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Das Hinterland der Costa Brava liegt noch im Dornröschenschlaf. Bio-Winzer wollen das ändern.  

Für viele ist die Tramuntana ein Fluch. Für den Weinbau ist sie ein Segen. "Der Wind ist unser großer Verbündeter", sagt Núria Dalmau von der Weinkellerei Mas Estela. "Ohne ihn könnten wir keinen Biowein machen." Schließlich bläst der böige Wind nach dem Regen die Feuchtigkeit weg, so dass sich an den Reben weder Pilze noch sonstige Krankheitskeime ausbreiten. Auf Pestizide und andere Chemikalien könne man verzichten.

Seit 1990 baut die Familie Soto-Dalmau in dem Dorf Selva de Mar im Hinterland der Costa Brava auf 50 Hektar Reben an und verarbeitet sie. Viele der 30000 Flaschen jährlich finden den Weg nach Deutschland. Dass sie so viel Erfolg haben würden, war nicht vorauszusehen. Nur ein Dickkopf wie Diego Soto Olivares, hieß es damals, könne seine Existenz als Architekt in Frankreich aufgeben, um sich als einziger Winzer weit und breit der Ökologie zu verschreiben. Dabei baut er konsequent Garnatxa- und Carinyena-Trauben an, die für das Empordà charakteristisch sind. "Sie gedeihen bei dem Klima besonders gut und geben den Weinen Persönlichkeit." Tatsächlich: Ob es nun der rote Crianza Quindals 2006 oder der Reserva Selva de Mar von 2004 ist, die Tropfen haben ein unverwechselbares Aroma.

Die Bodega Mas Estela ist ein gutes Beispiel für die Winzer, die in den vergangenen Jahren im Empordà eine kleine Revolution in Gang gesetzt haben. Lange Zeit dümpelte hier alles vor sich hin. Dabei ist es das älteste Weinanbaugebiet Spaniens. Schon vor über 2000 Jahren brachten die Griechen Reben mit. Im Mittelalter setzten die Klöster von Sant Pere de Roda den Anbau fort. In mühsamer Kleinarbeit legten sie an steinigen Berghängen Terrassen an und kelterten Wein. Um 1880 vernichtete die Reblaus die Weinstöcke. Erst im 20. Jahrhundert wurden erneut Reben angepflanzt und spritzige Weiß- und Roséweine oder süßer Moscatell hergestellt. Die besseren von ihnen werden seit 1975 mit der Herkunftsbezeichnung DO (Denominació d’origen) Empordà geschützt. Doch die meisten Bodegas setzten auf Masse.

Anders als die Schlosskellerei von Peralada, die zum Motor der jüngsten Entwicklung wurden. So wird ihr Gran Claustro auch als Aperitif zu Ferran Adriàs Degustationsmenüs im benachbarten El Bulli gereicht. Auch der Finca Garbet, der Star der Kellerei, der schon im Laden um die 100 Euro kostet, steht dort auf der Weinkarte. Mit einem Jahresvolumen von zehn Millionen Flaschen kann sie es sich leisten, mit gut ausgebildeten Önologen zu arbeiten und zu experimentieren. Mal werden Weine ausschließlich aus Carinyena- oder Garnatxa-Trauben gemacht, mal solche, deren Trauben nur von einem bestimmten Gelände stammen. "Einzigartig in Spanien ist hier das Zusammentreffen von intensiver Sonneneinstrahlung, trockenem Wind und dem Mittelmeer, das für milde Temperaturen sorgt", erläutert Experte Delfí Sanahuja. "Das Besondere ist auch, dass man auf engstem Raum eine große Vielfalt an Böden antrifft." Schwarzer und grauer Schiefer oder Granit wechseln mit Lehm- und Sandböden ab, was sich auf den Geschmack der jeweiligen Trauben auswirkt. So fällt der Finca Garbet 2006, dessen Trauben auf harten Granitböden wachsen, mit seiner Balsamico-Note wesentlich aromaintensiver aus als der auf Sandböden gereifte Finca Malaveïna 2006, der dafür einen höheren Säuregehalt hat.

Spätestens die Weinprobe macht uns neugierig auf die Landschaft, die man herausschmeckt – und lässt uns nach und nach die geballte Schönheit des Empordà entdecken. Hier hat sich eine touristisch weitgehend unerschlossene Hügellandschaft erhalten. Auf kleinen Hügeln sitzen Dörfer wie Espolla, Rabós oder Garriguella mit alten Gemäuern aus Naturstein. Kaum ein Geschäft ist hier zu finden, dafür prähistorische Dolmen, Menhire und die letzten Exemplare der vom Aussterben bedrohten mediterranen Schildkröte.

Erst wenn man herumgestreift ist, weiß man die Weine der Gegend richtig zu schätzen. Sei es der erdige Heus des Winzers Josep Serra von der Bodega La Vinyeta in Mollet de Peralada oder die edlen Tropfen der Brüder Xavier und Jordi Oliver Conti in Capmany – ihre Herkunft verleiht ihnen ein unverwechselbares Aroma. Das gilt vor allem für die Weine der Bodega La Vinya dels Aspres in Cantallops. Dort wo dem Ortsnamen zufolge einst die Wölfe heulten, lässt David Molas seinen Bad de les Ginesteres 54 Monate lang in bauchigen Flaschen an der Sonne reifen, bis er die richtige Süße hat. Als gelte es, die Menschen mit den Unbilden des Landstrichs zu versöhnen. Und tatsächlich: Nachdem wir den süffigen Rebensaft gekostet haben, stört uns auch die Tramuntana nicht mehr. Soll ihr Wind ruhig die Feuchtigkeit von den Reben blasen.

Costa Brava

Die Region
Das Weingebiet Empordà-Costa Brava liegt im Hinterland der nördlichen Costa Brava im Grenzgebiet zu Frankreich. Guter Ausgangspunkt ist die Stadt Figueres an der Autobahn Richtung Barcelona.

Die Bodegas
Die Bodegas sind meist dienstags bis samstags, teils auch sonntagmorgens geöffnet, die kleineren vor allem am Wochenende. Eine Liste der Bodegas ist unter www.doemporda.com zu finden. Besonderer Höhepunkt ist das zur Bodega Castell de Peralada gehörige Schloss mit Weinmuseum, Bibliothek und Kreuzgang.

Unterkunft
Wer im Rebensaft baden will, ist im Hotel Golf Peralada mit Wine-Spa richtig, www.golfperalada.com, DZ ab 130 Euro. Eine gute Adresse ist auch das Feinschmecker-Hotel Empordà in Figueres, das Kellereibesichtigungen und Weinproben organisiert, www.hotelemporda.com, DZ ab 100 Euro). Weitere

Infos bei Katalonien
Tourismus in Frankfurt, Telefon 069/74224873, www.katalonien-tourismus.de.