Francesco Schettino: Die Staatsanwaltschaft nennt ihn einen „unvorsichtigen Idioten“ Foto: AP

Er sei ein „unvorsichtiger Idiot“ gewesen und verdiene keine Gnade: Die Anklage geht mit dem einstigen Kapitän der „Costa Concordia“ hart ins Gericht und fordert eine lange Haftstrafe.

Grosseto - Manchmal fällt es auch Polizisten schwer, sich zurückzuhalten. „ Ich würde ihm am liebsten in seine Visage schlagen“, schimpft ein Polizist am Montag in Grosseto. Auch Anna Maria Navarro hält nicht viel von Francesco Schettino. In ihrem Plädoyer nennt die Staatsanwältin den einstigen Kapitän der „Costa Concordia“ einen „Idioten“ und fordert eine Haftstrafe von 26 Jahren und drei Monaten für den Mann, der im Januar 2012 eine der katastrophalsten Havarien der modernen italienischen Schifffahrtsgeschichte verursacht haben soll. Staatsanwalt Stefano Pizza schlägt in die gleiche Kerbe: Schettino sei „ein unvorsichtiger Idiot“ gewesen, der rücksichtslos mit Menschenleben gespielt habe.

Die Beweislage sei „schlichtweg erdrückend“, betont Navarro am Montag in ihrem Plädoyer, das Strafmaß alles andere als übertrieben: Schettino habe allein schon wegen des fahrlässig verursachten Todes der fünfjährigen Dayana Arlotti 14 Jahre Haft verdient. Mit neun Jahren Haft sei die leichtsinnig verursachte Havarie zu veranschlagen. Für das voreilige Verlassen seines Schiffes müsse Schettino zu mindestens drei Jahren Haft verurteilt werden. Die weiteren drei Monate Haft begründet Navarro mit den widersprüchlichen Aussagen Schettinos vor Gericht. Dieser Angeklagte verdiene keine mildernden Umstände, betont sie: „Er hat schamlos und wiederholt gelogen. Er hat seine Verantwortung auf andere abgewälzt.“

Anstatt sich während des Prozesses zurückzuhalten, habe er Interviews gegeben, um seine falsche Version der Geschehnisse wiederzugeben. „Vielleicht kann Gott ihm verzeihen. Wir können es nicht und fordern vom Gericht dieses scharfe Urteil“, sagt Navarro zum Abschluss ihres Plädoyers.

Aus Sicht der Staatsanwalt besteht kein Zweifel, dass Schettino mitschuldig ist am Tod von 32 Menschen. Sie fordert eine Verurteilung wegen fahrlässiger Tötung und Körperverletzung, fahrlässigem Herbeiführen der Havarie, dem Verlassen des Schiffs und fehlender Kommunikation mit den Behörden. Gleichzeitig fordert die Staatsanwaltschaft, ein Berufsverbot auszusprechen und Schettino in Untersuchungshaft zu nehmen. Da er einen Wohnsitz in der Schweiz besitzt, bestehe „akute Fluchtgefahr“.

Schettinos Verteidiger Donato Laino kommentiert das Plädoyer mit den Worten: „Das ist ja quasi lebenslänglich für einen 54jährigen!“. Die Forderung Schettino bis Prozessende in Untersuchungshaft zu nehmen oder mit Hausarrest zu belegen, bezeichnet er als „lächerlich“. „Nach drei Jahren sprechen die Staatsanwälte jetzt von Fluchtgefahr, dabei wurde doch 2012 eine solcher Arrest von zuständigen Richtern als unbegründet bezeichnet“. Sein Mandant denke gar nicht an Flucht, „denn er ist ja unschuldig“. Die Verteidigung hat am 5. und 6. Februar das Wort, zuvor sprechen die gut drei Dutzend Anwälte der Nebenklage. Über Schuld oder Unschuld entscheidet das Gericht wahrscheinlich am 9. Februar. Wird Schettino verurteilt, bleibt ihm noch die Berufung. Dann könnte er bis zu einem endgültigen Urteil auf freiem Fuß bleiben.