüngsten Roman „Weit über das Land“ von Peter Stamm einpacken. Denn für diese beiden Neuerscheinungen aus dem vergangenen Jahr wurden Petra Strien und Peter Stamm jetzt mit dem Cotta-Preis ausgezeichnet.

Der von der Stadt Stuttgart gestiftete Preis wird seit 1978 verliehen, ist insgesamt mit 20 000 Euro dotiert und geht seit 2005 alle drei Jahre zu gleichen Teilen an einen Schriftsteller und einen Übersetzer. Benannt ist er nach einem Verleger, der die Klassiker Goethe und Schiller aus der Taufe gehoben hat. Und dieser Johann Friedrich von Cotta war ein „echter Stuttgarter“, wie Oberbürgermeister Fritz Kuhn in seinem Grußwort stolz feststellen konnte.

Die Reisen eines Liebespaares

Danach war die Bühne frei für die beiden Preisträger, wobei die Literaturkritikerin Julia Schröder die Aufgabe übernommen hatte, zwischen zwei Werken, die vier Jahrhunderte trennen, eine Verbindung herzustellen. Cervantes kennt man als Verfasser des „Don Quijote“, er selbst aber habe, so seine Übersetzerin Petra Strien, „Persiles und Sigismunda“ für sein bestes Werk gehalten. Das Buch, das von den abenteuerlichen Reisen eines Liebespaares durch ganz Europa erzählt, versuche durch unterschiedliche Stilebenen und puzzleartigen Aufbau die passende literarische Form für die Umbruchzeit von der Renaissance zum Barock zu finden. Striens Übersetzung, lobte die Jury, sei es gelungen, den zeitlichen und sprachlichen Abstand zu diesem vierhundert Jahre alten Werk in stilsicherer und rhythmisch geschmeidiger deutscher Prosa zu überbrücken.

Der Schweizer Autor Peter Stamm, dessen Roman „Agnes“ inzwischen Schullektüre ist, versucht seine Geschichten immer genau an einem bestimmten Ort zu lokalisieren, wofür er als gelernter Journalist ausgiebige Recherchen betreibt. „Weit über das Land“ spielt in einer idyllischen Schweizer Reihenhaussiedlung, in der ein Ehemann und Familienvater aus dem Alltagstrott, den „immer gleichen Sätzen, den immer gleichen Antworten“ ausbricht und damit seine Familie in eine Krise stürzt. Die Jury war beeindruckt von der „Kunst der Kargheit“ und dem „lakonischen Realismus“, mit denen Stamm das Auseinanderdriften und Wiederzueinanderfinden in Liebesbeziehungen beschreibe.