Zur Eiablage kommen die Meeresschildkröten an den Strand. Die freiwilligen Helfer der Schildkrötenaufzuchtstation umsorgen dann den Nachwuchs. Foto: Juniors Bildarchiv

Helfen im Urlaub – für junge Reisende ist das ein Trend. Das Angenehme und das Nützlichen verbinden.

Die Idee, sich im Urlaub zu engagieren, ist aus den USA nach Europa geschwappt. Voluntourismus heißt die Reiseform, die Freiwilligkeit und Tourismus vereint. Vor allem bei jungen Menschen trifft dies den Zeitgeist. So lassen sich Sprache, Land und Menschen sehr intensiv kennenlernen.

Das war auch das Ziel von Tim Schäfer (20) aus Heilbronn. Nach Abitur und Zivildienst will er sich eine Auszeit gönnen und die Tropen bereisen. Seine Wahl fällt auf Costa Rica, das die meisten Voluntourismus-Anbieter im Programm haben. Das mittelamerikanische Land ist für Reisende durch die niedrige Kriminalitätsrate attraktiver als andere Ziele in Lateinamerika. Außerdem kann Costa Rica – was für die touristische Seite des Pakets unverzichtbar ist – mit vielen Naturschönheiten glänzen: weitläufige Strände, feuerspuckende Vulkane, Urwald und viele Naturparks.

Tim Schäfer entscheidet sich für die Schildkrötenaufzuchtstation in Matapalo, im Süden gelegen. An dem palmenbestandenen Postkartenstrand legen in lauen Mondnächten die Tiere ihre Eier ab. Sie buddeln dafür ein etwa 50 Zentimeter tiefes Loch, in das sie zwischen 80 und 140 Eier vergraben. Nach 45Tagen schlüpfen die kleinen Schildkröten, arbeiten sich an die Strandoberfläche und krabbeln in Richtung Meer.

Soweit die Theorie. Tim erfährt auf der Station, dass höchstens fünf von 140 Nachkommen den Weg ins Meer schaffen. Alle anderen werden Opfer von Geiern, Hunden, Insekten – oder Menschen. Die Eier gelten als Aphrodisiakum und Delikatesse. Zum Schutz der Schildkröten hat ein costa-ricanischer Verein mit Unterstützung der lokalen Dorfbevölkerung die Station in Matapalo eröffnet, betrieben von wenig professionellem Personal und mit viel ehrenamtlicher Unterstützung von Freiwilligen. In Vierstundenschichten rund um die Uhr patrouillieren nationale und internationale Helfer über den Strand, schützen die Schildkröten bei der Eiablage, holen die Eier hinterher wieder aus den Sandlöchern und graben sie in einem bewachten Gelände wieder ein. Wenn die Kleinen geschlüpft sind, werden sie von den Helfern gemessen, gewogen und ins Meer gebracht.

"Das ist ein ganz besonderer Moment", sagt Tim, den er so schnell nicht vergessen werde. Angeleitet wird die Arbeit von einem hauptamtlichen Betreuer, Ignacio Perez, der in der Freizeit gerne Karten spielt – am liebsten auf der Veranda des einfachen Hauses mit Wellblechdach, in dem die Helfer wohnen. Im Erdgeschoss sind Essküche und Bad, im oberen Stockwerk zwei Schlafsäle, in denen die Betten dicht an dicht stehen. Am frühen Nachmittag herrschen hier Temperaturen wie in einer Backstube. Doch das stört die Volunteers weniger als die eintönige Verpflegung, die im Wesentlichen aus Reis und Bohnen besteht – und das dreimal am Tag. Wer nicht Dienst hat oder zum Putzen eingeteilt ist, kann seine Zeit so verbringen, wie er will. Für Tim stimmt das Verhältnis von Arbeit und Freizeit: "Es ist ein cooler Job in einem angenehmen Ambiente." Die Arbeit sei nicht wirklich anstrengend. Zusammen mit seinen (überwiegend männlichen) Mitfreiwilligen, die aus Mexiko, Schweden, Belgien, den USA oder aus Guatemala kommen, geht er surfen, schwimmen oder ins Dorf, um mal wieder etwas Ordentliches zu essen.

Zwischen 10 und 20 Euro pro Tag für Unterkunft und Verpflegung plus Vermittlungsgebühr und Flug kostet der Aufenthalt. Ein achtwöchiger Aufenthalt inklusive Sprachkurs schlägt mit etwa 1700 Euro zu Buche.

Tim ist nach insgesamt sechsmonatiger Reise durch Amerika und Lateinamerika wieder daheim. Die Erfahrungen, die er in Matapalo gemacht hat, will er nicht missen. Er hat viel von Costa Rica gesehen, ein Naturschutzprojekt unterstützt, Spanisch gelernt und nebenbei Freundschaften geschlossen. Bei Jacobo Larios, ein Marketingstudent aus Guatemala, den er im Schildkrötencamp kennengelernt hat, könnte er jederzeit vorbeischauen.

Reisen und helfen

Anbieter
Einer der führenden Anbieter in Deutschland für Voluntourismus ist Travel Works. Der Veranstalter vermittelt Freiwilligenarbeit in Projekten und bezahlte Arbeitseinsätze im Programm "work and travel". Vermittelt werden etwa Aufenthalte als Lehrkraft in einer Schule in Thailand, als Volontär bei der Gesundheitsaufklärung in Südafrika oder als Kinderbetreuerin in einem Waisenhaus in Chile. www.travelworks.de.

STA-Reisen in Frankfurt bietet "work and travel"- Aufenthalte in Australien, Neuseeland, Kanada, den USA, Irland, Norwegen, Portugal und Spanien an, die Arbeit finanziert einen Teil des Reisepreises. Die Freiwilligenprogramme, bei denen die Teilnehmer nichts verdienen, führen zu Projekten nach Asien, Afrika und Seychellen, Nord-, Mittel- und Südamerika oder Ozeanien, www.statravel.de.

Der Stuttgarter Anbieter IBG (Internationale Begegnung in Gemeinschaftsdiensten) ging aus einer internationalen Jugendarbeitsinitiative hervor. Weitere Informationen unter: www.ibg-workcamps.org.
Auch die Naturschutzorganisation World Wildlife Fund (WWF) bietet mehrwöchige Einsätze in Naturschutzprojekten an, Infos gibt es zum Beispiel unter: www.panda.org/how_you_can_help/volunteering_opportunities___scholarships/.
Die Nicht-Regierungsorganisation www.asvocr.org/english/index.php ist Spezialist für Naturschutzprojekte in Costa Rica (englische Website).

Was Sie tun und lassen sollten
Auf jeden Fall überprüfen, was in Blogs über die Projekte berichtet wird. Zudem sollte der Veranstalter detaillierte Informationen liefern. Wer nur kurz ins Ausland will, muss prüfen, ob sein Projekt sich dafür eignet. Will man sich sozial engagieren, braucht man gute Sprachkenntnisse, hilfreich wäre auch entsprechende Berufserfahrung.
Auf keinen Fall vergessen zu klären, wann die beste Reisezeit ist und welche Impfungen notwendig sind. Nützlich sind Kenntnisse über die politischen und gesellschaftlichen Verhältnisse.

Allgemeine Informationen
Das Portal www.freiwilligenarbeit.de, ein Zusammenschluss verschiedener Fachportale rund ums Thema "Auslandsaufenthalt", informiert über Möglichkeiten, sich im Ausland zu engagieren. Auch unter www.voluntourism.org finden sich Angebote.