Die "Costa Concordia" war im Januar 2012 vor der italienischen Insel Giglio auf einen Felsen gelaufen und gekentert. 32 Menschen starben. Foto: dpa

Der angeklagte Kapitän Francesco Schettino hat dem Steuermann der "Costa Concordia" die Schuld an der Havarie des Kreuzfahrtschiffes gegeben. Er habe seine Befehle zu spät ausgeführt.

Rom/Grosseto - Der angeklagte Kapitän Francesco Schettino hat dem Steuermann der "Costa Concordia" die Schuld an der Havarie des Kreuzfahrtschiffes gegeben.

Am ersten Prozesstag nach der gut zweimonatigen Sommerpause gab Schettino vor Gericht an, der Indonesier habe seine Befehle zu spät ausgeführt. "In dem Moment, wo ich dem Steuermann befohlen habe, das Steuer nach links zu drehen, war sein Fehler, das nicht zu tun, deshalb beschleunigte das Schiff nach rechts", sagte er. Die "Costa Concordia" war im Januar 2012 vor der italienischen Insel Giglio auf einen Felsen gelaufen und gekentert. 32 Menschen starben bei dem Unglück.

Experte entlastet Steuermann

Ein Experte der Staatsanwaltschaft hatte vor dem Gericht im toskanischen Grosseto zuvor erklärt, der Steuermann habe zwar Fehler gemacht, diese seien jedoch nicht entscheidend für das Unglück gewesen. "Zum Aufprall wäre es trotzdem gekommen", erklärte er laut Nachrichtenagentur Ansa. Der 52-jährige Schettino gilt bislang als Hauptverantwortlicher für die Havarie - nach Ansicht seiner Anwälte wurde er jedoch von der Reederei "Costa Crociere" im Stich gelassen und zum Sündenbock gemacht.

Die Verteidigung beantragte deshalb schon vor der Sommerpause eine Begutachtung des Wracks von eigenen Experten, um zu beweisen, dass Schettino nicht der Alleinschuldige sein kann. "Erst nachdem wir Apparaturen wie die Notstromaggregate, die wasserdichten Türen und die Funktionsfähigkeit der Rettungsboote begutachtet haben, werden wir verstehen, was passiert ist", sagte sein Anwalt Francesco Pepe. Seit der spektakulären Aufrichtung des Wracks in der vergangenen Woche wäre dies auch technisch möglich, wie die Anwälte betonten. Das Gericht soll im Laufe der Woche über den Antrag entscheiden.

Schettino werden von der Anklage unter anderem fahrlässige Tötung und Körperverletzung sowie Verlassen des Schiffs vorgeworfen. Er ist der einzige Angeklagte, fünf weitere Beschuldigte hatten sich mit der Staatsanwaltschaft zunächst ohne Prozess auf ein Strafmaß geeinigt.

Mehr als 400 Zeugen werden befragt

Bis zum kommenden Freitag sollen im Prozess täglich Gutachter der Staatsanwaltschaft gehört werden. Sie sollen beleuchten, welche Rolle die Fehler des Steuermanns und mögliche technische Mängel des Schiffs beim Hergang des Unfalls spielten. Besonders die Funktionsfähigkeit der wasserdichten Türen und die Auswirkungen des Ausfalls der Notstromaggregate stehen dabei im Blickpunkt. Insgesamt werden in dem Prozess voraussichtlich mehr als 400 Zeugen befragt, weshalb ein Urteil frühestens in einigen Monaten erwartet wird.

Schettino, der die Sommerpause nach Medienberichten mit dem Studium der Verfahrensunterlagen verbracht hat, nimmt persönlich an dem Prozess teil. Im Januar hatte er noch seiner Hoffnung Ausdruck verliehen, eines Tages wieder ein Schiff zu steuern. Doch das dürfte ausgeschlossen sein: Schettino wurde seine Erlaubnis zum Steuern von Schiffen schon vor Monaten entzogen, wie jetzt bekannt wurde.

Unterdessen gehen auch am dem Wrack vor der Mittelmeer-Insel Giglio die Bergungsarbeiten weiter. Die Suche sollte nach den zwei bis heute vermissten Opfern des Unglücks neu beginnen.